-Sonderseiten: Soziale Schieflage in Bamberg - I Beim Dauerthema „Kosten der Unterkunft“ verharrt die Stadtverwaltung in der Rechtswidrigkeit „Unangemessen wohnen in Bamberg“ lautete die Titelstory der 76 (Februar 2012). Darin berichteten wir von dem seit Jahren bestehenden rechtswidrigen Verwaltungshandeln durch die Stadt, wenn es darum geht, die Wohnungskosten von SozialleistungsempfängerInnen zu übernehmen. Hintergrund und Rückblick: Für Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit Hartz-IV bestreiten, sind laut Gesetz die „Kosten für Unterkunft und Heizung“ (KdU) von der Stadt zu zahlen. Aber natürlich nicht in jeder Höhe, sondern nur in „angemessenem“ Umfang. Eine Villa im Hain darf ein Hartz-IV-Empfänger also nicht beziehen und sich dann die Miete vom Rathaus zahlen lassen. Das letzte Mal wurden diese Angemessenheitsgrenzen im Herbst 2008 festgelegt. Was sich seither auf dem Bamberger Wohnungsmarkt getan hat, weiß jeder: Die Mieten sind immens gestiegen, freier bezahlbarer Wohnraum ist kaum zu finden. Häufig sind die Betroffenen gezwungen Mieten oberhalb dieser Grenzen zu zahlen, weil sie nichts anderes finden - den Differenzbetrag müssen sie sich buchstäblich vom Existenzminimum absparen. Im Rathaus interessierte diese Entwicklung, auf die auch Sozialverbände hinwiesen, lange Zeit niemand. Obwohl man dort selbstvertändlich eine Erhöhung der KdU längst von sich aus hätte vornehmen müssen. Erst die GAL brachte mit einem Antrag vom Juli 2011 das Problem auf die Tagesordnung. Die Stadtverwaltung wurde daraufhin vom Finanzsenat beauftragt, innerhalb eines halben Jahres (bis Mitte 2012) die Grenzen neu zu berechnen. Das machen andere Kommunen auch. Für eine korrekte Recherche und Berechnung gibt es sogar genaue Anweisungen aus dem Bayerischen Sozialministerium: Damit die KdU-Auszahlungen den örtlichen Gegebenheiten entsprechen, ist der lokale Wohnungsmarkt über Zeitungsannoncen und Internetangebote zu beobachten, Angebote von Maklern und Wohnungsbauunternehmen einzuholen, Mieterbund und Eigentümerverbände zu befragen usw. Im Juli 2012 – also ein ganzes Jahr nach Antragstellung durch die GAL – kam aus der Verwaltung die unfassbar dreiste Vorlage in den Familiensenat, man sei nicht in der Lage gewesen, brauchbare Angemessenheitsgrenzen zu berechnen. Man habe sich zwar bei den in Bamberg ansässigen Baugenossenschaften umgehört, das habe aber nicht die gewünschten Daten geliefert. Ein paar Briefe an Baugenossenschaften also - mehr brachte die Stadtverwaltung nicht zustande – ein ganzes Jahr lang. Ein rechtswidriger Zustand blieb so absichtlich und gezielt erhalten. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Seit einem Sozialgerichtsurteil vom September 2009 ist klar: Die Bamberger Angemessenheitsgrenzen laufen der gültigen Rechtsprechung zuwider. Arme Menschen in Bamberg werden von der Stadt betrogen und um ihr Recht gebracht. Das ist bekannt – der Stadtverwaltung, dem Stadtrat, dem Oberbürgermeister (selbst Jurist von Beruf) – aber nichts geschieht dagegen. Die GAL – fassungslos bis verzweifelt ob solcher Ignoranz und Tatenlosigkeit – schaltete daraufhin im August 2012 die Rechtsaufsicht der Regierung von Oberfranken. Mitte November stand das Thema dann endlich wieder auf der Tagesordnung des Familiensenats. Nun kam die Stadtverwaltung um eine Erhöhung nicht mehr herum – irgendwie musste sie das hinkriegen. Also nahm man einfach die veralteten Angemessenheitsgrenzen von 2008 her und rechnete sie mit Hilfe des bundesweiten Preisindex für Nettokaltmieten hoch. Heraus kam eine Erhöhung von 5%, für eine allein wohnende Person macht das gerade mal 14,50 Euro im Monat aus. Experten schätzen die Bamberger Mietpreissteigerungen auf durchschnittlich 15 bis 20%. Vor allem aber sind die so ermittelten Mietobergrenzen noch immer rechtswidrig, weil keine korrekte ortsbezogene Berechnung dahinter steht. Wer dagegen klagt, hat beste Aussichten, vor Gericht zu gewinnen. Das bestätigt auch ein Schreiben der Regierung von Oberfranken, das mittlerweile vorliegt: „Die von der Stadtverwaltung ab dem 01.01.2013 geplante Anpassung (…) entspricht nicht den Vorgaben der BSG-Rechtsprechung.“ Der Sozialreferent hingegen will die Betroffenen weiter hinhalten. Er vertröstet auf den grundsicherungsrelevanten Mietspiegel, der im nächsten Jahr erstellt und tatsächlich gerichtsfeste Mietobergrenzen bieten wird. Doch auch das ist nicht korrekt, wie die Stellungnahme aus Bayreuth klar macht: Wenn keine ortsbezogenen Angemessenheitsgrenzen berechnet werden, dann gelten quasi als Notbehelf die Werte nach § 12 Wohngeldgesetz, und die liegen zum Vorteil der Betroffenen höher. Dagegen wehrte sich Finanzreferent Felix im Familiensenat jedoch ausdrücklich. Die GAL wird sich nun dafür einsetzen, dass die BürgerInnen zu ihrem Recht kommen. Aktueller Stand nachzulesen auf www.gaznet.de. sys |