BAmberger Thema
ARE II wird auf 4500 Flüchtlinge erweitert | 19.11.2015
Soziales, Aktuelles, BA-Thema, Konversion
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Die Stadt Bamberg folgt Bayerns Weg der Abschreckung und Abschottung in der Flüchtlingspolitik. Man will sich allerdings dafür bezahlen lassen.
Bericht aus der Vollsitzung Weitere 3000 Flüchtlinge werden künftig in Bamberg auf dem Konversionsgelände (Flynn-Area) untergebracht, und zwar in einer erweiterten ARE II, dem bayerischen Sondermodell zur „schnellen Rückführung“ von Menschen mit „geringer Bleibewahrscheinlichkeit“. Dass es darum ging, konnte man der Debatte in der Vollsitzung des Stadtrats anfangs kaum entnehmen. Redner der CSU-Fraktion, Dr. Helmut Müller, ging mit keinem Wort darauf ein, sondern ausschließlich auf die Errungenschaften, die Bamberg von Bayern dafür bekommen soll. Er verlor sich geradezu in Lobes- und Dankeshymnen auf Seehofer und seine Staatsministerinnen, die am Vortag den Bamberger Ältestenrat in der Münchner Staatskanzlei empfangen hatten, um die näheren Details, sprich Zuckerl und Zugeständnisse für die Stadt Bamberg, auszuhandeln. Und von denen zeigte sich Müller nachgerade euphorisch entzückt. Dem schloss sich dann auch sein Nachredner, SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Stieringer an. Begeisterung der beiden darüber, dass die Bundespolizei zu Tausenden nach Bamberg kommt, so viele andere Konversionsflächen von der Stadt gekauft werden könnten (jedenfalls verspricht der Freistaat nun nichts mehr dagegen einzuwenden), vom „medical valley“ war die Rede, dem Digitalen Gründerzentrum, Fördermitteln für sozialen Wohnungsbau und die ehemalige Jugendherberge Wolfsschlucht und von dem großen Vertrauen, das man nun wieder in Zusagen und Versprechungen aus München habe. „Meilenstein“, „geschichtsträchtig“, „historisch“ waren die Attribute, die beide mit der Entscheidung ausdrücklich konnotierten. Dass es um Flüchtlinge und ihre Not und ihre Lebensumstände ging, rief dann erst wieder Ursula Sowa von der GAL in Erinnerung. Sie zählte einige Versprechungen und Versäumnisse auf, die schon jetzt den Betrieb in der bestehenden ARE II (ausgelegt auf 1500 BewohnerInnen) fragwürdig erscheinen lassen, allen voran die Tatsache, dass es nach zwei Monaten noch immer keine Asylsozialberatung oder sonstige soziale Betreuung gebe. (Dazu hat übrigens vor kurzem auch die grüne Landtagsfraktion einen Dringlichkeitsantrag gestellt.) Die bei der Stadtratssitzung anwesende Sozialministerin Emilia Müller versprach, „dass sich das ändern werde“, ließ sich aber auf konkrete Zusagen, sprich Stellenanzahl und Finanzierung, nicht ein. Sowa kritisierte weiter, dass der rechtmäßige Ablauf der Asylverfahren mit Zweifeln behaftet sei, dass eine Kleiderkammer und eine Kinderbetreuung noch immer nicht eröffnet seien, und dass man eine viel zu dichte Belegung plane. Sie befürwortete ausdrücklich eine Unterbringung von Flüchtlingen in den Flynn-Wohnhäusern, „weil die natürlich prächtig geeignet sind“, aber nicht als Fortführung der Sonderform ARE II, sondern als allgemeine Unterkunft. Auch Heinrich Schwimmbeck von der BaLi kritisierte das System „Abschiebelager“ als falsche Asylpolitik. Er lehnte am Ende ebenso wie sieben StadträtInnen der GAL den Punkt des Beschlussvorschlags ab, in dem der Stadtrat der Erweiterung der ARE II zustimmte. Ablehnung auch von Stadträtin Neumann (BBB), die ihre Enttäuschung über nicht eingehaltene Abmachungen der bayrischen Staatsregierung zum Ausdruck gebracht hatte und deshalb ein Noch-Mehr an Flüchtlingen befürchtet. Ansonsten einhellige Zustimmung. Wie genau es mit der ARE II weiter geht, bleibt abzuwarten. Die Zahlen der Flüchtlinge aus den Balkanstaaten ging in den letzten Wochen drastisch zurück. Weitere sichere Herkunftsstaaten, die nach dem Willen der bayerischen Staatsregierung „sichere Herkunftsstaaten“ sind, wären noch Ghana und Senegal, doch dorthin dürfte eine Abschiebung innerhalb weniger Wochen nicht so einfach möglich sein - genau das aber ist Sinn und Zweck der Sonderform ARE. Außerdem sollen künftige auch Menschen ohne gültigen Pass (das sind wiederum zahlreiche Flüchtlinge) und solche, die Asylfolgeanträge stellen, in der ARE unterkommen. Aber gerade bei denen wird es mit umgehender Abschiebung und Schnellverfahren nicht funktionieren. Die Flüchtlingspolitik stochert in Bayern also nicht weniger im Nebel als anderswo. sys
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