BAmberger Thema

Millionen für massenweise Tagungsgäste? 23.11.2011
Bauen+Denkmal, Aktuelles, BA-Thema, Ulrike Heucken, Finanzen
Für das künftige Tagungsgeschäft hält der
OB die jetzige Konzert- und Kongresshalle
nicht für ausreichend. Doch ist der Bau
einer neuen Halle tatsächlich so dringend
und so vielversprechend, dass die Stadt
wieder Millionen in ein Prestigeprojekt
stecken sollte, während Schulen und
Sozialprojekte darben?

Der Bau einer neuen Tagungshalle stand auf der Tagesordnung des Aufsichtsrats der Stadthallen GmbH. Der Oberbürgermeister hatte bei seiner Nominierung für die nächste OB-Wahl dies Programmpunkt für seine mögliche nächste Amtszeit genannt.


Oje, oje, so könnte man aufgrund des Sitzungsvortrags meinen, wir sind mit unserer jetzigen Ausstattung im Tagungswettbewerb hoffnungslos unterlegen, die anderen ergattern das "lukrative Tagungsgeschäft" und wir werden abgehängt! Nürnberg, Coburg, Bayreuth und Hof bauen Tagungshallen, weshalb dringend auch wir eine solche brauchen, um die gut situierten Tagungsgäste nach Bamberg zu locken. Eine Halle für 1000 Personen wäre dafür nötig. Die würden dann angeblich 238 Mio im Jahr in die Bamberger Wirtschaft bringen, so die Rechnung der Verwaltung, denn jeder Tagungsgast lässt 200 € pro Tag in der Stadt, wenn er zu einem Kongress kommt. Wirtschaftskraft also und überregionale Bedeutung für Bamberg, mit der sich unsere Stadtoberen immer so gerne schmücken.

Die Konzert- und Kongresshalle, die wir haben und die wir mit einem jährlichen 7-stelligen Defizitausgleich füttern, sei in ihrer Kapazität dafür nicht ausreichend. Oje, oje, bald wäre unsere Wettbewerbsfähigkeit dahin und, so könnte man glauben, die Hotels, Kneipen und der Einzelhandel gingen dann samt und sonders pleite....


Doch bereits jetzt liegt das jährliche Defizit der Konzert- und Kongresshalle, das aus dem Stadthaushalt gedeckt wird, bei 1,6 bis 2 Mio Euro. Zum Vergleich: Die Zuschüsse für alle freien Kulturträger in der Stadt insgesamt liegt deutlich darunter, das bekannte Kindertheater Chapeau Claque etwa bekommt 20.000 Euro pro Jahr.

Alle Mittel, die nun wieder in den Bau und dann den Betrieb einer neuen Tagungshalle fließen sollen, fehlen logischerweise anderswo: etwa beim Bauunterhalt für Rathäuser, Schulen, Infrastruktur, bei der Förderung von Kultureinrichtungen, Sozialprojekten und all dem, was halt nur alltäglicher Bedarf ist und nicht vom Oberbürgermeister mit glanzvollen Feierlichkeiten eröffnet werden kann. Und wer weiß, welche Folgeinvestionen wohl noch zu erwarten sind, etwa für eine Tiefgarage, die der OB ja immer wieder gerne aus dem Stadtsäckel oder dem der Stadtwerke finanziert?

Und ganz grundlegend anzuzweifeln ist auch die Geschäftsstrategie, die solchen Plänen zugrunde liegt. Im zunehmenden digitalen Zeitalter mit Videokonferenzen und digitalem Austausch wird das Tagungsgeschäft nicht unendlich wachsen. Gerade wenn viele Städte in der Region bereits Angebote ausbauen, muss es nicht unbedingt die richtige Reaktion darauf sein, wie ein Lemming hinterher zu rennen und dasselbe zu tun. Es könnte zu einem ziemlich gnadenlosen Verdrängungswettbewerb kommen, mit Preissturz, Gewinnausfällen und dann Stein gewordenen Fehlinvestitionen.

Nun aber steuert der Oberbürgermeister ein weiteres Großprojekt an, dessen Defizite den Haushalt massiv belasten werden. Fazit: Die Bamberger werden in einen Wettbewerb um Defizite geschickt, positive Effekte mehr als fraglich.

Gefühlt tut die derzeitige Stadtpolitik viel für BesucherInnen und Gäste, aber viel zu wenig für ihre EinwohnerInnen. Wohin mit schneller, größer, weiter?

Ulrike Heucken



Rainer Sturm pixelio.de


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