BAmberger Thema

Auf geht’s – Stillstand! 1.12.2016
Verkehr, Aktuelles, BA-Thema
Die Radverkehrspolitik in Bamberg ist so träge, dass sie noch nicht einmal die Auflösung eines erfolglosen Gremiums bewerkstelligte. Klingt paradox – und ist es irgendwie auch….

Kommentar

Bei der jüngsten Sitzung des Fahrradforums stand die ersatzlose Auflösung des Gremiums Raum. (Das Fahrradforum kümmert sich um Fragen des Radverkehrs in der Stadt Bamberg und wird von Stadtverwaltung, Verkehrsverbänden und Stadtratsfraktionen besetzt.)

Der Grund für den etwas verhaltender formulierten Tagesordnungspunkt „Neuausrichtung oder Einstellung des Fahrradforums“ ist nachvollziehbar. Er basiert auf dem Frust der Verbände, die allzu oft ihre Vorschläge zur Radverkehrsförderung blockiert oder ins Nichts laufen sehen. Aus dieser Verärgerung heraus kam es zu dem knock-out-Vorschlag. Doch der Eklat blieb aus, die Diskussion verlief letztlich im Sand und gipfelte in der Feststellung, dass zwar wenig für den Radverkehr passiert sei, aber ohne Fahrradforum wäre womöglich nichts passiert. Ein bisschen so, als ob ein Kahlkopf dankbar dafür ist, dass ihm noch zwanzig einzelne Haare auf der Glatze wachsen.

Das Fahrradforum wird es also weiter geben, es bleibt alles beim Alten. Die allgemeine Trägheit scheint unüberwindbar. Konkrete Kritik, Alternativen und Verbesserungsvorschläge wurden nicht geäußert, eine konstruktive Debatte kam nicht zustande. Das Interesse der Politik ging ohnehin gegen Null – trotz oder vielleicht gerade wegen dieses Tagesordnungspunkts? Außer der GAL-Vertreterin Gertrud Leumer war seitens der Stadtratsfraktionen nur ein (komplett schweigsamer) BBB-Vertreter anwesend. Vielleicht hatte man in den anderen Fraktionen gar darauf gehofft, das lästige Gremium endlich los zu werden?

Na dann, auf geht’s – der Stillstand kann weiter laufen!?

 

Das Fahrradforum wäre eigentlich keine dumme Angelegenheit. Es wurde eingerichtet als Gremium, das den Austausch zwischen Stadtverwaltung, Politik und fachlich kompetenten Bürger*innen ermöglichen soll. Eine grandiose Einrichtung, wenn, ja wenn Stadtverwaltung und Politik den Rat dieser Bürger*innen suchen und ernst nehmen würden, wenn sie darin eine Unterstützung für qualitätvolle Politik erkennen und dies wertschätzen würden. Tatsächlich ist die politische Kultur in Bamberg aber anders: Das Gremium wird als entbehrlich empfunden, die Bürgeranregungen als lästig, die Diskussionen als überflüssig.

Entsprechend ist die Bilanz: Da werden mühsam im Fahrradforum erarbeitete Kompromisse im Umwelt- und Verkehrssenat leichthändig gekippt. Da werden Radverkehrsanträge zwischen Fahrradforum und Senat so lange hin und her jongliert, bis sie irgendwann im Nirwana der Verkehrspolitik verschwinden. Da werden dankbar Sicherheitsbedenken der Polizei als Totschlagargumente auf den Tisch geknallt. Die vom Fahrradforum initiierte und vom Senat vor Jahren einstimmig beschlossene Vorgabe, jährlich 5 Euro pro Einwohner*in für Radverkehrsförderung zu investieren, wurde seither noch in keinem einzigen Haushaltsjahr umgesetzt. Für 2017 sind wieder einmal nur 50.000 Euro vorgesehen, ein Siebtel (!) des vorgegebenen Ziels.

Stattdessen verkauft sich die Stadt als „Fahrradstadt Süddeutschlands“ und schmückt sich mit einem hohen Radverkehrsanteil in der Verkehrsstatistik. Tatsächlich ist der aber nicht wegen, sondern trotz der Bamberger Verkehrspolitik so hoch.

Bevor sich in der Verkehrspolitik etwas ändert, muss erst die politische Kultur umgestaltet werden. Das Fahrradforum ist hierfür offensichtlich keine relevante Größe. Es braucht vermutlich weit mehr Druck von der Basis, von der Bevölkerung, von den unzähligen Leuten, die ein Fahrrad nutzen, sei es ausschließlich, sei es gelegentlich. Die werden noch immer viel zu häufig als unbeachtliche Größe und einfach als „die vo die Grüna“ abgetan. Nicht dass die GAL etwas dagegen hätte, die Wählerstimmen aller Radnutzenden einzuheimsen, wir würden schon mal den Sekt kalt stellen – aber zutreffend ist das bei weitem nicht. Es handelt sich hier um ein weit größeres Potential als die kommunalpolitische Szene augenscheinlich vermutet.

Es wird Zeit, dies als breites und partizipatorisches Element einzusetzen. Die GAL ist in jedem Fall tatkräftig mit dabei, im Interesse einer umweltverträglichen Verkehrspolitik! Aufbruchstimmung tut Not! Kampf der Trägheit!

sys



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