BAmberger Thema
Wenn das Weltkulturerbe hinter Auto-Blech verschwindet ... |
25.03.2015
Verkehr, Aktuelles, BA-Thema, Bauen+Denkmal, Andreas Reuß
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... sollte das nicht geduldet werden. Zum Bei-
spiel an der Brautpforte der Oberen Pfarre, die eigentlich ein wertvolles Denkmal ist und die Herzen von kunsthistorisch Gebildeten wie GAL-Stadtrat Andreas Reuß höher schlagen lässt. Standpunkt Zumindest im Welterbe-Bereich müssen unbedingt die Auto-Abstellplätze, die sich direkt an Kirchgebäuden befinden, aufgehoben werden, insbesondere vor dem Domkapitelhaus, vor dem Chor der Jakobskirche, vor der Stephanskirche und an der Oberen Pfarrkirche, dem bedeutendsten sakralen Bau Bambergs nach Dom und Michelsberg. Manchmal parken Autos direkt am Hochchor der Oberen Pfarre, der von Karl Baedeker als „in der städtebaulichen Wirkung eine der besten Leistungen des deutschen Mittelalters“ bezeichnet wurde. Manche Forscher sehen Einflüsse der Parler-Schule vom Prager Veitsdom. Auch oben an der nordwestlichen Außenmauer der Kirche (Brautpforte), parallel zum Unteren Kaulberg, standen schon Autos. Die GAL macht nun den Vorschlag, die derzeitige Baustellenabsperrung zu nutzen, um dort künftig das Parken dauerhaft zu verhindern. Der dortige Aufgang wird von der Vorhalle der so genannten Brautpforte unterbrochen. Die Vorhalle ist ein herausragendes gotisches, sakrales Denkmal (um 1380 / 90), eine kleine Loggia, die sich mit antiken Bauten vergleichen lässt. Als exponierter Aussichts- und Blickpunkt sowie durch die Darstellung einer Anzahl von Frauen im Gewände erinnert die Brautpforte an die Karyatiden auf der Athener Akropolis, die dort unter anderem als Wahrzeichen von Athen oder Griechenland insgesamt gesehen werden. Über die Halle der Brautpforte hinaus findet sich in der Nähe ein reizvolles „Zitat“ bzw. eine Variation dieses Bauwerks, nämlich ein 1502 ähnlich gestalteter, wiederum gotischer Ölberg, gleich links vom Hauptportal der Kirche. Er wirkt wie eine eigene kleine Kapelle, nicht viel kleiner als viele Feldkapellen im Bamberger Umland. Hier sitzen die Jünger Petrus, Jakobus und Johannes – eingeschlafen – nahe dem betenden Jesus, einer in der Haltung, die für die Darstellung der Melancholie üblich war: den Ellbogen aufs Knie gestützt, das Kinn in die Hand gelegt. So zeigte sich schon Dürers „Melencolia I“ oder Walther von der Vogelweide in seinem berühmten Gedicht, wiedergegeben am Frankoniabrunnen auf dem Würzburger Residenzplatz. Über den Schlafenden an der Oberen Pfarre wölbt sich ein feines Kreuzrippengewölbe mit erst jüngst frisch vergoldetem Sternenzelt. Im Sommer wuchsen immer die schönsten Rosen an der Mauer des Ölberg-Kapellchens. Ein inhaltlich-biographisch und chronologisch geeigneter Weg führt uns von der Brautpforte (14. Jh., Eheschließung, Fernblick über die Stadt) über den Ölberg (16. Jh., Lebensende, Blick auf den Frauenplatz und den Dom) ins Innere, zu Tintorettos „Mariae Himmelfahrt“ (Mitte 16. Jh., Ewiges Leben, Blick ins Kircheninnere): ein einzigartiger Gewinn für Geist und Seele, falls uns nicht die parkenden oder rangierenden Autos alles zerstören. Unten, über den Unteren Kaulberg, tosen sowieso schon ständig die Autos vorüber, obwohl hier schon vor Jahren die Verkehrsberuhigung nach dem Gutachter Stucke geplant und sogar schon einmal beschlossen war; ein „Feriensenat“ hat den Beschluss damals zurückgenommen. Wer ist dafür verantwortlich? Man könnte melancholisch entschlafen, wie so oft. Andreas Reuß |
Die Brautpforte an der Oberen Pfarre, normalerweise umrahmt von Autos und derzeit nur durch einen Bauzaun "geschützt". |
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