Aktuell
Verkehrlich und sozial im Abseits | 3.11.2011
Kultur, Aktuelles, Verkehr, Soziales, BA-Thema, Bildung+Schule
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Die Musikschule soll auf den Michelsberg verlegt werden. Keine so gute Idee ...
Will sich da der Kulturreferent Werner Hipelius in den letzten Jahren seiner Amtszeit, deren Weg nicht gerade von kulturpolitischen Meilensteinen gesäumt war, noch schnell ein Denkmal setzen? Ziemlich überhastet und brachial wirkt der geradezu zementiert erscheinende Verwaltungsvorschlag, die städtische Musikschule auf den Michelsberg zu verlegen. Dass die zusammen mit der Gangolfschule genutzten Räume in der Luitpoldstraße zunehmend von der Volksschule selbst beansprucht werden (weil diese mit zunehmendem Ganztagsangebot auch nachmittags gebraucht werden), ist schon länger bekannt. Beratungen über die Suche nach Ersatz fanden aber offenbar nur verwaltungsintern statt – Bürgermeister Hipelius wollte seine „Premium-Lösung“ wohl aus dem höchsteigenen Ärmel schütteln und medienwirksam präsentieren. Das tat er denn auch. Im Kultursenat und bei einem Pressetermin wurde das Projekt „Musikschule in der ehemaligen Probstei auf dem Michelsberg“ vorgestellt. Doch nun haben wir statt einer Premium- eher eine suboptimale Lösung vor der Nase, um’s mal gutmütig auszudrücken. Im Gegensatz zur Luitpoldstraße ist der Michelsberg weit weniger gut zu erreichen, auch wenn die Linie 910 dort mehrmals die Stunde hält. Auch fahrradtechnisch ist das Berggebiet nicht gerade 1a-Lage. Eine Musikschule verursacht aber zwangsläufig regen Publikumsverkehr. Folge: Die Verkehrsbelastung mit MIV (motorisiertem Individualverkehr) wird zunehmen – das „Mama-oder-Papa-Taxi“ wird weit mehr Zubringerdienste zum Flöten- oder Klavier-Unterricht übernehmen als jetzt. Doch noch schiefer ist die Lage aus sozialer Sicht: Ziel einer bezuschussten städtischen Musikschule ist, auch Kinder aus Familien zu unterrichten, bei denen Musiknoten nicht schon mit in die Wiege gelegt werden. Eine solche Einrichtung soll Kultur auch für die so genannten bildungsfernen Schichten öffnen und zugänglich machen. Diese dann aber ausgerechnet in den Stadtteil zu verlegen, wo die Wohndichte von Symphoniker-Familien und vermögendem Bildungsbürgertum ohnehin schon am höchsten ausfällt, ist kontraproduktiv und geht an jeglicher sozialer Zielsetzung vorbei. Ganz klar wurden in der Sitzung noch nicht einmal die Kosten: Um stattliche 145.000 Euro jährlich muss das Budget der Musikschule (derzeit ca. 800.000 Euro) aufgestockt werden – für 20 Jahre, so der Sitzungsvortrag – und dann? Alternativen wurden den Kultursenatsmitgliedern nicht vorgelegt – keine Beratung darüber, wo es eventuell noch geeignete Gebäude für die Musikschule geben könnte. Der Vorschlag von GAL-Stadträtin Ursula Sowa, die Pestalozzi-Schule in Bamberg-Ost als Standort zu überprüfen, wurde achtlos vom Referententisch gewischt – es fehlt in der Stadtverwaltung ganz offenbar der Wille, sich noch mal gründlich Gedanken zu machen. Jetzt müssen sich immerhin noch Verkehrssenat, Finanzsenat und schließlich der gesamte Stadtrat mit dem Thema beschäftigen. Musikschule am Michelsberg - ein mit schneller Nadel gestricktes Denkmal für den Kulturreferenten. Bürgermeister Hipelius mag sich mit diesem trüben Glanz zufrieden geben. Bambergs BürgerInnen mit einem hoffentlich sozialen Kulturverständnis sollten es nicht tun. sys |
Bürgermeister Hipelius & Co. präsentieren bei einem Pressetermin "ihre" neue Musikschule in der ehemaligen Probstei auf dem Michelsberg. |
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