BAmberger Thema

Quartier an der Stadtmauer – oder die Geschichte
von der wundersamen Flächenvermehrung
30.04.2012
Bauen+Denkmal, Aktuelles, Peter Gack, BA-Thema
Für das Quartier an der Stadtmauer wollen
die Investoren möglichst viel Nutzfläche
haben. Stadtspitze und Stadtratsmehrheit
unterstützen das, denn an das beschlossene
Ziel, mit weniger Fläche auszukommen, will
sich keiner mehr erinnern.

Seit über 10 Jahren beschäftigen die Planung rund um das so genannte „Quartier an der Stadtmauer“ (früher „Citypassage“) zwischen Lange Straße und Promenade die Bürgerschaft und den Stadtrat. Die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Planungen wäre ein geeignetes Thema für eine Diplomarbeit. Hier sei kurz die Geschichte von der die Bruttogeschossfläche erzählt. Denn sie wirft ein Schlaglicht darauf, wie Investoreninteressen sich immer wieder durch die Hintertür in den Vordergund drängeln und stattdessen bürgernah erarbeitete Ergebnisse über Bord geworfen werden.


Nachdem die alten Planungen zur Citypassage nicht zuletzt wegen den überzogenen Nutzungsvorstellungen der damaligen Projektentwickler gescheitert ist, wurde im Jahr 2007 mit dem neuen Projektentwickler "Multi Development" ein neuer Anlauf genommen. Um nicht das gleiche Desaster wie bei den vorherigen Planungen zu erleben, wurde eine Arbeitsgruppe aus Mitgliedern der Verwaltung, dem Projektentwickler, VertreterInnen des Denkmalschutzes sowie engagierten Bürgerinnen und Bürgern aus dem Bereich der Denkmalpflege und Stadtentwicklung gebildet.

In mehreren Arbeitsgruppensitzungen einigte man sich innerhalb der Arbeitsgruppe auf ein Nutzungskonzept, das eine maximale Bruttogeschossfläche (BGF) für das gesamte Gebiet von 13.800 qm vorsah. Davon 11.000 qm BGF für Einzelhandel und Gastronomie, 2.000 qm BGF für Wohnen und Dienstleistung und 800 qm BGF für die zu erhaltenden historischen Kellergewölben, inkl. Mikwe, - damals als "Kulturgrube" bezeichnet.

Dieses Ergebnis wurde dem Stadtrat im Herbst 2008 vorgestellt und der Stadtentwicklungssenat beschloss dann auf dieser Grundlage die Aufstellung eines Bebauungsplans. Daraufhin wurden diverse Verfahrensschritte und Untersuchungen durchgeführt und es vergingen mehrere Monate.

Und: in diesen Monaten wuchs – auf welch wundersame Weise auch immer - die neu ausgehandelte Bruttogeschossfläche um beträchtliche Ausmaße. Im Vorschlag für den Bebauungsplan, der dem Stadtrat mit Datum vom 13.4.2011 vorgelegt wurde, waren bereits 14.500 qm BGF eingezeichnet, und in den Auslobungsunterlagen für den vom Investor durchzuführenden Wettbewerb waren es dann plötzlich ganze 16.800 qm BGF, davon 2.300 qm BGF für Wohnen und sage und schreibe 14.500 qm BGF für Handel, Gastronomie und Dienstleistung. Von einer "Kulturgrube" in den eigentlich zu erhaltenden Kellergewölben war nicht mehr die Rede, denn die Bodendenkmäler wollte man ja jetzt - mit Ausnahme der Mikwe und der Stadtmauer - gar nicht mehr erhalten.

Die wundersame Flächenvermehrung für Handel, Gastronomie und Dienstleistung um insgesamt 3.500 qm bzw. knapp 32 % hat dann im Stadtrat leider nur die GAL thematisiert und den Antrag gestellt, doch für die Auslobung des Wettbewerbs auf die ursprüngliche in der Arbeitsgruppe ausgehandelten BGF zurückzukommen. Aber die Stadtratsmehrheit zeigte dafür kein Verständnis und lehnte ab. Für die GAL-Fraktion ist mit einer so gigantischen Übernutzung des Gebiets zum einen das städtebaulich Zumutbare überschritten und zum anderen gewissermaßen die „Geschäftsgrundlage’“ für eine Zustimmung zum Bebauungsplan - nämlich die Arbeitsgruppenergebnisse aus dem Jahr 2008 - weggefallen.

Jetzt, nach Vorliegen der Wettbewerbsergebnisse, macht sich bei den einen oder anderen KollegInnen im Stadtrat so langsam die Einsicht breit, dass es vielleicht doch ein bisschen viel Nutzungsfläche ist, die der Projektentwickler unterbringen möchte. Es wäre zu wünschen, dass sich das dann auch in einem entsprechenden Abstimmungsergebnis niederschlagen wird. Die GAL jedenfalls wird Verwaltung, Projektentwickler und Stadtrat weiterhin daran erinnern, was damals gemeinsam mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern in der Arbeitsgruppe verabredet wurde.

Peter Gack

Ein umfassenden Diskussionsstand lieferte die Öffnet externen Link in neuem FensterSonderausgabe der Inselrundschau des Bürgervereins Mitte im September 2011.




Pressestelle Stadt Bamberg

Siegerentwurf aus dem Gestaltungswettbewerb für das Quartier an der Stadtmauer.

Pressestelle Stadt Bamberg


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