Die Sozialstiftung kann positive Bilanzen vorweisen, speist ihre Beschäftigten aber zum Teil mit Dumpinglöhnen ab … und sie baut diesen Trend gezielt aus.
Bei der Sozialstiftung Bamberg, die seit 2003 die städtischen Altenheime und Kliniken betreibt, gibt es zwei Klassen von Beschäftigten. Dazu muss man die Vorgeschichte kennen: Die bei Gründung der Sozialstiftung bereits fest angestellten MitarbeiterInnen wurden zu den damaligen Konditionen (gemäß dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes) weiterbeschäftigt. Anders ergeht es den seit 2004 neu eingestellten Beschäftigten. Sie werden nicht mehr von der Sozialstiftung direkt, sondern von einer hundertprozentigen Tochter der Sozialstiftung eingestellt, der Service GmbH. Abgesehen von ÄrztInnen und Krankenschwestern/-pflegern werden alle neuen Arbeitsverträge über die Service GmbH abgeschlossen, die an keinerlei Tarifvorgaben gebunden ist. Das betrifft Reinigungskräfte und Küchenpersonal ebenso wie AltenpflegerInnen und Verwaltungspersonal. Und ähnlich ergeht es auch allen Angestellten der MVZs (Medizinische Versorgungszentren) und der anderen nichttarifgebundenen Tochterfirmen der Sozialstiftung, die in den letzten Jahren gegründet wurden. Ihre Angestelltenverträge laufen außerhalb jeglicher Tarifbindung. Weniger Lohn, weniger Urlaub, mehr Arbeit Diese Angestellten verdienen weniger als vergleichbare Angestellte, die nach TVöD (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst) arbeiten: Sie bekommen keine Zusatzversorgung, also keine Betriebsrente, keine vermögenswirksamen Leistungen, es gibt weniger Urlaubstage, die Arbeitszeit ist höher, und der Kündigungsschutz richtet sich nur nach dem Gesetz, und bietet keine zusätzlichen Sicherheiten. Die Service GmbH leiht ihre Angestellten dann an die Betriebe der Sozialstiftung, also die Kliniken und Altenheime, aus. Da die Service GmbH aber zum Konzern der Sozialstiftung gehört, handelt es sich um eine so genannte „Konzernleihe“ und nicht – wie bei Zeitarbeitsfirmen – um eine Arbeitnehmerüberlassung, die von der Arbeitsagentur behördlich zu genehmigen ist. Deshalb gilt das Prinzip des equal pay (Gleicher Lohn für gleiche Arbeit) hier nicht. Jede Bewerberin und jeder Bewerber um eine Stelle in den Betrieben der Sozialstiftung verhandelt für sich selbst, mit mehr oder weniger Erfolg. Und so kann es sein, dass er oder sie bei Arbeitsantritt auf KollegInnen stößt, die das gleiche tun, aber mehr oder auch weniger dafür bekommen. Teilweise wird das von der Sozialstiftung in den Niedriglohn-Bereich getrieben, sogar Dumpingslohn-Vorwürfe sind schon zu hören. Außerdem werden zunehmend befristete Arbeitsverträge abgeschlossen. Der Arbeitgeber will damit flexibel auf den Markt reagieren können. Was aus dieser Perspektive verständlich sein mag, heißt aber für die einzelnen Beschäftigten: Durchhangeln von Verlängerung zu Verlängerung … und immer schön brav sein. Betriebsräte fehlen Dass dieses System funktioniert, zeigt sich auch daran, dass die Beschäftigten der Tochterfirmen sich nicht organisieren. Weder in der Service GmbH noch in den MVZs haben die Angestellten bisher einen Betriebsrat auf die Beine gestellt. Deshalb lässt derzeit ver.di zusammen mit der Personalvertretung – nach langer Vorbereitungszeit – prüfen, ob es sich bei der Sozialstiftung Bamberg und ihren Tochterfirmen um einen so genannten gemeinsamen Betrieb nach dem Betriebsverfassungsgesetz handelt. Das würde bedeuten, dass zukünftig nicht das schwache Bayerische Personalvertretungsgesetz bei der Mitbestimmung anzuwenden ist, sondern das mit mehr Rechten für den Betriebsrat ausgestattete Betriebsverfassungsgesetz. Dass dies die Arbeitgeberseite verhindern möchte, ist nicht verwunderlich. Deshalb wurden von Arbeitgeberseite auch keine Kosten und Mühen gescheut und, wie man hört, „Staranwälte“ aus Stuttgart engagiert. In der ersten Gerichtsinstanz am Arbeitsgericht in Bamberg ist ver. di mit dem Ansinnen gescheitert. Aber aus Gewerkschaftskreisen ist zu vernehmen, dass der Weg bis zum Bundesarbeitsgericht nach Erfurt vorgesehen sei.
sys
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