Die Stadtratsmehrheit will auch weiterhin nichts gegen leer stehende Wohnungen unternehmen – nur die Anzahl von Ferienwohnungen in der Altstadt soll nicht weiter zunehmen. Karikatur: Thomas Plaßmann Eine ungute Entwicklung ist in Bamberg zu beobachten: Allerorten sprießen Ferienwohnungen aus den Mauern. In der Wohnung nebenan stehen plötzlich Schreibtische statt Betten. Oder es wird an Zähnen gefeilt statt Essen gekocht. Und wer kennt nicht irgendwo in der Nähe eine Wohnung, die einfach nur leer steht? In einer Stadt wie Bamberg, wo Menschen verzweifelt nach Wohnraum suchen, ist das ein unhaltbarer Zustand. Und es müsste von einer gestaltungswilligen Politik auch gar nicht hingenommen werden. Denn es gilt das Zweckentfremdungsgesetz, das Kommunen entsprechende Instrumente an die Hand gibt. Das Gesetz gibt es seit 2007, zuletzt wurde es in diesem Jahr geändert. Und aus dem bayerischen Innenministerium kommt explizit der Appell an die Kommunen, es anzuwenden, um Wohnraum zurück zu gewinnen. Appell sogar aus München: Zweckentfremdung bekämpfen! Die Anwendung des Gesetzes funktioniert so: Eine Kommune, die in ihrem Gebiet Wohnraummangel feststellt, erlässt eine Zweckentfremdungssatzung. Daraufhin ist die Nutzung von Wohnraum für andere Zwecke nicht mehr erlaubt, bzw. nur in Ausnahmefällen genehmigungsfähig. Das heißt, die Umwandlung einer Wohnung in eine Zahnarztpraxis, ein Maklerbüro, eine Anwaltskanzlei oder eine Ferienwohnung ist ebenso verboten wie die Wohnung länger als drei Monate leer stehen zu lassen. Die Kommune kann die verbotene missbräuchliche Umnutzung bzw. Nichtnutzung mit (wiederholten) Bußgeldern ahnden und eine zweckentsprechende Nutzung anordnen. In der Stadt München gibt es bereits eine Zweckentfremdungssatzung, und ein ganzer Mitarbeiterstab im Rathaus ist damit befasst, sie umzusetzen. Bislang wurden 300 Wohnungen wieder dem Wohnungsmarkt zugeführt. Viel größer schätzt man vor Ort aber die vorbeugende Wirkung ein: Eigentümer*innen gehen das Risiko von Gesetzesübertritt und Bußgeldern gar nicht erst ein. Hohe Zahl von Ferienwohnungen in Bamberger Altstadt Das Thema Zweckentfremdung kam in Bamberg auf, als bekannt wurde, wie viele Ferienwohnungen es hier gibt. Eine Internet-Recherche der Verwaltung zählte im Februar 2016 im Stadtgebiet 330 Ferienwohnungen, wovon nicht einmal ein Dutzend bauordnungsrechtlich angemeldet war. Die meisten befanden sich in der Fischerei (12 Ferienwohnungen), in der Tocklergasse (8), in der Karolinenstraße (5), in der Judenstraße (7) und in der Oberen Sandstraße (9). Es ist aber davon auszugehen, dass von dieser Zählung noch längst nicht alle erfasst wurden. Der Stadtrat war sich einig, gegen die Holidayisierung ganzer Straßenzüge vorzugehen. Die GAL beantragte darüber hinaus gehend, das Problem grundlegend und umfassend anzugehen – mit einer Zweckentfremdungssatzung. Im Juli 2017 kam das Thema erneut in den Konversionssenat – und das Ergebnis ist: Eine Zweckentfremdungssatzung lehnen Stadtverwaltung und Stadtratsmehrheit rundweg ab. Stadtrat mit Samthandschuhen Einen solchen „erheblichen Eingriff in den Wohnraummietmarkt“ (Zitat Sitzungsunterlage) will man nicht verantworten, den Eigentümern will man mit „Vermietungsgeboten“ nicht zu nahe treten, das dafür nötige Personal (ein bis zwei Stellen) will man nicht bereit stellen. Und überhaupt: Man will nicht im gesamten Stadtgebiet tätig werden, sondern lediglich im Bereich des Weltkulturerbes. Dafür soll nun bauleitplanerisch (für das gesamte Gebiet bzw. für Teilbereiche) die Anzahl der Ferienwohnungen auf 5 Prozent der Gesamtzahl der Wohnungen begrenzt werden. Das ändert am Ist-Zustand nichts, wird nur in einigen Straßenzügen dafür sorgen, dass keine weiteren Ferienwohnungen hinzukommen. Dem Wohnraummangel wird man mit derart softer und zahnloser Politik freilich nicht Herr. Erneut zeigt sich, dass die Stadtratsmehrheit wohnungspolitisch nicht durchgreift, sondern mutlos und träge dahindümpelt. sys
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