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18 Fußballfelder pro Tag sind zu viel | 11.09.2017
Umwelt+Klima, Aktuelles, BA-Thema, Bauen+Denkmal
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Die Grünen machen mobil gegen die überbordende Flächenversiegelung in Bayern. MdL Ludwig Hartmann stellte in Bamberg das Volksbegehren vor, das gerade startet.
In ganz Bayern verschwinden jeden Tag 13 Hektar Land unter Asphalt und Beton, das entspricht einer Fläche von 18 Fußballfeldern pro Tag und jährlich einer Fläche so groß wie der Ammersee. Die ungebremste Versiegelung und Verdichtung des Bodens zerstört die natürlichen Lebensgrundlagen. Am Freitag, den 1. September 2017, veranschaulichte Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im bayerischen Landtag, die Folgen dieses ungezügelten Flächenverbrauchs und warb eindringlich für das neue Volksbegehren gegen den Flächenfraß, das am 8. September 2017 startete und dessen Sprecher Ludwig Hartmann ist. Die Konkurrenz zwischen den Kommunen hat ein Preisdumping zum Beispiel bei Mieten für Gewerbegebiete zur Folge, so der Fraktionsvorsitzende der bayerischen Landtagsgrünen. Die Konsequenz ist ein maßloses Zubetonieren von Ackerfläche und Waldgebieten, die für neue Gewerbegebiete weichen müssen, wie Ludwig Hartmann darlegte. Führe dann eine neue Umgehungsstraße zum Discounter auf der (vormals) grünen Wiese, schließe wenig später der Metzger in der Ortsmitte. Menschen ohne Auto, z.B. ältere, nicht mobile Menschen, sind dann von der Versorgung abgeschnitten. Am Stadtrand werde großflächig gebaut, meist eingeschossig und mit riesigen Parkplätzen. Umgekehrt wachsen in der Ortsmitte die Leerstände und die Innenstädte veröden. Kommt aber die regionale Versorgung zum Erliegen, ist dies auch ein Problem für die ortsansässigen Bauern, die bis dahin den Metzger mit Fleisch aus ihren eigenen Betrieben versorgt haben. Mittlerweile werden laut dem Fraktionsvorsitzenden der bayerischen Grünen bereits Flächen versiegelt, für die es noch gar keine Käufer gebe – und das obwohl in Bayern noch 11.800 Hektar freie Gewerbegebiete zur Verfügung stehen. In der Folge geht die landwirtschaftliche Fläche dramatisch zurück. Im Gegenzug steigt die Entschädigung der Landwirte, die ihre Flächen für Gewerbegebiete verkaufen, rasant. So wurden in Landsberg bis zu 150€ pro Quadratmeter gezahlt. Werden dann auf diese Flächen Einfamilienhäuser gebaut, sind diese kaum bezahlbar. Nicht selten siedeln auch Logistikunternehmen an. Doch entstehen damit nicht automatisch neue Arbeitsplätze, weil bei diesen Unternehmen vor allem Fahrer tätig sind, die nicht in den umliegenden Gemeinden wohnen. Ökologisch ist die Flächenversiegelung, so Ludwig Hartmann, eine Vernichtung von Lebensraum. Jede zweite Tier- und Pflanzenart stirbt aus, damit reißt die Nahrungskette immer öfter. Außerdem wächst die Hochwassergefahr. So musste zum Beispiel in Landsberg ein zusätzlicher Stichkanal gebaut werden, um das Oberflächenwasser aufzunehmen, das nach der Versiegelung der Böden nicht mehr ablaufen konnte. Das bedeutete zusätzliche Kosten für die Stadt. So genannte Ausgleichsflächen anzulegen, ist auch nicht unbedingt eine Lösung, wie der Grünen-Politiker darlegte. Um Landsberg wurden 20 Quadratmeter Wald als Ausgleichsfläche angepflanzt. Die jungen Pflanzen mussten lange aufwendig gegossen werden, bis die Bäume tief genug wurzelten, um selbst hinreichend Wasser aus dem Boden zu ziehen. Das alles ist mit hohen Kosten verbunden. Außerdem kann nicht beliebig neuer Wald angelegt werden, weil die zuvor landwirtschaftlich genutzten Flächen oft überdüngt sind. Eine Lösung, um den Flächenfraß zu begrenzen, ist aber nur landesweit möglich, so der Fraktionsvorsitzende der bayerischen Grünen. Die Bundesregierung will mithilfe der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie den Flächenverbrauch bis 2030, also innerhalb der nächsten drei Jahre, auf 30 ha pro Tag verringern. Dem bayerischen Anteil entsprechen davon 4,7 Hektar. Deshalb starten die Grünen, die ÖDP und die Bauernorganisation AbL (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.) in Bayern am Freitag, den 8. September 2017, ein Volksbegehren gegen den Flächenfraß, um eine gesetzlich verankerte Grenze von 5 Hektar versiegelter Fläche pro Tag bayernweit durchzusetzen. Ludwig Hartmann sieht das Volksbegehren als sehr wirkungsvolles Instrument an, denn: „Was in Bayern über ein Volksbegehren entschieden wurde, ist wie in Stein gemeißelt.“ Eine solche Grenze zwingt Städte und Kommunen zur (Re-)Aktivierung bereits bestehender, aber ungenutzter Gewerbeflächen – vor Ort und in den Innenstädten. Das macht aber auch ein Umdenken in der Planung von Wohnungsbebauung notwendig: Statt aufwendiger Einfamilienhäuser, die bald unerschwinglich sind, ist dann eine vier- bis fünfgeschossige Bauweise angesagt mit ggf. gemeinschaftlich genutzten Grünflächen. 25.000 Unterschriften sind für das Volksbegehren „Flächenfraß stoppen“ notwendig, fünfhundert davon sollen aus Bamberg kommen, so Jonas Glüsenkamp, Vorstandsmitglied der Bamberger Grünen. Im Anschluss an die Präsentation von Ludwig Hartmann referierte Ursula Sowa noch über die vom Stadtrat angestrebte Abholzung und Versiegelung des Muna-Geländes in Bamberg. Ehemals Schießübungsplatz der amerikanischen Soldaten, hat sich dort im Laufe der Jahre ein kostbares Biotop entwickelt, das jetzt der Ansiedlung beispielsweise von Logistik-Unternehmen geopfert werden soll. Dagegen wird die GAL kämpfen, so die Bamberger Stadträtin. Zu Beginn der Veranstaltung wies Lisa Badum, Direktkandidatin der Grünen für Bamberg Stadt und Land sowie Forchheim darauf hin, dass "wir nur ein Bayern haben. Wenn Wald, Wiese und Äcker einmal alle versiegelt sind, dann ist es zu spät für unsere Lebensgrundlagen. Deshalb ist es wichtig, bei der Bundestagswahl am 24. September die Grünen zu wählen, da nur sie für echten Klimaschutz stehen", so Badum.
Die Homepage zum Volksbegehren, mit allen Unterstützer*innen, Unterschriftenlisten zum Download usw.: http://betonflut-eindaemmen.de
Nähere Informationen zum Volksbegehren gegen den Flächenfraß: http://www.sueddeutsche.de/bayern/naturschutz-volksbegehren-gegen-flaechenfrass-startet-1.3656622 und http://www.br.de/nachrichten/volksbegehren-flaechenverbrauch-gruene-100.html
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MdL Ludwig Hartmann GAL-Stadträtin Ursula Sowa Ludwig Hartmann mit der Bamberger Direktkandidatin für den Bundestag, Lisa Badum |
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