BAmberger Thema
Stadt will keine Versicherungskarte für Flüchtlinge | 3.06.2016
Soziales, Aktuelles, BA-Thema
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Die Stadt Bamberg wird sich nicht dafür stark machen, dass alle Asylsuchenden eine elektronische Gesundheitskarte erhalten. Die Mehrheit im Stadtrat lehnte einen entsprechenden Antrag der GAL ab.
Bericht aus dem Familiensenat In allen Bundesländern ist die Einführung einer eGK Thema. Laut einer Erhebung der Bertelsmann-Stiftung vom Februar 2016 haben fünf Bundesländer das Plastik-Kärtchen bereits eingeführt (Bremen schon seit 2005), weitere fünf wollen dies noch im ersten Halbjahr 2016 tun, vier planen die Einführung, nur Sachsen und Bayern lehnen die Karte ab. Dem schließt sich die Stadt Bamberg nun widerstandslos an. Die GAL hatte beantragt, die Stadt Bamberg solle gegenüber der Staatsregierung klar machen, dass von ihrem kommunalen Standpunkt aus eine Einführung gewünscht ist. Ebenso sollte der Oberbürgermeister sich im Rahmen des Bayerischen Städtetags dafür einsetzen. Nichts davon wird stattfinden. Die Mehrheit im Familiensenat stimmte auf Vorschlag der Verwaltung dagegen. Dabei spielten die Vor- und Nachteile einer Gesundheitskarte nicht mal mehr eine Rolle. Nachdem sich die bayerische Staatsregierung dagegen ausgesprochen hatte, bezeichnete die Verwaltung einen Appell der Stadt als „obsolet“. Und beim bayerischen Städtetag wollte man sich ebenfalls nicht dafür stark machen, obwohl dort die Positionsfindung noch läuft. Im Gegenteil schickte die Stadtverwaltung einen Brief an das Gremium in München, in dem vordergründig zwar nach der Meinung des Städtetags gefragt wird, man gleichzeitig aber kritische Mitteilungen des Städtetags Rheinland-Pfalz und des Städte- und Gemeindebundes in Kopie mitschickte und auf den bayerischen Landkreistag verwies, der „dem Vernehmen nach“ von einer Ablehnung in Bayern ausgehe. Bamberg setzt sich damit gezielt an die bayerische Spitze rückwärtsgewandter Flüchtlingspolitik.
Hintergrund: Der Erhalt der elektronischen Gesundheitskarte bedeutet für Asylsuchende noch keinen Status wie bei einer echten Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die entstehenden Behandlungskosten gehen nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft, sondern werden von der Krankenversicherung nur verwaltet und in voller Höhe vom Sozialamt erstattet, plus einer Verwaltungskostenpauschale. Es bestehen auch Leistungseinschränkungen, insbesondere bei der Langzeitpsychotherapie und bei Rehabilitationsmaßnahmen. Für die öffentliche Hand hat die eGK auch finanzielle Vorteile, wie eine Studie belegt, die sich auf Daten des Statistischen Bundesamts aus den Jahren 1994 bis 2013 stützt. „Wenn Asylsuchende ohne bürokratische Hürden und ohne Leistungseinschränkungen Regelversorger wie Allgemein-, Haus- und Kinderärzte aufsuchen dürfen, sind die Gesundheitsausgaben niedriger. Unter den Bedingungen eines gleichen Zugangs für alle Asylsuchenden hätten die Gesamtausgaben für die medizinische Versorgung der vergangenen 20 Jahre um circa 22 Prozent gesenkt werden können.“ (zitiert aus „Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge“, Marcus Wächter-Raquet, Bertelmann-Stiftung, Februar 2016)
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