BAmberger Thema

Namensschilder: Gefahr für Datenschutz, Effektivität und Arbeitsplatzsicherheit 13.08.2018
Klatsch+Tratsch, Aktuelles, BA-Thema
Man glaubt gar nicht, welche Bürokratieblüten man mit so einem simplen Vorschlag wie „Namensschilder auf Rathausschreibtischen“ zum Erblühen bringen kann.

Glosse

Bringt die Sommerhitze die Bamberger Stadtverwaltung zu Höchstleistungen bei grotesk-skurrilem Bürokratismus? Der geradezu banale Antrag von simpelster Zielsetzung kann es eigentlich nicht sein, denn die GAL hatte einfach nur vorgeschlagen, zwecks Bürgerfreundlichkeit künftig auf allen Schreibtischen im Rathaus Schilder mit den Namen des bzw. der dort beschäftigten Rathausmitarbeiter*in aufzustellen.

Die Bearbeitung dieses Antrags und Rückmeldung aus der Stadtverwaltung ist hingegen tiefschürfend, hintersinnig, ja gar arbeitsplatzanalytisch bahnbrechend.

Zunächst wird das Anliegen „Namensschilder auf allen Schreibtischen“ datenschutzrechtlich durchleuchtet und eine rechtliche Bewertung des Bayerischen Landesbeauftragten für Datenschtz BayLfD herangezogen: Demzufolge wird die Nennung des Nachnamens als „unkritisch“ gesehen. Nach Abwägung der Interessen „insbesondere im Bereich der Eingriffs- und Leistungsverwaltung“ lehnt man jedoch eine zusätzliche Nennung des Vornamens ab.

Des Weiteren wird ganz praktisch die Arbeitsplatz- bzw. Schreibtischsituation konkret analysiert. Man kommt zu dem Ergebnis, dass dort recht viel Zeugs rumsteht und zählt dies auch auf: „neben Telefon, Computer, Eingabegeräten und Monitor“ auch „Arbeitsplatzdrucker, Formularablagen, Fingerabdruckleser, Dokumentenlesegeräte, etc.“. Die Konsequenz ist ebenso schlüssig wie schnell gezogen: „Für ein ausreichend groß dimensioniertes Namensschild wäre hier im Einzelfall kein sinnvoller Platz.“ Naja, im Zuge der Inklusion hatte man da vermutlich eine sehbehinderte Bürgerin mit einer Kurzsichtigkeit von mindestens 10 Dioptrien vor Augen, die auch noch ihre Brille vergessen hat.

Doch nicht nur Platzmangel steht dem Namensschild für Rathausbeschäftigte im Wege, auch die Arbeitsplatzsicherheit. Denn neben sehschwachen Bürger*innen finden offenbar auch tatkräftige den Weg in die Amtsstuben und werden gefürchtet: „problematische Bürgerkontakte (Gewaltandrohung und Gewaltanwendung)“! Daher wird „aus Arbeitsschutzaspekten empfohlen, den Schreibtisch so spartanisch wie möglich einzurichten“. Also auch kein Namensschild. Nicht auszudenken, würde so ein böser Bürger nach diesem greifen, heftig ausholen und es seinem arglosen Rathaus-Opfer wutbürgerisch über die Rübe donnern. Es wäre allerdings schon interessant, was Mitarbeiter*innen in solch problematischen Bereichen überhaupt noch an Arbeitsutensilien auf dem Schreibtisch stehen haben … Federkissen, Kuscheldecke, Butterbrot und Ohrenwatte vielleicht?

Unter all diesen abzuwägenden Einschränkungen und Hindernissen fühlt man sich aber in der Stadtverwaltung einer „Willkommensatmosphäre“ und „Kundenfreundlichkeit“ durchaus sehr verpflichtet und will „im Rahmen einer der nächsten internen Rundverfügungen auf die Möglichkeit der Aufstellung von Namensschildern“ hinweisen und diese empfehlen.

Wer das liest, kann sich förmlich vorstellen, wie sich die Rundverfügung durch hitzige Rathausgänge wälzt und über ebenso überladene wie blanke Schreibtischplatten schiebt, um sich dort an der Namensschilderleere mit bürokratischem Genuss gütlich zu tun.

sys



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