BAmberger Thema
Freie Fahrt für freie Ignoranz | 13.10.2015
Verkehr, Aktuelles, BA-Thema
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Verwaltung, Polizei und Senat verneinen besondere Gefahren im Kreuzungsbereich Starkenfeldstraße/Annastraße. Tempo 30 wurde abgelehnt und damit der Vorschlag des Seniorenbeirats abgeschmettert.
Bericht aus dem Verkehrssenat Man bekommt zunehmend Beklemmungsgefühle, wenn man als Mensch den Umwelt- und Verkehrssenat besucht. Denn dort drehen sich die Gedanken und Beschlüsse zunehmend um Blech, um Autoblech. Will sich dieser Agenda ein Nicht-Autofahrer entgegenstemmen, wird er nieder gerollt. Gnadenlos. Der Sitzungsvortrag, mit dem der gut begründete und sachliche Antrag des Seniorenbeirats niedergebügelt wurde, liest sich gruselig. Da werden reihenweise Paragraphen aufgezählt, die man irgendwie heranziehen kann, um Geschwindigkeitsbegrenzungen auszuschließen. Immer wieder wird auf „besondere Umstände“ abgestellt, die das Gesetz als Voraussetzung verlangt. Es müsse schon eine konkrete Gefahr für wichtige Rechtsgüter bestehen, wie Leben oder Gesundheit, um die freie Fahrt für freie Bürger einschränken zu dürfen. All diese Gefahren sahen Verwaltung, Polizei und Senat nicht gegeben. Insbesondere behauptete man, dass etwaige Gefahren nicht mit der Geschwindigkeit zusammenhängen würden. Als Beispiel wurde makabrerweise der Unfall einer Radfahrerin herangezogen, die zu Tode kam, weil eine Autofahrerin beim Abbiegen von der Anna- in die Starkenfeldstraße ihr die Vorfahrt nahm. Diese stand aber vor dem Abbiegen, war also selbst definitiv nicht zu schnell gefahren. Ergo kein Geschwindigkeitsproblem, so die Einschätzung von Polizei und Straßenverkehrsamt lapidar. Dass Abbiegesituationen aber auch deshalb angespannt sind, weil man im schnell vorbeifahrenden Verkehr eine Lücke finden und möglichst schnell nutzen muss, ist diesen Experten wohl entgangen. Dass diese Anspannung dann halt leicht dazu führen kann, dass man so „irrelevante“ VerkehrsteilnehmerInnen wie Zufußgehende und Radfahrende nicht beachtet, übersteigt die Phantasie dieser Leute dann wohl zwangsläufig. Nicht nur die Geschwindigkeit des Einzelnen, sondern des Gesamtverkehrs birgt Gefahren. Der Beschluss des Senats – auf Vorschlag der Verwaltung – Tempo 30 in der Annastraße einzuführen, passt da eigentlich nur ins Bild dieser kurzsichtigen Verkehrspolitik. Auf der allenfalls 100 Meter langen Straße zwischen Starkenfeld- und Pödeldorfer Straße kann man ohnehin kaum auf mehr Stundenkilometer beschleunigen. Mithin fiel dem Autolobby-Senat die Zustimmung leicht. Als Begründung für diese Maßnahme wurde angeführt, dass seit Bestehen des Fußgängertunnels unter der Bahnlinie die Zahl der Zufußgehenden (vor allem SchülerInnen) hier wesentlich zugenommen habe. Nicht näher behandelt wurde die Frage, was denn mit diesen FußgängerInnen passiert, die vom Bahnhof über die Annastraße in der Starkenfeldstraße ankommen. Lösen sie sich etwa in Luft auf? Nein, sie überqueren die Starkenfeldstraße an der Querungshilfe Nähe Annastraße, weil sie weiter zum Eichendorffgymnasium wollen, zur Blauen Schule oder zur Berufsschule Ohmstraße. Genau so hatte der Seniorenbeirat auch argumentiert. Aber die Auto-Jünger in Senat und Verwaltung, die den Sicherheitsbedarf dieser Menschen in der Annastraße noch sehen, ignorieren ihn in der Starkenfeldstraße, denn dort wurde dasselbe Argument nicht anerkannt – und dort will man den Autoverkehr ja auch ungebremst rollen lassen. Dass über den Antrag des Seniorenbeirats auf Tempo 30 ím gesamten Kreuzungsbereich überhaupt abgestimmt wurde, musste erst GAL-Stadträtin Gertrud Leumer durchsetzen, indem sie einen eigenen Antragspunkt formulierte. Leider mit dem bekannten Ergebnis: Abgelehnt gegen die beiden Stimmen der GAL. Einstimmig wurde dann Tempo 30 in der Annastraße angenommen. Für Tempo 30 in der Starkenfeldstraße braucht die Statistik dieser autozentrierten Verkehrspolitik offenbar noch einige Unfallopfer. sys |
Blick von der Starkenfeldstraße auf die Kreuzung mit der Annastraße. Tempo 30 für diese Gefahrenzone vom Stadtrat abgelehnt. |
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