Aktuell

Stadtrat im Auto-Wahn:
Neubau von Straße und Tiefgarage
4.10.2012
Verkehr, Aktuelles, BA-Thema, Peter Gack
Eines scheint sicher: Die Mitglieder des
Bamberger Verkehrssenat haben auf alles
eine Antwort und zwar immer dieselbe:
mehr Parkplätze, mehr Parkplätze, mehr
Parkplätze.

Bericht aus dem Verkehrssenat und Kommentar

Wenn es um verkehrspolitische Entscheidungen in Bamberg geht, dann heißt es immer: "Erst muss ein Gesamtkonzept her". Anschließend werden teure Konzepte in Auftrag gegeben, die wiederum ungenutzt in der Schublade verschimmeln. Währenddessen beschließt man aber dann doch Einzelmaßnahmen, die meist den mit teuren Steuergeldern aufgestellten Konzepten komplett zuwider laufen. Eine Verkehrspolitik, die konzeptloser nicht sein könnte.

Allein im Umwelt- und Verkehrssenat am 2. Oktober 2012 lieferte Oberbürgermeister Andreas Starke mit seiner Mehrheit aus CSU und SPD dafür wieder zwei Paradebeispiele.

 

Zufahrt von der Waizendorfer Straße zum Klinikum-Parkplatz

Obwohl verkehrspolitisch vollkommener Unsinn - so die Einschätzung selbst der Stadtverwaltung - beauftragte die Autofahrer-Senatsmehrheit die Verwaltung mit der Erstellung einer Planskizze für eine Zufahrt von der Waizendorfer Straße zum Parkplatz am Klinikum. Ein Parkplatz also, der bekanntermaßen bereits über eine exzellente und größtenteils sogar vierspurigeZufahrt verfügt, nämlich die Buger Straße.

Begründung für den Antrag des vormaligen CSU-OB-Kandidaten Seitz: Die Bürgerinnen und Bürger rund ums Klinikum seien vom ständig zunehmenden Parksuchverkehr und von im Wohngebiet parkenden Autos gebeutelt - man müsse ihnen helfen. Wie das allerdings auf diese Weise funktionieren soll, konnte er nicht beantworten. Denn die Klinikum-AnwohnerInnen leiden ja gerade unter dem Parksuchverkehr, der den kostenpflichtigen Klinikum-Parkplatz umgehen will. Dieser Parksuchverkehr wird auch durch eine neue Straße nicht davon abzuhalten sein, im Wohnviertel nach kostenlosen Stellflächen zu suchen. (Die GAL würde das Problem des Wohnviertels anders lösen - siehe Link unten!)

Auch wie die nötigen 400.000 bis 500.000 Euro für den Straßenbau finanziert werden sollen, war Starke, Seitz & Co. egal. Vermutlich nimmt man das Geld dann dort weg, wo kein Widerstand zu erwarten ist, z.B. bei sozialen Leistungen. Oder dem Parkplatzwahn fällt der längst überfällige Radweg auf der Nordseite des Regensburger Rings zum Opfer, wo RadlerInnen täglicher Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt sind.

 

Tiefgarage am Michelsberg

Jegliche verkehrspolitische Vernunft wurde ebenfalls ausgeblendet, als die Mehrheit gegen die Stimmen der GAL, der FW und von Michael Bosch (BR) den Bau eines unterirdischen Parkdecks am Klinikum am Michaelsberg (ehemals Nervenklinik St. Getreu) beschloss. Auch im historischen Berggebiet und Weltkulturerbe setzen OB, CSU und SPD voll aufs Auto statt auf den ÖPNV.

Im Aufsichtsrat der Stadtwerke ist mit eben derselben Mehrheit ohnehin schon so gut wie klar, dass die Verlängerung der Linie 910 zum Parkplatz an der Würzburger Straße wieder eingestellt werden soll (Öffnet externen Link in neuem Fenstersiehe gaznet-Beitrag vom 18.4.2012). Und dass es ein Mediationsverfahren im Berggebiet gegeben hat, bei dem übereinstimmend entschieden wurde, keine weiteren Einrichtungen mehr im Berggebiet anzusiedeln, ist offenbar sowieso Schnee von gestern. Ein Schlag ins Gesicht aller Bürgerinnen und Bürger, die sich ehrenamtlich in stundenlangen Sitzungen engagiert haben. Man hat ja sonst nichts zu tun.

100 zusätzliche Parkplätze wollen die Autofahrer-StadträtInnen nun also an der St.Getreu-Straße neu schaffen. Geschätzte 2,4 Mio. Euro soll das kosten, 24.000 Euro pro Stellplatz! Man stelle sich vor, was man für diese Summe alles finanzieren könnte, um die Verkehrsmittel des Umweltverbundes als Alternative zum eigenen Auto attraktiv zu machen: Mobilitätsberatung, Fahrplan abgestimmt auf die Schichtzeiten im Klinikum am Michaelsberg, Beibehaltung der 910 bis zur Würzburger Straße als Shuttle-Bus, gleichzeitig echte Parkraumbewirtschaftung der vorhandenen Stellplätze (knappe Parkplätze müssen einfach teurer werden), usw…

Aber die Mehrheit mit dem Blick durch die Windschutzscheibe kennt nur eines: mehr Parkplätze, mehr Parkplätze, mehr Parkplätze.

 

Dabei ist es eine altbekannte Binsenweisheit: Wer Parkplätze säht, wird neuen Verkehr ernten. Darauf reagiert die Mehrheit dann in der Regel mit neuen Straßen, wohl wissend, dass dafür dasselbe gilt: Wer Straßen baut, wird zusätzlichen Verkehr erzeugen. Aber Feinstaub und Lärm und demzufolge die Gesundheit der AnwohnerInnen und auch die Interessen des Denkmalschutzes ordnet die Mehrheit im Stadtrat den Autofahrerinteressen einfach unter.

So gesehen ist diese Verkehrspolitik eigentlich doch nicht so konzeptlos, denn klar erkennbar ist ein ganz schlichtes Konzept: Vorfahrt für das Auto, weg mit FußgängerInnen, Bus und Fahrrad.

Peter Gack

 


Maren Bessler pixelio.de


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