BAmberger Thema

Bevor die Vergleiche mit den "vollen Booten" wieder kommen… 7.10.2015
Konversion, Aktuelles, BA-Thema, Soziales
… besser nachrechnen! Es ist unfassbar viel Platz auf dem Konversionsgelände – für Flüchtlinge und Nicht-Flüchtlinge. Die GAL hat vorliegende Zahlen und Fakten gecheckt.

Fakten-Check

„So viele Flüchtlinge auf dem Konversionsgelände nehmen ja den Bambergern die Wohnungen weg.“ Ein Satz der immer wieder mal zu hören war, im Anschluss an ein „Wir wollen ja helfen, aber …“

Ist es tatsächlich so? Die GAL versucht sich an einem Fakten-Check.

Welcher Wohnraum ist jetzt da?

Fakt ist, dass es auf dem Konversionsgelände fast 2500 bestehende Wohneinheiten gibt:

  • 104 WE in der Pines-Housing-Area,
  • mehr als 800 WE in der Flynn-Area und am Lindenanger,
  • 183 WE in der NATO- und in der Offizierssiedlung,
  • 1384 Wohneinheiten in der Panzer- und Artillerie-Kaserne.

Davon sind die Kasernen-Wohnungen für zwei (Einzel-)Personen geeignet, da sie für Soldaten konzipiert wurden, alle übrigen für Familien (3- bis 5-Zimmer-Wohnungen).

Rechnet man für die Kasernen 2 Personen pro WE und für die Familienwohnungen 3,5 Personen pro WE, kommt man auf eine Personenzahl von über 16.000 Personen. Mehr als 16.000 Menschen wären also auf dem Konversionsgelände unterzubringen, allein nur wenn man den vorhandenen Wohnraum nutzen würde.

Bei all dem noch nicht mitgerechnet sind die zahlreichen Büro- und Nebengebäude des Konversionsgeländes, die bei Bedarf natürlich auch zu Wohnzwecken umgebaut bzw. umgenutzt werden könnten. Außerdem sind laut einem Sitzungsvortrag im Konversionssenat 45,5 ha neue Wohnbauflächen zusätzlich denkbar, wo weitere 900 Wohneinheiten entstehen könnten.

Wie werden die Flüchtlinge auf dem Konversionsgelände untergebracht?

Die neu eingerichtete bayerische Aufnahme- und Rückführungseinrichtung für Balkanflüchtlinge (ARE) soll 1500 Flüchtlinge beherbergen, wofür acht Wohnblocks (144 WE) der Flynn-Area genutzt werden sollen, dazu zwei weitere Blocks für Verwaltungs- und Versorgungseinrichtungen. Die Flüchtlinge sind beispielsweise mit 16 Personen in Wohnungen von ca. 100 Quadratmetern untergebracht, die über 4 bis 5 Zimmer verfügen. Diese Belegungsdichte liegt weit über der, die hierzulande normalerweise üblich ist. Hoch gerechnet könnte man auf diese Weise im vorhandenen Wohnraum auf dem Konversionsgelände – rein theoretisch (!) – 64.000 Personen unterbringen.

Was wird auf dem Wohnungsmarkt gebraucht?

Die in einem vom Stadtrat beauftragten Gutachten erstellte Wohnraumprognose von 2013 (unter Einbeziehung der bevorstehenden Konversion, aber noch ohne den angestiegenen Flüchtlingszuzug) errechnete für die fünf Jahre 2018 bis 2022 einen zusätzlichen Bedarf von 300 Wohnungen jährlich für Bamberg, also 1500 WE insgesamt bis 2022. Andere im Stadtrat vorgestellte Zahlen nannten 4500 benötigte neue Wohnungen bis 2030 (ausgehend von 2013). Hinzu kommt noch ein festgestellter Zuzugsrückstau von 1420 Wohneinheiten – also Personen oder Familien, die in Warteschleife außerhalb Bambergs im Umland wohnen, mittel- oder langfristig aber in die Stadt ziehen wollen.

Dem gegenüber steht ein jährlicher Zubau an neuen Wohnungen von durchschnittlich 220 Wohnungen auf Bamberger Stadtgebiet - ohne Konversionsgelände. Der größte Teil des Bedarfs wird also schon gedeckt ohne den neuen Stadtteil im Osten. Aktuell kommen dazu noch die 104 Wohnungen der Pines-Housing, die nach Vertragsunterzeichnung mit der BImA ins Eigentum der Stadtbau GmbH übergehen und ab 1.2.2016 nach und nach bezogen werden können.

Die erwähnte Bedarfsstatistik sagt allerdings noch wenig über die Art der Wohnungen aus, die benötigt werden. Insbesondere besteht augenscheinlich ein drängender Bedarf an bezahlbarem Wohnraum, denn der Bestand an Sozialwohnungen ist im letzten Jahrzehnt drastisch zurück gegangen, Neubau gab es so gut wie keinen. Der von vielen ganz richtig wahrgenommene Mangel bezieht sich also auf ein ganz bestimmtes Preissegment, nämlich niedrige Mieten.

Fazit:

Auf dem Konversionsgelände ist Platz. Auch wenn Tausende Flüchtlinge dort in der aktuellen Notsituation überwintern sollten, wird niemandem etwas weggenommen. Der vorhandene Wohnraum müsste nur zugänglich gemacht werden. Gerade dabei kann die Aufnahme von Flüchtlingen sogar hilfreich sein. Denn verhält sich die Stadt kooperativ gegenüber dem Bund, kann sie im Gegenzug früheren und günstigeren Zugriff auf das Konversionsgelände heraushandeln. Bei der Pines-Housing ist das ja schon mal ganz gut gelungen.

Dass dauerhaft Tausende Flüchtlinge auf dem Konversionsgelände ghetto-gleich Wurzeln schlagen sollen, kann und will niemand. Integration gelingt nur in einer guten sozialen Mischung und zwar überall in der Stadt – hier wäre die von der GAL seit langem forcierte IBA (Internationale Bauausstellung) der richtige Weg, um einen vorübergehend zur Flüchtlingsunterbringung zu nutzendes Quartier nach und nach weiterzuentwickeln und umzugestalten in einen bunten und für alle lebenswerten Stadtteil.

sys







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