BAmberger Thema

Auf dem Rücken der PatientInnen gespart 23.09.2013
Soziales, Aktuelles, Andreas Reuß, BA-Thema
Das bundesweit ausgestrahlte ARD-Magazin
„Report Mainz“ erhob schwere Vorwürfe
gegen die Sozialstiftung Bamberg (Klinikum,
Altenheime und weitere Medizinische
Versorgungszentren, genannt MVZ).

Am 17. September 2013, ab 21.45 Uhr, brachte die Sendung "Report Mainz" in der ARD einen Beitrag über so genanntes Lohndumping, das nun sogar im Gesundheitswesen um sich greife. Als zentrales Beispiel fungierte die Sozialstiftung Bamberg. Es ging laut Ankündigung des Moderators darum, dass nun sogar im Gesundheitswesen nicht immer gleicher Lohn für "exakt" die gleiche Arbeit gezahlt werde. Außerdem hätten die Benachteiligten weniger Urlaub und keine betriebliche Altersvorsorge. "Die Phantasie mancher Arbeitgeber ist scheinbar grenzenlos, wenn es gilt, Personalkosten zu drücken", so der Moderator. Als Beispiele nannte er Servicegesellschaften, Leiharbeitsfirmen oder Werkverträge. Zu ergänzen wäre – entsprechend der nachfolgenden Reportage - der Begriff Dienstleistungsverträge, die unter Umständen Mitarbeitende noch schlechter stellen könnten, weil sie – wie für Bamberg dargestellt - nur eine Art "Sachleistung" erbrächten.

In diesem Zusammenhang verglich der Moderator die Krankenhäuser mit der Fleischbranche. Das dort schon fast übliche "Lohndumping", so "Report", treffe immer häufiger auch Mitarbeitende in Krankenhäusern.

Nach dieser Anmoderation zeigte die Reportage heimlich gedrehte Aufnahmen aus einem Krankenhaus. Der Zuschauer sah zwei Frauen, die gerade dabei waren, einen OP-Saal zu desinfizieren. Die Tätigkeiten der beiden unterschieden sich offensichtlich in keiner Weise voneinander. Nach Angaben der Autorin des Beitrags verdiente die eine jedoch 9 €, die andere aber 12,89 € pro Stunde. Und eine weitere, "billigere" Arbeitskraft habe einen neuen Vertrag unterschreiben „müssen“, und zwar bei einer Werkvertragsfirma. Dort bekomme sie einen Bruttolohn (!) von unter 8 € pro Stunde, weil diese Firma nicht an Tariflöhne gebunden sei.

In der Sendung hieß es, der Klinikbetreiber würde bestreiten, dass es schlechtere Verträge gebe. Die Lösung: Es würden Tochtergesellschaften gegründet, deren Angestellte Aufgaben in der Klinik unter Tariflohn übernähmen. Bei diesen Tochtergesellschaften handelte es sich ursprünglich  um Leiharbeitsfirmen. Da diese die Mitarbeitenden aber nicht dauerhaft anstellen könnten, seien Werkverträge abgeschlossen worden.

Anschließend kam die Rede auf die Sozialstiftung Bamberg, indem per Großaufnahme die Fassade des Klinikums am Bruderwald gezeigt wurde. Hier würden Dienstleistungsverträge abgeschlossen, die im Prinzip die gleiche Funktion hätten wie ein Werkvertrag: Das sei eine Flucht aus der Tarifbindung, es sollten Personalkosten gespart werden, so die Arbeitnehmervertreter des Bamberger Konzerns, der Personalrats- und der Betriebsratsvorsitzende, die beide gemeinsam Rede und Antwort standen. All das geschehe auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

In einer Tochtergesellschaft mit Billigverträgen angestellt sei sogar Kernpersonal, etwa Altenpfleger, wurde berichtet. Dazu wurde eine Altenpflegerin, die für die gleiche Arbeit geringeren Lohn erhalte als ihre Kolleginnen, anonym interviewt. Sie finde das sehr ungerecht, sagte sie. Sie sei deswegen unmotiviert, und in Folge dessen laufe manchmal nicht alles "so rund". Das bekämen auch die Senioren zu spüren. Die Praxis des ungerechten geringeren Lohnes wirke sich also auf die Pflege von Menschen aus.

Mit diesen recherchierten Ergebnissen wurde der Vorsitzende des Stiftungsrats, Oberbürgermeister Starke, konfrontiert. Er leugnete die Zustände anscheinend nicht. In Bild und Ton vernahm man jedenfalls folgende Sätze aus seinem Mund: "Das ist momentan ein Zustand, der auch mir nicht gefällt, aber es gibt im Moment dazu keine Alternative. Das betrifft auch nur einen ganz geringen Teil." Die Mitarbeitenden würden nicht mit gleichen Lohn wie die anderen bezahlt, weil "wir uns nach der Decke strecken müssen", so Starke. Die wirtschaftliche Situation der Sozialstiftung Bamberg sei "außerordentlich angespannt".

Kommentar der Autoren: Das sei merkwürdig, denn die Sozialstiftung habe jahrelang Überschüsse erwirtschaftet.

Schließlich kam, nach weiteren Beispielen aus anderen Krankenhäusern, ein Sozialwissenschaftler zu Wort, der deutlich machte, dass hier die Politik versagt habe, denn es sei versäumt worden, Werkverträgen, Scheinwerkverträgen und Dienstleistungsverträgen einen Riegel vorzuschieben.

Andreas Reuß

Link zur Sendung: http://www.swr.de/report/teaser/-/id=233454/nid=233454/did=12063580/114f2yg/index.html

 



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