BAmberger Thema

Jugendherberge oder Asylheim - ist das wirklich die Frage? 21.12.2012
Soziales, Aktuelles, BA-Thema
Seit einem Jahr wäre es möglich gewesen, eine Asylunterkunft zu finden. Doch plötzlich musste alles ganz schnell gehen. Jetzt ist der Widerstand gegen eine Umnutzung der Jugendherberge groß. Doch die Stadt scheint genau dies zu wollen.

Hintergrund

Die Diskussion über die Umnutzung der Jugendherberge Wolfsschlucht als Asylheim schlug in den letzten Wochen hohe emotionale Wellen. Vom Verlust einer preisgünstigen familien- und jugendfreundlichen Unterbringungsmöglichkeit ist die Rede. Von Asylsuchenden in unverdient idyllischer Lage. Und BürgerInnen machen mobil, bei denen einem nicht recht klar ist, ob sie nun vor allem gegen Asylbewerber oder für die Jugendherberge in der Wolfsschlucht sind.

Da lohnt sich ein sachlicher Blick auf die Lage.

 

Die Jugendherberge:

  • Eigentümerin des Gebäudes in der Wolfsschlucht ist die Stadt Bamberg. Der bauliche Zustand incl. Brandschutz ist okay, hier wurde in den letzten Jahren von der Stadt investiert.
  • Betreiberin de Jugendherberge ist die Diakonie Bamberg-Forchheim. Der Vertrag läuft Ende 2014 aus. Die Auslastung lag im Jahresdurchschnitt bei ca. 50 %.
  • Um weiterhin als Jugendherberge vom Bundesverband der Jugendherbergen anerkannt zu werden, müssen die Standards – vor allem im sanitären Bereich, also pro Zimmer eine Nasszelle – erfüllt werden. Dies bedeutet, dass das Rohrsystem komplett neu verlegt werden muss und  Toiletten und Duschen überall eingebaut werden müssen. Bislang werden die Kosten auf 1 bis 1,5 Mio Euro geschätzt. Die Stadt war bisher nicht bereit, diese zu tragen. Die Diakonie hat hingegen signalisiert, die Jugendherberge unter diesem Standard nicht weiterbetreiben zu wollen.
  • Eine Komplettsanierung würde überdies bedeuten, dass Übernachtungskosten entsprechend anzupassen sind: Die viel gepriesenen sehr günstigen Übernachtungsmöglichkeit für Schulklassen wären also auch so Vergangenheit.

 

Die Flüchtlinge:

  • In den letzten zwei Jahren sind die Flüchtlingszahlen aus diversen Gründen angestiegen. Es war seit über einem Jahr absehbar, dass auch die Stadt Bamberg mehr in die Pflicht genommen wird, da sie freiwillig nicht ihre Quote erfüllt. Die GAL hat deshalb bereits Anfang 2012 konkrete Vorschläge in die Diskussion gebracht und die Stadt an diese Pflicht erinnert. Reaktion des Oberbürgermeisters war jedoch: Abwarten. Ende Oktober wurde deshalb von der Regierung von Oberfranken die erste Zwangszuweisung durch die  Regierung von Oberfranken verfügt. Dabei ist Bamberg die einzige der vier oberfränkischen kreisfreien Städte, die davon betroffen war, da die anderen Städte schon ca. 200 Flüchtlinge aufgenommen haben, während Bamberg mit 66 Flüchtlingen sein Soll bei weitem bisher nicht erfüllte.
  • Seit Herbst dieses Jahres herrschen im Zentralen Aufnahmelager in Zirndorf unhaltbare Zustände: Flüchtlinge sind in Zelten, Garagen und Gebetsräumen, weil die vorhandenen Gebäude aus allen Nähten platzen. Darunter sind Familien mit kleinen Kindern, kranke Personen. Diese Unterbringung war eines reichen Landes wie Deutschland unwürdig.
  • Inwieweit andere Immobilien zur Verfügung stehen würden, ist schwierig zu sagen, da die Stadt hier sehr wenig transparent arbeitet. Angeblich gibt es eine Liste mit 20 geprüften Objekten – die GAL hat mehrmals angemahnt, diese Liste zu bekommen, bisher erfolglos. Möglich, dass es neben der Jugendherberge bessere Alternativen gäbe.
  • Laut Stadtratsbeschluss soll die Jugendherberge für drei Jahre als Asylheim genutzt werden. Die Regierung von Oberfranken will sie als Gemeinschaftsunterkunft von der Stadt pachten. Zu diesem Zweck werden noch verschiedene Umbaumaßnahmen vorgenommen wie etwa der Einbau einer Gemeinschaftsküche, da die jetzige Gastronomieküche von den Flüchtlingen nicht genutzt werden darf. Ca. 40 bis 50 Flüchtlinge sollen dann dort unterkommen. Doch diese Pläne sind noch nicht in trockenen Tüchern. Laut Stadtratsbeschluss soll nach drei Jahren das Haus wieder als Jugendherberge genutzt werden.
  • Für die Flüchtlinge ist das Haus in der Wolfsschlucht keine Idylle. Was für Jugendliche in einer Jugendherberge von Wert ist, muss nämlich für Flüchtlinge noch lange nicht von Vorteil sein. Sie sind  in Mehrbettzimmern untergebracht, die nicht für einen längeren Aufenthalt ausgelegt sind. Dort gibt es Stockbetten, nur kleine Tische, ganz schmale Schränke, die Zimmer sind eher eng, manchmal dunkel, nicht jede Person kann dort mit einem Stuhl rechnen. Ihr Essen bekommen die Flüchtlinge derzeit aus der Küche des Jugendherbergsbetreibers zu festgelegten Zeiten. Doch diesen Service wollen sie gar nicht - viel lieber würden sie sich ihr Essen selber kochen, zu den Zeiten, wenn sie selbst Hunger haben, und in der Art, wie es ihnen schmeckt. Die Asylsuchenden sind eben nicht im Urlaub, machen viele Ausflüge und genießen es, dass andere sich um ihr Essen kümmern. Vielmehr haben sie keinerlei Beschäftigung, dürfen nicht arbeiten, kein Geld verdienen, haben deshalb auch keine Möglichkeit für Unternehmungen, die mit Geld verbunden sind – sie verwalten also nur ihre Langeweile. Und das oft über Jahre.
  • Der lange Verbleib der Flüchtlinge liegt am bundesdeutschen Asylverfahren, fast alle Erstverfahren dauern über ein Jahr, was auch eine unheimliche psychische Belastung für die Menschen ist. Gegen viele Erstbeschlüsse wird geklagt, und dann zieht es sich monatelang hin bis die Gerichte entscheiden. Ca. 30% erhalten irgendwann dann einen Aufenthaltstitel. Andere erhalten eine „Aussetzung der Abschiebung“ (Duldung), wenn man nicht abschieben kann wie z.B. zurzeit nach Syrien.

 

Standpunkt

Die GAL hat sich seit über einem Jahr darum bemüht, dass Objekte für die Unterbringung von Flüchtlingen bereit gestellt werden und stieß dabei in der Stadtverwaltung auf Mauern des Desinteresses. Sogar das private Angebot eines Bauinvestoren, in unmittelbarer Nachbarschaft neben dem Asylheim Breitenau ein weiteres Asylheim zu bauen, wurde von der Stadt nicht unterstützt. Der Bauherr baut inzwischen trotzdem auf Eigeninitiative, das Haus wird im nächsten Jahr bezugsfertig sein. Erst die Zwangszuweisungen haben die Stadt zum Handeln gezwungen. Dem Stadtrat wurden keine Alternativen zur Jugendherberge vorgelegt. Bei der Entscheidung, die Hopplahopp getroffen wurde, fand sich die GAL in einem unlösbaren Dilemma: Erhalt der Jugendherberge versus Hilfe für Not leidende Flüchtlinge.
Angesichts der schrecklichen Zustände in Zirndorf und der gebotenen Dringlichkeit stimmte die GAL einer vorübergehenden Umnutzung der Jugendherberge zu, will aber langfristig die Jugendherberge erhalten. Ziel der GAL sind dezentrale Unterkünfte der Flüchtlinge im gesamten Stadtgebiet, wo sie ihr Leben selbstbestimmt führen können. Und natürlich eine ausreichende Betreuung der BewohnerInnen, ein Anliegen, das sie GAL ebenfalls schon seit einem Jahr vertritt und bereits beantragt hat.

Der Stadtspitze hingegen kam vermutlich die Umnutzung ganz zupass, da der Betreiber auf dem Absprung war, man für millionenschwere Investitionen kein Geld ausgeben wollte und nun eine bequeme Ausrede für das Aus der Jugendherberge hat. Ein Aus, von dem man durchaus vermuten kann, das es als endgültiges Aus geplant ist.

Es gäbe auch jetzt noch die Chance auf eine Alternative - doch die Stadtspitze mauert weiterhin. Offenbar ist genau diese Lösung gewollt.

Kiki Laaser / Sylvia Schaible

 


Versteckt hinter Bäumen an der Regnitz - je nach Standpunkt eine Idylle oder auch nicht.


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