BAmberger Thema

Über das Leben von Flüchtlingen wissen viele nicht Bescheid 10.07.2012
Soziales, Aktuelles, BA-Thema
Daran möchten drei Flüchtlinge aus dem Iran mit ihrem Protestcamp etwas ändern. Und sie wollen für bessere Lebensbedingungen von AsylbewerberInnen demonstrieren. Die GAL-Stadtratsfraktion besuchte die drei in ihrem Zelt am Markusplatz.

Seit Anfang Juli haben Ashkan Delanvar, Hadi Ghaeni und Siamak Wosoughi ihre Zelte auf der Grünlanlage am Markusplatz aufgeschlagen. „Crossing borders - Vom Rand der Gesellschaft in die Mitte des Markusplatzes“ haben sie ihre Protest-Camp-Aktion genannt. Und das hat einen konkreten Hintergrund.

Denn eigentlich leben die drei iranischen Studenten derzeit mit ca. 20 anderen Flüchtlingen in einem ehemaligen Hotel in Roßdach, einem kleinen Ort mit knapp 100 EinwohnerInnen bei Scheßlitz. Dort gibt es nur einmal am Tag einen Bus nach Bamberg und einmal einen zurück und ansonsten keinerlei Beschäftigung für die Flüchtlinge. Sie dürfen nicht arbeiten und ihr eigenes Geld verdienen, haben keine Kontaktmöglichkeiten und mit 40,90 Euro Taschengeld auch zu kaum etwas die Möglichkeit. Sie sind massiv auf die Hilfe von UnterstützerInnen angewiesen (bei jedem Behördengang oder Arztbesuch), mit denen sie deshalb auch das Protestcamp organisiert haben. Diese bieten auch die einzige Möglichkeit, Deutsch zu lernen. Vor allem Mitglieder der Intitiative „Freund statt fremd“ stehen ihnen dabei zur Seite.

Die jungen iranischen Aktivisten betonten, dass sie generell gegen schlechte Lebensbedingungen aller Flüchtlinge protestieren – etwa gegen Essenspakete statt eigenverantwortlicher Selbstversorgung, gegen massiv eingeschränkte Bewegungsfreiheit (man darf den eigenen und benachbarte Landkreise nur mit Genehmigung verlassen), gegen Gemeinschaftsunterkünfte, gegen Arbeitsverbot usw. Näheres geht aus dem Statement der drei hervor (unten zum Download).

Als schlimm empfinden es Ashkan, Hadi und Samiak auch, dass sie über ihr Asylverfahren nicht Bescheid wissen. Sie haben nicht die Möglichkeit beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nachzufragen und somit keine Ahnung, wie ihr Verfahren steht und wann es beendet wird. So können Jahre vergehen und sie müssen „herumzusitzen und zu warten“, obwohl sie doch so viel Energie in sich spüren, ihr Studium weiterführen und gesellschaftlich aktiv werden möchten.

Politisch aktiv sind die drei nun schon. Sie hoffen, mit ihrer Aktion möglichst viele  BambergerInnen zu erreichen und sie über das kaum bekannte Leben von Flüchtlingen hierzulande aufzuklären. „Wir möchten, dass die Leute uns kennen lernen und sehen, dass wir Menschen sind wie sie, nicht böse, nicht gefährlich, sondern mit ganz gleichen Bedürfnissen und Interessen.“

Seit die Unterkunft in Roßdach eingerichtet wurde, drängt die GAL immer wieder darauf, eine bessere Wohn-Alternative in Bamberg zu finden, leider bisher ohne Erfolg. OB Starke sieht keinen Handlungsbedarf. Lediglich die bereits bestehende Unterkunft an der Breitenau mit derzeit ca. 60 BewohnerInnen) soll in den nächsten Jahren erweitert werden, dafür hat der Eigentümer einen Bauantrag gestellt - ein Verdienst der Stadt ist das freilich nicht. Auch mit ihrem Antrag auf mehr professionell Flüchtlingsberatung scheiterte die GAL vorerst an der Stadtratsmehrheit. Organisatorisch setzte sich GAL-Stadträtin Kiki Laaser vehement für die Camp-Aktion ein und vermittelte insbesondere bei der Zusammenarbeit mit Stadt und Polizei.

Unten zum Download die Flucht-Geschichten von Ashkan, Hadi und Samiak.

Außerdem gibt es eine eigene Homepage zum Protestcamp, auf der auch über Aktionen und Veranstaltungen informiert wird: www.fluechtlinge-bayerns.com

sys

 


Foto: sys

Foto: sys

Foto: sys

Foto: sys

Drei Taschenlampen waren für die Protestcamper hoffentlich ein brauchbares Geschenk der GAL.


Zur Übersicht: Archiv der Bamberger Themen