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Kreiswehrersatzamt als Bürger-Rathaus – mit Vorbehalt 24.06.2015
Finanzen, Aktuelles, BA-Thema
Der 60er-Jahre-Bau beim ZOB könnte das neue Rathaus werden. Einen Blanko-Scheck dafür hat der OB aber nicht bekommen. Einstimmig forderte der Stadtrat ein ordentliches Konzept, das die Verwaltung nicht vorlegte, obwohl sie ein Jahr Zeit dafür gehabt hätte.

Hintergrund

Es hat System, was die Stadtverwaltung mit OB Starke an der Spitze regelmäßig abzieht: Eine Entscheidung wird durchgeboxt, die nötige Zustimmung des Stadtrats „erzwungen“, indem unausweichlicher Zeitdruck aufgebaut wird, so dass faktisch keine andere Wahl bleibt.

So geschehen, wenn auch nur halb gelungen, in der jüngsten gemeinsamen Sitzung von Finanzsenat und Personalsenat. Zur Entscheidung stand der Kauf des ehemaligen Kreiswehrersatzamts, ein 60er-Jahre Bau an der Ecke Franz-Ludwig-/Willy-Lessing-Straße.

Der Gedanke, dort ein Bürger-Rathaus vor allem für die Stadtverwaltung mit sozialen Aufgaben einzurichten, schwirrt bereits seit Jahren in Bamberg herum. Auch Ursula Sowa als OB-Kandidatin der GAL hat diese Vision mit aller Vorsicht vertreten. Die Idee ist aufgrund der Lage des Gebäudes, in dem zahlreiche Ämter bürgerfreundlich zusammengeführt werden könnten, sehr attraktiv, und findet ausnahmslos bei allen Fraktionen Unterstützung. Nun wurde die Idee spruchreif, denn die BImA als Eignerin des Ex-Bundeswehr-Baus bot die Immobilie der Stadt zum Kauf an, aufgrund des Erstzugriffsrechts für Kommunen. Letzteres ist aber zeitlich befristet, auf ein Jahr.

Der Stadtrat erteilte der Verwaltung also schon 2014 den Auftrag, einen Kaufpreis auszuhandeln und ein Konzept zu erarbeiten, sowohl zur Finanzierung als auch zur Nutzung des Gebäudes (also Umzug von Ämtern ins neue Haus respektive Weiternutzung bzw.  -verwertung der dadurch frei werdenden Häuser). Ein Jahr war Zeit dafür.

Aber erst jetzt, sieben Tage vor Ablauf der Frist, setzte der OB die Entscheidung auf die Tagesordnung des Stadtrats. Und nicht nur das, er lieferte genau die nötigen und beauftragten Informationen nicht. Der Stadtrat sollte zwar entscheiden, die Immobilie für 2,25 Mio Euro zu kaufen und mit (geschätzten) 8 Mio Sanierungskosten zum Bürger-Rathaus umzubauen, über die Folgekosten für den weiteren Betrieb des Hauses gab es aber keine Aussagen und Zahlen. Ebenso wenig wie Angaben bzw. Konzepte für die Häuser, aus denen Ämter ausziehen sollen. Ein Jahr „Bearbeitung im Rathaus“ und keinerlei entscheidungsreife Grundlage. Stattdessen der Verweis auf die „einmalige Gelegenheit“ des Kaufs und die ablaufende Frist.

Darüber entrüstete sich die GAL und verurteilte das System „Pistole auf die Brust der StadträtInnen“ aufs Schärfste. In einem Appell und mit einer akribischen Auflistung der mit der Entscheidung verbundenen Risiken wandte sich GAL-Finanzsenatssprecher Peter Gack kurz vor der entscheidenden Sitzung mit einer Mail noch einmal an die KollegInnen aller Fraktionen und appellierte an die Vernunft.

In der Sitzung kritisierte auch die „GroKo“ aus CSU, SPD & Co. die mangelnden Informationen und ließ ihren eigenen Oberbürgermeister auflaufen. Die Verwaltungsvorlage für den Beschluss, die geradezu einen Blanko-Scheck für alle denkbaren Rathauspläne enthielt, wurde am Ende nicht einmal mehr abgestimmt, stattdessen fand ein GroKo-Antrag einhellige Zustimmung, auch die der GAL.

Nun wird zwar der Kauf für 2,25 Mio Euro getätigt – der tatsächlich eine bestechend attraktive Gelegenheit für ein Bürger-Rathaus bietet und den sich niemand gerne entgehen lassen wollte. Die von der Stadtverwaltung vorgesehene Ämter-Rochade ist damit allerdings noch nicht beschlossen bzw. soll neu konzipiert und vor allem durchgerechnet werden. Der Beschluss hält außerdem offen – und das war für die GAL ausschlaggebend –, dass im Falle allzu hoher laufender Kosten für den Verwaltungshaushalt von dem Projekt „Bürger-Rathaus“ auch wieder Abstand genommen werden könnte.
Im Rathaus muss nun also erst einmal nachgearbeitet werden. Gut, dass diesmal der Stadtrat sich nicht so einfach hat über den Tisch ziehen lassen.

sys


Kreiswehrersatzamt vom ZOB aus

Mögliche Ämter-Rochade der Bamberger Stadtverwaltung bei einem neuen Bürger-Rathaus am ZOB.


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