Aktuell

Berechtigte Kritik mit unappetitlichen Untertönen 9.01.2013
Soziales, Aktuelles, BA-Thema, Sylvia Schaible
Die Kritik, dass die Jugendherberge Wolfs-
schlucht nicht als Asylheim geeignet ist,
stimmt. Aber aus welcher Ecke und mit
welchen Untertönen sie kommt, ist bedenk-
lich und eher unappetitlich.

Kommentar

Es kommen flaue Gefühle im Magen auf, wenn Bambergs biedere CSU-Fraktionäre vehement für einen so genannten Erhalt der Jugendherberge Wolfsschlucht in Bug auf die Barrikaden gehen und BBB-Stadtrat Norbert Tscherner öffentlich seine Überlegungen bekundet, ein diesbezügliches Bürgerbegehren einzuleiten.

Flau deshalb, weil man an unheilvolle asylantenfeindliche Sprüche aus den 90-er Jahren erinnert wird, wie „Das Boot ist voll“ und „Ausländer raus“. Damals glaubte der brave Deutsche, ihm würden Arbeitsplätze, Sozialleistungen und überhaupt massig Geld von den so genannten „Asylanten“ weggenommen. Und heute ist es nun auch noch die Jugendherberge!

Doch so verrückt es ist, Tscherner & Co. zielen mit ihrem platten und fragwürdigen „Asylanten raus aus der Jugendherberge“ auf Umwegen in die richtige Stoßrichtung. Asylsuchende gehören tatsächlich nicht in ein Jugendgästehaus mit gut bezahlter Rundumversorgung von Verpflegung über Reinigung bis Sekretariat. Und vor allem: Das wollen sie auch gar nicht!

Menschen, die aus fernen Ländern, wo sie wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihrer Religion, politischer Anschauung oder wegen Kriegsgewalt nicht mehr leben können, zu uns kommen, wollen hier nichts anderes, als so leben wie alle anderen auch. Sie wünschen sich ihre eigenen bescheidenen, aber sicheren vier Wände, sie wollen ihr Essen selbst kochen können und selbstorganisiert und eben nicht fremdbestimmt leben. Diese Menschen brauchen Orientierungshilfe im für sie neuen Alltagsleben in Deutschland, Sprachförderung und Arbeit. Mit vermeintlicher Hain-Idylle, einer DJW-Rezeption und Gemeinschaftsräumen mit Tischtennisplatte ist ihnen wenig gedient.

Deshalb stimmt es schon: Eine Jugendherberge ist – zumindest längerfristig – für Asylsuchende gerade nicht der richtige Ort.

Verlogen ist aber der Populismus, der hinter dem plötzlichen Aktionismus von Tscherner, CSU & Co. steckt. Diese Leute haben sich ebenso wenig wie der jetzt von ihnen so hart gescholtene Oberbürgermeister dafür eingesetzt, Alternativen für eine angemessene Unterbringung von Flüchtlingen zu finden, obwohl bereits vor einem Jahr deren zunehmende Zahl längst abzusehen war. Und genauso wenig haben sie sich um die Jugendherberge geschert, deren Ausstattungsrückstand ebenfalls seit langem bekannt ist.

Würden auf den Druck aus der so fragwürdig angestachelten Bevölkerung nun tatsächlich bessere Alternativen für die Asylsuchenden gefunden, wäre das erfreulich. Der Weg dorthin hinterließe dennoch ein weiterhin flaues Gefühl im Magen – und die Erkenntnis: Das Maß an Peinlichkeit der 90er Jahre ist offenbar noch immer nicht voll.

Sylvia Schaible



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