BAmberger Thema

Nicken, lächeln, Danke sagen 25.06.2012
Klatsch+Tratsch, BA-Thema, Soziales, Sylvia Schaible, Aktuelles
Der Oberbürgermeister sorgt zuverlässig
für Schonung der Stadtratsmitglieder. Sie
brauchen Verträge nicht lesen. Es genügt,
wenn sie ihnen einfach zustimmen.
Danke, lieber OB!

Glosse


Wir sind unserem Oberbürgermeister ja sooooo dankbar. Jawohl, echt! Er ist unheimlich großzügig zu uns und unterstützt uns total in unserer Stadtratsarbeit – das muss man hier echt mal betonen.

Da sind wir von der GAL-Fraktion doch letzte Woche wieder mit einem dieser unbotmäßigen und völlig überzogenen Wünsche auf ihn zugekommen. Wir wollten einen Vertrag vorgelegt haben. Nämlich den Arbeitsvertrag, der mit dem Geschäftsführer der Sozialstiftung, Xaver Frauenknecht, ausgehandelt wurde – für weitere fünf Jahre. Bei solchen Vertragsverlängerungen werden ja neue Bedingungen ausgehandelt, zu erwartende Lohnerhöhungen, möglicherweise Bonus-Zahlungen usw. Und wir von der GAL – in unverbesserlicher Weise neugierig und auf demokratische Kontrolle und Transparenz bedacht – haben uns gedacht, dass wir im Auftrag unserer WählerInnen uns schon kundig machen müssen, welche Verpflichtungen die Stadt da über Jahre eingehen will. Und deshalb wollten wir den Vertragstext im Original lesen. So wie das auch schon bei der letzten Vertragsverlängerung mit dem Herrn Frauenknecht war: Die Finanzsenatsmitglieder hatten bei der Abstimmung den Vertragsentwurf auf Papier vorliegen.

Aber der Herr Oberbürgermeister meint, dass so große Sorgfalt nicht angebracht sei und dass sich die GAL die Mühe akribischen Durcharbeitens doch gar nicht machen müsse. Deshalb will er dem Finanzsenat die Vertragsunterlagen auch erst direkt bei der Sitzung geben – und das auch nur, weil die GAL das fordert, sonst hätte er die Senatsmitglieder ganz damit verschont. Wer also unbedingt will, kann die vielen Seiten dann mal schnell überfliegen – und dann muss doch auch gut sein. Wer nicht so flott im Überfliegen ist, der darf sogar eine viertel oder halbe Stunde früher kommen, um etwas mehr Zeit zu haben. Das ist doch echt generös vom OB, oder?

Dann werden die Unterlagen allerdings auch gleich wieder eingesammelt. Wo kämen wir denn da hin, wenn womöglich einer was für seine FraktionskollegInnen mitnehmen wollte, also wirklich! Fotografieren per Handy ist übrigens explizit verboten, aber Notizen mit dem Bleistift darf man sich machen.

Auch Auswendig-Lernen ist vermutlich erlaubt, vorausgesetzt man vergisst das dann beim Verlassen des Rathauses wieder – das ist jetzt eine nicht autorisierte Regelfortschreibung durch die GAL, aber bestimmt im Sinne des OB.

In jedem Fall beherzigen wir den Grundsatz des Oberbürgermeisters, das Gehirn von Mandatsträgern nicht mit so unsinnigen Informationen zu belasten. Die größte Tugend eines Bamberger Stadtratsmitglieds ist doch eh klar: Nicken, lächeln, Danke sagen.

Danke, lieber Oberbürgermeister, wenn wir dich nicht hätten….

sys



Lisa-Spreckelmeyer pixelio.se


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