BAmberger Thema

"Mehr Geld für Bildung und Soziales
anstatt Geld für Teer und Beton."
19.12.2011
Finanzen, Aktuelles, BA-Thema, Wolfgang Grader, OB-Wahl
Die Haushaltsrede der GAL für 2012,
von Wolfgang Grader, stellvertretender
Fraktionsvorsitzender und OB-Kandidat


GAL-Haushaltsrede für den Haushalt 2012
von Wolfgang Grader, Stellv. Vorsitzender der GAL-Fraktion,
gehalten am 14. Dezember 2011



Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrter Herr Bürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren!


Wir sind an einem Wendepunkt angelangt. Dezember 2011 wäre der richtige Zeitpunkt - Sie wissen schon warum -, 6 Jahre zurückzuschauen und eine Vorschau für die kommenden 6, nein 8 Jahre zu geben: Wie hat sich die Stadt finanzpolitisch entwickelt und wo wird die Reise hingehen? Und vor allem, wie würde eine grüne haushaltspolitische Perspektive aussehen, die die Bürgerinnen und Bürger der Stadt erwarten können?

Denn in den vergangenen Jahren wurden in Bamberg zwar viele Baustellen aufgemacht, allerdings ohne wirklich einen roten Faden bezüglich einer nachhaltigen Stadtentwicklung zu sehen (es könnte sich auch um einen orangen Faden handeln).

Die Baustellen erinnern mehr an Leuchttürme, die nach außen viel her machen, letztendlich der Stadt aber sehr viel Geld kosten, nicht nur in der einmaligen Investition, sondern auch in den Folgekosten. Die Vision einer nachhaltigen, sozialen und ökologischen Stadtentwicklung ist nicht zu erkennen. Ganz im Gegenteil: Nach außen hin werden große Verlautbarungen getroffen, z. B. Klima-Allianz, fahrradfreundliches Bamberg, Regionalkampagne, Runder Tisch Integration usw., aber in der praktischen politischen Umsetzung führen diese Verlautbarungen zu keinen oder nur wenig Konsequenzen in der Umsetzung.

Positiv möchte ich auf alle Fälle hervorheben: die Sanierung der ERBA-Insel und somit die Erschließung eines neuen Ortsteils in Gaustadt und auch die stete Vorantreibung des Ausbaus der KiTas und KiGas.

Was Bamberg in den kommenden Jahren nun dringend braucht, sind Investitionen in die soziale und ökologische Zukunft der Stadt. Mehr Geld für Bildung und Soziales anstatt Geld für Teer und Beton. Denn nur so können wir den Herausforderungen des wirtschaftlichen und demografischen Wandels gewachsen sein. Das muss noch viel stärker in den Köpfen des Stadtrates und der Verwaltungsspitze verankert werden. Hier muss ein Bewusstseinswandel stattfinden, denn eines muss auch klar sein, dass viele finanzpolitische Entscheidungen Mehrheitsentscheidungen des Stadtrates waren und sind und nicht vom Himmel fallen. Ganz besonders muss es uns aber gelingen, die Bürgerinnen und Bürger viel stärker in diesen Entwicklungsprozess mit einzubeziehen.


Stichwort BÜRGERBETEILGUNG

Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bamberg dürfen sich nicht als Feigenblatt einer Bürgerbeteiligung fühlen. Es seien hier die Auseinandersetzungen um den Wilhelmsplatz, das Mediationsverfahren im Berggebiet oder die Diskussionen um die Unteren Mühlen genannt, die immer, wenn sie auftauchen, mit einem Moratorium wegbügelt werden.

Gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern die Stadt gestalten, eine Meinungsfindung im Konsens zu erreichen, das ist zentraler Angelpunkt einer bürgernahen Politik.

Verabredungen, die in Bürgerbeteiligungsprozessen getroffen wurden, müssen eingehalten und umgesetzt werden. Bürgerengagement stellt eine große Ressource dar und ist zu pflegen, wie ein zartes Pflänzchen. Wenn es genügend Pflege erfährt, kann auch eine gute Ernte eingefahren werden.

Dort wo die Bürger bei Umbaumaßnahmen zur Kasse gebeten werden (Anwendung der Straßenausbaubeitragssatzung) müssen sie frühzeitig in den Planungsprozess mit einbezogen werden, nicht erst dann, wenn schon vollendete Tatsachen geschaffen wurden. Ein Fiasko, wie beim Umbau des Wilhelmplatzes darf es nicht noch einmal geben.

In diesem Sinne verstehe ich auch die lauten Proteste, die aus dem Berggebiet kommen, wenn es um die Musikschule geht. Ein wirklicher Meinungsbildungsprozess hat hier nicht stattgefunden. Das war eine Politik der „vollendeten Tatsachen“ und nicht mehr. Keiner versteht, dass der Haushalt plötzlich jährlich 140.000 € zur Verfügung stellen kann. Da ist auf einmal wieder Geld da, und das für die nächsten 20 Jahre.

Keiner versteht, dass die Teilnehmer des Mediationsverfahrens nicht berücksichtigt worden sind. Wenn die Stadt Bamberg überzeugende Argumente hat, dann hätten sie auch gewirkt. Mit einem Musikschul-Kombi-Ticket versuchten wir als GAL zumindest noch das Schlimmste zu verhindern.

Stichwort: KLIMA und ÖKOLOGIE

Schon in der vergangenen Stadtratsperiode setzten wir mit unserem großen Klima-Antrag 2035 ein wichtiges Signal für Bamberg. Die Stadt wacht nun klimapolitisch langsam auf. Und das ist mehr als notwendig. In den kommenden 10 Jahren müssen die entscheidenden Leitplanken für die Umsetzung der Klimaziele 2035 (Energie-Autarkie) gesetzt werden, und das muss im Haushalt erkennbar sein. Das Ziel, bis 2035 energieautark, bzw. CO2-frei in Stadt und Landkreis Bamberg zu sein, erfordert weitaus mehr Anstrengungen als bisher. Die Stadtwerke müssen sich vom Stromhändler  zum Stromproduzenten mit einer Vielzahl von Anlagen aus erneuerbaren Energien entwickeln. Was war das immer für ein Kampf gegen Windmühlen um Windmühlen. Doch scheint nun Bewegung in die Sache gekommen zu sein. Die Stadtwerke haben ihr Budget zur Produktion erneuerbarer Energien von den ursprünglich kleinlichen 500.000 €, wie noch 2011 vorgesehen, auf 3 Millionen aufgestockt.  Dem Bohren dicker Bretter, das mein Stadtratskollege Peter Gack in den Aufsichtsratssitzungen mit seinen Anträgen durchgeführt hat, ist nun ein kleiner Erfolg beschieden.

Auch die Zweckbindung der 2 Millionen, die die Stadtwerke der Stadt Bamberg überweist, nur für die energetische Sanierung der Schulen auszugeben, ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Mit einer grünen Haushaltshandschrift kämen wir dem Klima-Ziel 2035 um einiges schneller voran, denn hier liegt die Zukunft Bambergs.

Noch verschleudert die Stadt Bamberg ihr Tafelsilber, indem sie die Rückzahlung des Trägerdarlehens nicht in die Schuldentilgung steckt, sondern in den normalen Haushalt fließen lässt. Dieses Jahr sind es über 5 Millionen, die zweckentfremdet werden. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, denn die Rückflüsse werden bald versiegen, dem Haushalt somit fehlen, die Schulden mit ihren Zinsleistungen jedoch bleiben. Diese Haushaltspolitik der vergangenen Jahre werden wir noch zu spüren bekommen.

Stichwort: SCHULE

In den kommenden 10 Jahren müsste ein bildungspolitischer Ruck durch die Stadt Bamberg gehen. Die Sanierung der Schulen müsste DAS Projekt der Stadt Bamberg sein: energetisch auf hohem Niveau und ausstattungstechnisch top und auf Ganztagsniveau gerüstet. Bis jetzt wurden die Schulen sträflichst vernachlässigt, ja der Bürgermeister sprach von einem Jahrhundertprojekt. Brücken, Straßen und Großbauten schluckten bisher das Geld, die Schüler haben es nicht verdient, als arme Schlucker herumzulaufen. Das kommende Jahrzehnt gehört ihnen. Ein Haushalt mit grünem Faden wäre daher anders gestrickt als dieser Haushaltsvoranschlag.

Stichwort: SOZIALES

In den kommenden 10 Jahren müsste eine Sozialpolitik für die Menschen gesetzt und nicht verwaltet werden. Die städtischen Räumlichkeiten im Schloss Geyerswörth, die den Senioren zugeteilt wurden, geben ihnen einen Stellenwert, der ihnen nicht gebührt: schwer erreichbar und nicht zentral. Wir hätten das geplante und noch sehr unausgereifte Welterbezentrum hintan gestellt und endlich die Räumlichkeiten für die Senioren geschaffen, die ihnen zustehen.

Der OB muss Speerspitze für das Soziale in der Stadt sein und diese Angelegenheit zur „Chefsache“ erklären. Ein wahrer Erfolg zeigt sich nicht in der Umsetzung von Großprojekten, sondern gerade in den Projekten, die Menschen betreffen, die nicht immer die Chance haben sich lautstark zu artikulieren, Initiativen zu gründen und eine Lobby hinter sich zu haben.

Es ist ein finanzpolitisches Armutszeugnis, dass es nicht geschafft wird, in dem jetzigen Haushalt, so von uns gefordert, Geld einzustellen, um ein von der GAL initiiertes Kultur-Sozial-Ticket auf dem Weg zu schicken. Jeder soll am kulturellen Leben Bambergs teilhaben können und keine Ausgrenzung erfahren. Ein Kultur-Sozial-Ticket, wie in vielen Städten schon selbstverständlich, erleichtert die Teilhabe wesentlich. Dies kann nur gelingen, wenn von oberster Stelle eine politische Entscheidung, gemeinsam mit dem Stadtrat, kommt.

Wir erwarten in sehr naher Zukunft mindestens 150 neue Asylbewerber in Bamberg. Ohne Betreuung geht es nicht, erst dann entstehen ja Probleme, die wir unbedingt vermeiden wollen. Wie kann man dann, wohlwissend ob dieser Sachlage, kein Geld für einen Sozialarbeiter bereitstellen. Es geht nicht darum, dass wir Grüne diesen beantragt haben, sondern, wenn man sich schon als Stadt offen für diese Menschen in Not zeigt und dies auch in der Presse kundtut, dann, wenn es ums Geld geht, kneift und auf das Land verweist. Worte sind immer leichter als Taten.

Kann man von einem sozial gerechten Haushalt sprechen, wenn man im Budgetentwurf für 2012 keine neue Festsetzung der Angemessenheitsgrenzen für die Kosten der Unterkunft und Heizung einplant, wohlwissend, dass in der Stadt Bamberg die Auszahlung nicht mehr gesetzeskonform ist? Für die Heizkosten konnten wir mit Hilfe unseres Antrags noch nachbessern, bei den Kosten der Unterkunft lässt sich die Stadt noch Zeit. Taten kosten eben Geld.

Die Stadtspitze muss auch Starke Speerspitze für das Projekt „Soziale Stadt“ sein, einer G`raden Speerspitze würde das gelingen.  Es ist keine soziale Politik, wenn ich eine Trainingshalle für die Basketballer mit Hilfe der Soziale-Stadt-Fördermittel errichten möchte, die woanders dann fehlen werden. Das mit dem Mäntelchen der Jugendförderung zu verkaufen ist schon sehr gewagt. Kann man da nicht gleich sagen, um was es geht und das Kind beim Namen nennen? Man kann doch über alles sprechen.

Stichwort: HAUSHALT

Der Abzug der amerikanischen Soldaten wird immer wahrscheinlicher. Deshalb ist jetzt eine fachlich und städtebaulich hochkarätige Gruppe einzusetzen, die das Konversionsgebiet konzeptionell überplant, um rechtzeitig bei den kommenden Verhandlungen mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BimA) gerüstet zu sein. Ein neuer Stadtteil (green social city - klimafreundlich – familienfreundlich - sozial) könnte hier entstehen. Aber all dies spiegelt sich noch nicht im Haushalt wieder. Immerhin wurde der Finanzposten zur Konversion auf 35.000 € erhöht, aber erst bei den diesjährigen Haushaltsberatungen.

Der Stadtrat wurde bei den diesjährigen Haushaltsberatungen von der Stadtspitze regelrecht beschenkt. Sie hören richtig. Zusätzliche Mittel für eine Straßensanierung wurden auf Antrag der Fraktionen schnell frei gegeben und so hatte man 600.000 € Deckungsvorschlag zur Verfügung. Das war doch ein Geldsegen um die Finanzseelen der Stadträte zu befriedigen. Man meint, es stünden Wahlen vor der Tür. So konnten alle Fraktionen Finanzanträge durchbringen und sich freuen. Fast wie Weihnachten.

Natürlich haben wir als GAL die Situation auch genutzt, und haben vor allem unsere sozialen Anträge zum Verwaltungshaushalt durchgebracht. Die Haushaltsberatungen verliefen konstruktiv in neu erlebtem Ausmaß. Aber ich finde es beschämend, dass der Haushaltsvorschlag uns immer wieder um Positionen kämpfen lässt, die tatsächlich schon aus Gründen der Zweckmäßigkeit im Haushalt regelmäßig verankert sein sollten. Ich denke da an Zirkus Giovanni, an Chapeau Claque. Wieso müssen alle Jahre diese Positionen als Bittsteller auftauchen? Nur damit wir uns über einen Erfolg freuen dürfen. Wieso kann es nicht selbstverständlich sein, die dringenden Toilettensanierungen in Schulen und öffentlichen WC-Anlagen gleich in den Haushalt einzustellen, bei Straßensanierungen fällt es anscheinend immer noch leichter.

Oder, da retten wir, auch mit viel GAL-Einsatz, zumindest ein Schleusenwärterhäuschen auf der Erba-Insel, dieses konnte sogar mit Gewinn verkauft werden, und die gewonnene halbe Million € landet wieder nicht im Haushalt, wo wir es dringend nötig hätten, sondern wiederum auf dem Konto der teuersten Landesgartenschau Bayerns.

Wenn die großen Weichen zur Nachhaltigkeit, zur ökologischen sozialen Stadtentwicklung und zur Bildungspolitik gestellt sind, erst dann werden wir dem Haushalt zustimmen können. Mögen einige Posten dieses Haushalts schon gut sein, jedoch gut ist der Feind des besseren, und am besseren werden wir arbeiten, dann wird grüne Politik, dann wird der grüne Faden erkennbar sein.


Dankeschön


Oberste Maxime aller Stadtratsfraktionen ist und muss sein, sich zum Wohle der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger einzusetzen, davon gehen wir aus. Die Wege dazu sind sicherlich verschieden. Wir von der GAL bleiben kritisch und legen sicherlich mal auch die Hand in die Wunde. Jedoch war und ist es uns wichtig, dass wir uns kompetent, konstruktiv und mit unseren grünen Ideen und Visionen einbringen und mit Ihnen gemeinsam gute Lösungen für die Entwicklung der Stadt voranbringen.

Ich möchte mich an dieser Stelle bedanken für die in vielen Fällen nicht nur kontroverse Zusammenarbeit – quer durch die Fraktionen -, und wünsche uns weiterhin eine lebhafte politische Auseinandersetzung, Freude an der Weiterentwicklung Bambergs, ein menschliches ehrliches Miteinander bei Diskussionen, bei Veranstaltungen und Begegnungen.

So bleibt mir noch, den Bambergerinnen und Bambergern, Ihnen Herr Oberbürgermeister Starke, Ihnen Herr Bürgermeister Hipelius, den Referenten, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Stadtverwaltung und städtischen Beteiligungen sowie Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen des Bamberger Stadtrates ein gesegnetes, geruhsames Weihnachtsfest und vor allem ein gesundes neues Jahr zu wünschen.



Ernst Rose pixelio.de


Zur Übersicht: Archiv der Bamberger Themen