Bamberger Thema

Demenz-WG steht in den Startlöchern 22.03.2011
BA-Thema, Aktuelles, Soziales, Presse-Mitteilung
LUNA e.V. stellte Projekt beim GAL-Plenum vor – Es fehlt nur noch eine geeignete Wohnung

Eine alte Frau, nennen wir sie Frau Nüsslein, hat Demenz. Sie erkennt ihre Angehörigen nicht mehr so richtig, ist vergesslich, man muss sie ans Trinken erinnern, und wenn sie das Haus verlässt, findet sie nicht mehr zurück. Aber körperlich ist sie für ihr Alter recht fit. Sie lebt in einem Altenheim. Dort läuft sie tagsüber durch die Gänge oder sitzt am Fenster und weiß nichts mit sich anzufangen, nur die Mahlzeiten strukturieren ihren Tag, ab und zu Besuch der Verwandtschaft und einmal die Woche Senioren-Gymnastik.

Lassen wir Frau Nüsslein nun in eine Demenz-WG umziehen, wie sie der Bamberger Verein LUNA e.V. plant. Dort ist die agile Seniorin zusammen mit ihren acht Wohngenossinnen und Wohngenossen voll in den alltäglichen WG-Betrieb mit einbezogen. Weil sie gerne aus dem Haus und spazieren geht, wird sie von der Betreuerin zum Einkaufen in den Supermarkt mitgenommen. Mittags hilft sie in der Küche, weil sie schon immer gerne gekocht hat. Ab und zu wird auch ihr Lieblingsessen zubereitet, ebenso wie sich auch die anderen WG-BewohnerInnen mal was wünschen dürfen. Auch mit Wäsche gibt sie sich gerne ab, weshalb sie meist die nasse Wäsche im Garten zum Trocknen aufhängt. In der WG hat sie ihr eigenes Zimmer, aber meist kommt sie in den Gemeinschaftsraum, und gerne hört sie dort mit ihrer Zimmernachbarin alte Schlager und singt fröhlich mit. Morgens schläft sie gerne lange, aber das stört hier niemand, sie kann frühstücken, wann sie will. Besonders gut gefallen ihr die Ausflüge an manchen Wochenenden, bei der die WG-BewohnerInnen samt ihren Angehörigen teilnehmen.


Eine solche alternative Wohnform wollen die LUNA-Vereinsgründerinnen Silke Kastner und Anja Münzel gründen und stellten ihr Projekt auf Einladung der Grün-Alternativen Liste GAL vor. Sie erläuterten die Demenz-WG als selbst bestimmte Lebensform, bei der die Angehörigen der Demenzkranken großen Einfluss auf alle Lebensbereiche und den Alltag nehmen können und sollen. Einen Träger wie bei einem Altenheim gebe es nicht. Die WG-BewohnerInnen bzw. ihre Angehörigen engagierten vielmehr gemeinsam einen Pflegedienst, der die Betreuung übernimmt. „Eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung ist gewährleistet, aber die BetreuerInnen verstehen sich als Gäste in der Wohnung.

Die eigentlichen Entscheidungen werden vom Angehörigen-Gremium getroffen“, erklärt Anja Münzel. Und hier will LUNA begleiten und moderieren, die Selbstorganisation der WG aber – anders als in herkömmlichen Altenheimen - nicht fremd bestimmen. „Die Erfahrung zeigt, dass Demente in WGs viel länger fit bleiben und weniger oder erst später zum Pflegefall werden“, betont Silke Kastner einen wesentlichen Pluspunkt des Projekts.

Ein schlüssiges Finanzierungskonzept für eine Demenz-WG mit acht bis zwölf BewohnerInnen liegt vor, InteressentInnen sind in großer Zahl vorhanden, rechtliche Voraussetzungen und Zulassungen sind weitgehend geklärt. Doch in Bamberg und Umgebung konnte bisher keine solche Demenz-WG realisiert werden. Während anderswo, etwa in Berlin mit ungefähr 100 Demenz-WGs, der Begriff niemand mehr ins Staunen versetzt, existiert hier immer noch große Skepsis vor allem bei VermieterInnen.

Dem will nun auch die GAL entgegenwirken, um den ersten Durchbruch zu schaffen. Stadträtin Ursula Sowa verwies auf die stadteigene Stadtbau GmbH, in deren Aufsichtsrat sie sitzt: „Jährlich findet in 300 Stadtbau-Wohnungen ein Wechsel statt. Da muss es doch mittelfristig eine passende Wohnung geben.“ Auch bei Neubauvorhaben wie Glaskontor, Maisel-Gelände und Schützenstraße wollen die GAL-Stadträte Weichen in Richtung Demenz-WG stellen. Konkret halten sie ein frei werdendes stadteignes Gebäude an der Pfeuferstraße für ein geeignetes Projekt und wollen dies prüfen lassen.

sys


Kontakt zu LUNA e.V. für Interessierte: info@luna-ev.org, Tel. 0951/9370199


Links:
www.luna-ev.org

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