BAmberger Thema

Der Unterschied von "Angekommen" und "Angekommen" 9.10.2014
Soziales, Aktuelles, BA-Thema
Die GAL zeigte beim ihrem Filmmittwoch im Rahmen der Interkulturellen Wochen einen Film von jungen Flüchtlingen, die als Filmemacher die Erfahrungen von älteren Flüchtlingen Revue passieren lassen.

Auf riesiges Interesse stieß der Grüne Filmmittwoch, der sich des Themas Asyl  angenommen hatte: Jeder Kinosessel im Lichtspiel war besetzt – zusätzlich mussten Kissen und Stühle organisiert werden. Gezeigt wurde von der GAL ein 20-minütiger Kurzfilm, von jugendlichen Flüchtlingen gedreht, ein Projekt des UNHCR und des Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e.V. (BUMF).

In dem Film interviewen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, im Behördenjargon „UMF“ genannt, ehemalige Asylsuchende, die inzwischen in Deutschland wirklich „angekommen“ sind, worauf sich auch der Titel des Films bezieht. Deren Erfahrungsrückblicke spiegeln das wieder, was heutige Flüchtlinge in Deutschland durchmachen, auf welche Hindernisse sie stoßen, was sie lernen müssen und was sie erstaunt - all das was zwischen dem einen Ankommen und dem anderen Ankommen liegt.

Zwei der in dem Film Mitwirkenden waren im Anschluss Teil der Diskussionsrunde, bei der Moderator Harald Rink zahlreiche Fragen aus dem Publikum entgegennahm. Anschaulich schilderte Ivona aus Bosnien ihre Ankunft in Deutschland als sie in den 90er Jahren während der Jugoslawien-Kriege 15-jährig und ohne Eltern hierher floh. Sie habe sich damals allem verweigert, nicht einmal Deutsch lernen wollen und nur darauf gewartet, nach Kriegsende wieder nach Hause zurückzukehren. „Ich hatte eine Wut auf alles, auf mein Heimatland, wo Krieg war, auf Deutschland, auf meinen Vater, der tot war, und auf meine Mutter, die nicht bei mir war. Ich war stur und trotzig.“ Doch dann stellte sie sich doch dem fremden Land und kann heute in perfektem und bildreichem Deutsch von ihrem Leben erzählen. Sie wurde Erzieherin und leitet heute ein Wohnheim für Jugendliche.

Wie wichtig die deutsche Sprache für ein „Ankommen“ in Deutschland ist, betonte auch Keli aus Togo. Vor seiner Flucht war er Tourismusmanager, mit eigener Sekretärin und Dienstwagen. An seinem deutschen Zufluchtsort musste er vor 20 Jahren ganz neu anfangen. Inzwischen ist er Rentner und froh darüber, dass er hier Hilfe erhielt und dafür seiner neuen Heimat durch seine Arbeit etwas zurückgeben konnte.

Der Film stellte ausschließlich Erfolgsgeschichten von Flüchtlingen dar, die tatsächlich ein „Ankommen“ bewerkstelligten. Die Zuschauer waren davon beeindruckt und gerührt, es führte in der anschließenden Diskussion aber auch zu Kritik. „Es gibt halt auch die anderen Flüchtlinge, die es nicht schaffen, die verzweifeln und alleine gelassen werden.“

Anna Büllesbach erklärte, dieser positive Ansatz sei der ausdrückliche Wunsch der jungen Filmemacher gewesen, die sich einer passiven Opferrolle entledigen und Beispiele geben wollten für die Möglichkeit und Notwendigkeit aktiven Handelns, von Eigenverantwortung und Selbstgestaltung des Lebens.

Wie prekär gerade aktuell die Lebenssituation von Flüchtlingen in Deutschland und konkret auch in Bamberg ist, ging dann aber doch aus der Diskussion mit den anderen Podiumsgästen hervor: Petra Weisgerber von der Initiative „Freund statt fremd“ und den Asylsozialberaterinnen Claudia Atzkern (Caritas) sowie Nursen Ergin und Carola Wieland (AWO).

Während für die sogenannten UMFs, die jungen Flüchtlinge ohne Eltern gut gesorgt würde: Jugendwohnheime mit angemessenem Betreuungspersonal, sehe es für die anderen Asylsuchenden ganz anders aus. Als Beispiel nannte Petra Weisgerber die neue Unterkunft in ehemaligen amerikanischen Wohnhäusern in der Geisfelderstraße. „Die Zimmer haben so gut wie keine Türen. Eine Familie bewohnt praktisch die Küche, von der sie sich durch Schränke notdürftig abgrenzt. Zwei andere teilen sich ein großes Zimmer ohne Tür dazwischen. Insgesamt 10 Leute auf 75 Quadratmetern. Und das bei drei Nationen und drei Religionen. Hier ist Stress vorprogrammiert.“

Auf die Frage nach Unterstützungsmöglichkeiten für Bamberger BürgerInnen antworteten Atzkern und Weisgerber, dass jede Art von Hilfe willkommen sei: Mal mit den Kindern Fußball spielen, Musik machen, sie bei Schularbeiten unterstützen, regelmäßiger Deutschunterricht in Gruppen (wie er von „Freund statt fremd“ organisiert wird), Begleitung bei Arztbesuchen und natürlich Dolmetschertätigkeiten. Wer Interesse hat, kann sich bei den entsprechenden Stellen melden.

sys
Fotos: Florian Reichl

Anklicken, um Mailadresse sichtbar zu machenkontakt[at]freundstattfremd.de
Anklicken, um Mailadresse sichtbar zu machenclaudia-atzkern[at]caritas-bamberg.de
Anklicken, um Mailadresse sichtbar zu machenasylsozialberatung[at]awo-bamberg.de

 

Der Film "Angekommen" auf youtube:http://www.youtube.com/watch?v=B3C8_Y9LBTE

Begleitheft zum Film: http://www.uno-fluechtlingshilfe.de/fileadmin/redaktion/PDF/Schulen/Angekommen_Begleitheft.pdf

 

 


Podiumsgäste von links: Carola Wieland, Nursen Ergin, Claudia Atzkern, Petra Weisgerber, Keli aus Togo, Anna Büllesbach, Ivona aus Bosnien


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