BAmberger Thema

Sperrmüll in Bamberg:
Dilemma zwischen Recyling und Umweltschäden
20.12.2012
Umwelt+Klima, Aktuelles, Peter Gack, BA-Thema
Die Sperrmüll-Tage in Bamberg sind Tradition
fürs Sammeln und Weiterverwenden von
gebrauchsfähigen Gegenständen. Mittler-
weile sind sie aber zum Umweltproblem
geworden, weil unsachgemäßes Auseinander-
bauen Schadstoffe freisetzt. Eine Lösung braucht
Langmut und kreative Ideen.

Standpunkt

Die alljährlich in den Stadtbezirken zweimal stattfindenden Sperrmüllsammlungen erfreuen sich auf der einen Seite bei den Sperrmüllsammlern großer Beliebtheit, auf der anderen Seite nehmen die chaotischen Verhältnisse rund um die Sperrmüllsammlung auf Straßen und Gehsteigen mehr und mehr unerträgliche Ausmaße an.

Die Stadtverwaltung unterbreitete deshalb im Umweltsenat den Vorschlag, das Sammelsystem auf komplett neue Beine zu stellen. Zukünftig soll, so der Wunsch der Verwaltung eine Abholung nur noch nach einer vorherigen persönlichen Anmeldung geschehen, und bei der Abholung muss dann einE VerantwortlicheR des entsorgenden Haushaltes vor Ort sein. Im Umweltsenat wurden Für und Wider abgewogen, eine Entscheidung ist allerdings noch nicht gefallen – es wird eine zweite Lesung geben.

Die Vorzüge der bisherigen Regelung sind: Bedürftige/SammlerInnen können sich an der ausgestellten "Ware" bedienen, nicht nur Studierende oder  tschechisch-polnische „VerwerterInnen“, auch interessierte SammelerInnen finden das ein oder andere verwertbare Stück und freuen sich über ihren Fund. So wandert nicht alles in die Müllverbrennung, vieles findet eine Weiterwertung, direktes Recycling in Reinform.

Die Bilder der Kehrseite haben alle im Kopf: Zuerst liegt der Sperrmüll ordentlich aufgereiht zur Abholung bereit, aber nach spätestens drei Stunden liegt alles kreuz und quer durchwühlt. Nicht weiter schlimm, würde es sich nur um ein rein optisches Problem handeln, doch mehr und mehr werden diese Kleinverwüstungen zu einem Umweltproblem: Durch das unsachgemäße Entfernen von noch verwertbaren Teilen vor allem an Kühl- und Elektrogeräten entweichen giftige Schadstoff (Flurkohlenwasserstoffe). Elektronikschrott wird teilweise so zerpflückt, dass ein Recyclen der restlichen Teile nicht mehr in Frage kommt und so unverwertbarer Sondermüll übrig bleibt. Und: Mittlerweile ist die Hälfte des herausgestellten Mülls gar kein Sperrmüll. Mehr und mehr Haushalte nutzen die Sperrmüllabfuhr um Sondermüll, Lacke und Farben, Altkleider, ja sogar Altglas zu entsorgen - wohl weil es bequemer ist, die Sachen einfach vor die Türe zu stellen als zum Wertstoffhof oder Altglascontainer zu bringen.

Die GAL kann deshalb nachvollziehen, dass Handlungsbedarf besteht. Unverständlich ist es allerdings aus unserer Sicht, warum nicht mit verstärkter Beratung und mit besseren Informationen erst einmal Aufklärung geschaffen wird. Wenn 50 Volumenprozent des Sperrmülls gar kein Sperrmüll sind, sondern normaler Mischmüll oder Sondermüll, dann muss mehr beraten, informiert und aufgeklärt werden. So sollten beispielsweise an allen schwarzen Brettern in den Mietshäusern Informationen darüber hängen, was in den Sperrmüll gehört, was Sondermüll ist, wo dieser abgegeben werden kann und wie die Öffnungszeiten des Wertstoffhofs sind. In anderen Städten sind die grauen Tonnen mit großen Aufklebern versehen, die erläutern, welcher Müll wohin gehört. Und auch die Umwelterziehung in den Kindergärten und Schulen könnte das Thema Müll stärker einbeziehen.

Nichtsdestotrotz besteht von Seiten der GAL Bereitschaft, das bisherige System zu ändern. Doch die Weiterverwendung von gebrauchsfähigen Gegenständen sollte dabei eine zentrale Rolle spielen. So könnte die Stadt in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter und mit den Trägern der Wohlfahrtspflege ein umsetzbares Konzept erarbeiten, um in Bamberg wieder ein second-hand-Kaufhaus für Möbel und Wohnutensilien ins Leben zu rufen. Mit der Einstellung des Betriebs von ROSA bzw. den Bamberger Diensten ist hier eine wichtige Säule verloren gegangen. Auf  Anregung der GAL werden deshalb bis zur nächsten Lesung des Themas im Umweltsenat Gespräche mit dem Jobcenter und mit den Wohlfahrtsverbänden aufgenommen, um die Möglichkeit eines solchen Modells zu klären. Gute Beispiele aus anderen Städten jedenfalls gibt es.

Peter Gack


Foto von Sperrmüll in Bamberg, 2011


Zur Übersicht: Archiv der Bamberger Themen