BAmberger Thema

Meinungsfreiheit?
Am Bamberger Bahnhof nur unter Aufsicht!
6.08.2013
Verkehr, Aktuelles, BA-Thema, Andreas Reuß
Beim offiziellen Starttermin für die Petition
für größere Bahnfwaggons mussten sich die
Bamberger Grünen ihr Recht auf Versamm-
lungsfreiheit am Bamberger Bahnhof erst
einmal erkämpfen.

Glosse

 

Fast jeder kennt den Kultfilm „Casablanca“. Rick steht auf einem Bahnsteig in Paris, es herrscht großes Durcheinander, viele wollen im letzten Augenblick vor der herannahenden deutschen Wehrmacht flüchten. Hunderte verabschieden sich und machen Fotos. Auch Rick wartet am Zug auf Elsa. Aber sie kommt nicht. Stattdessen bringt ihm jemand einen Zettel mit der Aufschrift: „Sie haben die Hausordnung nicht gelesen. Darin steht: Das Bahnhofsgelände ist Privatbesitz und so eine Aktion müssen Sie sich erst vorher genehmigen lassen.“

Ganz so war es bekanntlich nicht.

 

Aber fast genau so war es am 31.7.2013 am Bamberger Bahnhof. Grüne Landtags- und BundestagskandidatInnen sowie andere Parteimitglieder wollten sich mal die Züge anschauen und hatten eine Petition dabei. Die konnte man unterschreiben und damit den Landtag bitten, sich für größere Waggons einzusetzen. Das sollte auf einem Foto festgehalten werden, auch von Pressefotografen.

Als wir kamen, bemerkten wir schon eine ungewöhnliche Polizeipräsenz im Bahnbereich, auch größere Gruppen des Sicherheitsdienstes patrouillierten genau an dem Bahnsteig, den wir vereinbart hatten.

Als wir Aufstellung genommen hatten, wurden wir zur Bahnverwaltung bestellt. „Wo ist Ihre Genehmigung?“ wurden wir gefragt. Wir hatten keine. Das stünde aber in der Hausordnung – hier. Einer las die kleine, hingereichte Hausordnung, fand die Passage aber nicht. „Moment“ – die Bahnhofsverwalterin ging in ihr Büro und brachte die ausführliche Fassung. Ganz offensichtlich war unsere „Aktion“ schon lang vorher ruchbar geworden!

Wenn jemand also am Bahnhof fotografieren und auch eine Meinung äußern will, vielleicht beim Abschied noch eine Karte unterschreiben will, muss er oder sie erst die Langfassung der Hausordnung lesen. Auch für jede sonstige „Aktion“ am Bahnhof. Die muss man sich vorher genehmigen lassen. Gehört ein Abschiedskuss auch dazu und ein zärtlich gesprochenes „Schau mir in die Augen, Kleines“? Das sagte Rick zu Elsa sogar an einem Flughafen! Bevor er dann den Nazi-Major Strasser erschoss. Ohne Genehmigung.

Als Bürger und Mandatsträger, der recht und billig denkt, dachte ich immer, inzwischen gelte das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, in dem es in einem der ersten Artikel heißt: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“ So der Artikel 5. Ist der Bamberger Bahnhof ist etwa davon ausgenommen?

Als nur „quasi-öffentlicher“ Raum können sie dort ihre Hausordnung erlassen, teilte mir mein Anwalt mit. Leute mit Kameras überwachen. Durch einen Sicherheitsdienst kontrollieren. Das könnten sie auch auf dem Bahnhofsvorplatz, auf dem ZOB (Busbahnhof), in Kaufhauspassagen, auf der Unteen Brücke (die sie sogar räumen lassen), an Flughäfen und an vielen, vielen anderen quasi-öffentlichen Anlagen

Aber die Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit kann man dann doch nicht so einfach ganz unterbinden. Das zeigt schon ein Öffnet externen Link in neuem FensterUrteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22.2.2011, eine Demonstration beim Frankfurter Flughafen betreffend. Vielleicht hatte das die Bahnhofsvorsteherin zweieinhalb Jahre später ja dann doch noch so vage im Kopf. Jedenfalls ließ man uns letztendlich gewähren - freilich nur in Begleitung und unter strengster Aufsicht. Tja, spiel's nochmal, Sam!

Andreas Reuß

 

 


Politische Aktion unter Beaufsichtigung der DB-Sicherheit


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