BAmberger Thema
Weichenstellung für Verkehrswende verpasst | 27.06.2019
Verkehr, Aktuelles, BA-Thema, Wolfgang Grader
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Unbeeindruckt von allen Protesten kommen-
der Generationen beschließt die Stadtrats- mehrheit bei den Eisenbahnüberführungen Maximalziele für ungehinderten Autoverkehr. Alle GAL-Anträge wurden abgelehnt. Auszug aus dem Redebeitrag des GAL-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Grader
(...) Weichen für die nächsten 100 Jahre werden gestellt und wie schon Karl Valentin sagte, nichts ist schwerer vorauszusehen als die Zukunft. Dem Stadtrat kommt daher große Verantwortung zu. Das Grundlegendste wurde ja schon entschieden, die oberirdische viergleisige Durchfahrt. Jetzt geht es um die Umsetzung und vor allem um die Entscheidung, welche Varianten der Eisenbahnüberführungen am zukunftstauglichsten sind. Dahinter steht vor allem die große Frage, wie entwickelt sich Bamberg, wie werden wir in Zukunft leben, vor allem, wie wollen wir leben? In den Jahrzehnten nach dem Krieg stand die autogerechte Stadt im Vordergrund. Danach hatte sich Stadtentwicklung zu richten. In ganz Deutschland, auch in Bamberg. In Bamberg, Sie wissen es besser als ich, sollte ja eine große Straße mitten durchs Gärtnerviertel geschlagen werden, "altes Gerutsch" sollte weg. Dort, wo heute das Stadtarchiv steht, sollte ein Busparkplatz entstehen. Gottseidank stellten sich Bürgerinnen und Bürger quer, voran die Gärtnerschaft. Die Konsequenzen waren für die Stadt nur positiv, es war ein wichtiger Schritt zum Weltkulturerbe-Status. Es war aber auch ein klares Zeichen: Nicht alles muss dem Auto geopfert werden. Jetzt, nahezu 50 Jahre später, stellt sich erneut die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der Stadt. Viele Indizien in vielen Städten, nicht nur bei uns, sprechen eine eindeutige Sprache, geben eine klare Richtung vor: Es ist die menschengerechte Stadt. Wir merken ja selbst, dass die Plätze und Stellen in Bamberg, an denen das Auto zurückgedrängt ist, ja die sogar autofrei sind, die Plätze und Stellen sind, die am belebtesten und beliebtesten sind. Keiner hätte gedacht, wie angenehm es ist, heute in Gaststätten rauchfrei zu sein... Ja, Veränderung ist möglich. Die Lebensqualität vieler ist gestiegen. In einigen Jahren wird es auch unvorstellbar sein, dass wir viele Stellen innerhalb der gesamten Stadt mit "Blech" blockiert haben. 2030 soll es in Deutschland einige Millionen E-Autos geben. 2030, das strebt sogar die Stadt Bamberg an, sollen über den Umweltverbund, sprich ÖPNV, Rad- und Fußverkehr 75% aller Wege benutzt werden. Ein ehrgeiziges, aber realistisches Ziel, wenn man seine eigenen Beschlüsse auch umsetzen möchte und nicht nur zu Papier bringt. In Zukunft wird man, um von A nach B zu kommen, eine sehr gute ÖPNV-Infrastruktur anbieten müssen, Car-Sharing Modelle fördern und stärken. Das eigene Auto verliert immer mehr an Bedeutung. Wir müssen daher die Stadt fit machen für die Zukunft und uns von alten Vorstellungsmodellen lösen, die Zeichen der Zeit erkennen. Die Verkehrswende kommt, es geht nur noch um das Wie. Und da sind wir beim heutigen Thema - den Eisenbahnunterführungen. Was jetzt geplant und gebaut wird, hat Auswirkungen für die nächsten 100 Jahre. Wir sehen tagtäglich, sie sind die Nadelöhre im Verkehrsnetz Bambergs und gleichzeitig wichtige Kreuzungspunkte. Ausgangspunkt unserer Entscheidungen kann daher nicht die heutige Verkehrssituation sein, sondern die städtepolitischen Entwicklungen der Zukunft. Es reicht zum Beispiel nicht nur zu sagen, wir berücksichtigen ja auch die Fahrradwege und freuen wir uns, dass zum Beispiel in der Moosstraße ein Fahrradweg mit der Breite von 1,25 m kommt, ist ja besser als die Situation bisher. Wir sehen ja täglich, auch Fahrräder werden breiter und größer - nicht umsonst ist das Förderprogramm für Lastenfahrräder in Bamberg so erfolgreich. Uns ist sehr wohl bewusst, dass nicht alle alles haben können und wir die Breiten der Eisenbahnüberführungen nicht endlos ausdehnen können, aus finanziellen und baulichen Gründen. Daher ist es umso wichtiger den Fragen ernsthaft nachzugehen: Wo wollen wir hin, wie müssen wir uns fit für die Zukunft machen? Jetzt macht sich arg bemerkbar, dass die Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans 2030 auf 2035 verschoben werden soll und uns eine wichtige Grundlage zur Entscheidung fehlt. Zukunftsweisende Planung sieht anders aus, zumal die Stadtverwaltung ja selbst schreibt, dass sie sich mit dem Bahnausbau seit 25 Jahren beschäftigt und es vorauszusehen war, dass das Thema Erneuerung Eisenbahnunterführung auf die Tagesordnung kommen wird, dieser Tag ist heute.
Um die Stadt nachhaltig fit für die Zukunft zu machen und das Modell der menschengerechten Stadt weiter zu entwickeln stellen wir daher folgende Änderungsanträge:
Zum TOP 3:
Zukunftsfähig sein heißt auch barrierefrei sein. Es kann nicht sein, dass bei einem Neubau ausgerechnet die, die mit Rollstuhl, Kinderwagen etc. unterwegs sind, jetzt noch nachteilig behandelt werden. Die komplette Barrierefreiheit beim S-Bahn-Halt Süd ist machbar, umsetzbar, aber er muss auch politischer Wille sein. Dies wollen wir mit unserem dritten Antrag zum Ausdruck bringen.
Wir hoffen auf eine sachgerechte nicht polemische Diskussion und auf eine Entscheidung, die die Zukunftsfähigkeit der Stadt fördert und den Umweltverbund stärkt. City Council for Future !!!
------------------------------ Nach der Vollsitzung: Alle GAL-Anträge wurden abgelehnt und als Populismus angesehen. Mit dem Vorwurf können wir leben, da wir als einzige Fraktion eine Gesamtidee zur Stadtentwicklung haben, die sich durch den Bahnausbau ergeben wird. Nach den derzeitigen Konzepten der Bahn wird der Endausbau erst 2030 vollendet sein - viel Zeit und bis dahin wird die propagierte Verkehrswende in vielen Köpfen angekommen sein und als Bereicherung für das Miteinander aller Bewohner*innen Bambergs gesehen und erlebt werden. Wolfgang Grader
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