BAmberger Thema
Rathaus-Brother ist watching us? | 28.09.2011
Klatsch+Tratsch, Aktuelles, Soziales, BA-Thema, Sylvia Schaible
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Um weitere Verschandelungsattentate auf
die Gedenktafeln am Alten Rathaus zu verhindern, will die Stadt Überwachungs- kameras anbringen. Das wirft Fragen auf – nach Bürgerrechten, Verhältnismäßigkeit und Effektivität. Kommentar Immer wieder diese peinlichen Schlagzeilen: Gedenktafeln beschädigt, beschmiert, zerstört. Dann aufwändige und lästige Reparaturen und eine Weile später dasselbe nochmal und immer wieder. Da kann man aber auch genervt sein. Jetzt muss mal was passieren, sagt sich da der „Ordnungsreferent“ der Stadt Bamberg, Ralf Haupt: Wir müssen eine starke Hand zeigen, das kann man so nicht mehr durchgehen lassen. Videoüberwachung lautet sein Zauberwort – Überwachungskameras sollen am Alten Rathaus montiert werden: So! Der Bösewicht, der sich jetzt überhaupt noch traut, mit Spraydose oder Hammer anzurücken, den kriegen wir aber am Schlafittchen! Tatsächlich? Ob von einer kleinen Kamera irgendwo in einer Ecke im Torbogen-Rathaus Täter davon abgehalten werden, den Stauffenberg-Gedenkstein zu verunreinigen. Wer nicht gar zu blöd ist, vermummt sich halt, setzt die Kamera durch einen gezielten Farb-Sprühstoß gleich mit außer Gefecht oder weicht – noch effektiver – einfach ganz auf andere (noch unbewachte) Objekte aus. Der Effekt von „little brother“ am Rathaus wäre dann nur der: Weitere Tausende von Euro in den Sand gesetzt. London hat die größte Überwachungsdichte Europas: Schon 2008 waren dort 10.000 Videokameras im Einsatz. Aber die Aufklärungsquote von Verbrechen erhöhte sich nach Angaben von Scotland Yard nur um 3 Prozent. Mittlerweile wurden deshalb noch mehr Geräte installiert, mittlerweile sollen es im Großraum London 1,4 Mio sein. Und auch die Technik wird ausgeweitet: automatische Personenidentifizierung, Datenbanken auf Vorrat, Veröffentlichungen. Der Überwachungsstaat winkt in der Ferne – und der trifft nicht nur Schmierfinken und Gedenkattentäter, sondern auch ganz normale BürgerInnen wie dich und mich. Es mag Räume geben, wo Überwachung zur Sicherheit beiträgt, Angsträume, wo erfahrungsgemäß Gefahr für Menschen besteht, für ihr Leib und Leben, wo Gewalt gegen Personen verhindert werden kann. In der Abwägung muss das aber die mindeste Voraussetzung sein, wenn das hohe Gut unseres freiheitlichen Rechtsstaats „Freiheit von Kontrolle und Überwachung“ auf dem Spiel steht. Farbbeutelattacken auf Gedenkstätten rechtfertigen das noch nicht. Sylvia Schaible |
Wird das Alte Rathaus bald von einer Überwachungskamera geziert um die Steintafel zu Stauffenbergs Gedenken zu schützen? |
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