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Löwenbrücke fällt beim Bürgergeschmack durch 27.04.2011
Bauen+Denkmal, Aktuelles, BA-Thema, Presse-Mitteilung
Die GAL radelte zu Neubauten in Bamberg und diskutierte neue Architektur vor Ort.

Ist die Kettenbrücke eigentlich wirklich die schönste von allen drei neuen Brücken? Immerhin wurde für sie extra ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben. Das diskutierten die TeilnehmerInnen einer Radtour, zu der die GAL Bamberg in ihrer Reihe „Grün unterwegs“ unter Federführung von Stadträtin Ursula Sowa eingeladen hatte. Die neue Aufenthaltsqualität der Brücke kam bei allen gut an, weniger die Tatsache, dass die drei neuen Brücken „kein Ensemble“ bilden, wie es ein Bürger ausdrückte. Sie wurden auch tatsächlich jede für sich und nicht gemeinsam geplant, bestätigte Sowa.


Von der Löwenbrücke aus gesehen: Ketten- und Luitpoldbrücke.


Die drei Brückenneubauten standen denn auch im Mittelpunkt der Tour, die sich eine Architektur-Diskussion mit den BürgerInnen zum Ziel gesetzt hatte. „Ich will hier nicht belehrend auftreten oder eine Meinung als die richtige darstellen“, so Ursula Sowa, die selbst Architektin ist, „sondern ein Bürger-Gespräch über Architektur anzetteln, das mir in Bamberg seit langem fehlt.“ So ging es offensichtlich auch den Mitradelnden, die sich rege beteiligten und austauschten.


Bei der Luitpoldbrücke war die weitgehend vertretene Meinung: „Anfangs kam sie einem zu klobig vor, aber mittlerweile hat man sich daran gewöhnt und findet sie sogar ganz schön, insbesondere beleuchtet bei Nacht.“ Ganz schlecht weg kam hingegen ausnahmslos der Neubau der Löwenbrücke. Allgemeiner Tenor: „ Hässlich, lieblos, herzlos, kalt, zu breit – man will nur so schnell wie möglich rüber auf die andere Seite kommen.“ Insofern wurde die Frage nach der schönsten Brücke auch von allen gleich beantwortet: Es ist die Kettenbrücke, auch wenn die Radtour-TeilnehmerInnen wegen der Kostenexplosion sich dennoch sehr entrüsteten.

 

Die Löwenbrücke gefielt nicht.


Bei der Kettenbrücke wurde die neue Aufenthaltsqualität gelobt, die sich angesichts des Verkehrs und regelwidrig im verkehrsberuhigten Bereich parkender Autos aber erst noch herumsprechen muss.


An einigen Standorten zwischen den Brücken brachte Ursula Sowa Neubauten in die Diskussion, wie etwa entlang der Tränkgasse. Wie sie berichtete, wurde hier ein Maximum an Baumasse genehmigt, wogegen sich auch die Denkmalpflege ausgesprochen hatte „Und auch meine Meinung ist: zu massive und zu hohe Baukörper in einem wenig kreativen Stil.“ Gleichwohl hat ihrer Meinung nach die Gasse durch die ordnende Fassade des Neubaus gewonnen. Die TeilnehmerInnen meinten, dass für solche Baugenehmigungen im Weltkulturerbe mehr Fachleute gehört werden müssten. „Der Stadtrat ist als Gremium für guten Geschmack nicht geeignet“, so eine Teilnehmerin auch im Hinblick auf den in unmittelbarer Nachbarschaft liegenden geplanten Wohnhausneubau in der Letzengasse.


     

Die Neubauten in der Tränkgasse, direkt davor und von der anderen Flussseite (Promenade) aus gesehen:
Man erkennt die für dieses Viertel enorme Höhe der Gebäude.


Beim Blick von der Luitpoldbrücke auf das neue Ärztehaus an der Ecke zum Heinrichsdamm stellte die Rad-Gruppe fest, dass dieses zwar eindeutig als versuchtes Pendant zu seinem Gegenüber aus der Jahrhundertwende zu erkennen sei, in den Ausmaßen sei dieses Vorhaben aber „entglitten“, wie Sowa formulierte. „Eine Blockrandbebauung an dieser Stelle war sehr gut“, so die Stadträtin, „aber auch hier: ein Stück zu viel. Und die Architektursprache des gänzlich verglasten Pavillons ist leider eine völlig andere als bei dem gründerzeitlichen Bau gegenüber und nimmt keinen Bezug.“

Blick auf den Neubau am rechten Brückenkopf der Luitpoldbrücke


Eine weitere Station war der Fußgänger-Durchgang zwischen Kleberstraße und Vorderem Graben. Als „nicht gewachsenen Durchgang“ und „Betonschlucht“ bezeichneten die TeilnehmerInnen den auf beiden Seiten von mannshohen Mauern gefassten Weg. Und auch die von hier aus zu sehenden Neubauten neben den historischen Handwerkerhäusern wurden nicht als spannendes Nebeneinander von Alt und Neu empfunden, „weil hier nur im 08/15-Stil Neues dazugeklatscht“ wurde.


Durchgang Kleberstraße / Vorderer Graben, zwischen Betonmauern hindurch

Rückbebauung der Kleberstraße, von der Kettenbrücke aus gesehen: Das Gebiet war vor Jahren als Sanierungsgebiet ausgeschrieben, öffentliche Mittel flossen aber nur in den Bau der Georgendamm-Tiefgarage. Am Eingang zum Weltkulturerbe städtebaulich vernachlässigt, das Viertel entwickelt sich nur langsam und durch das Engagement der BürgerInnen.

Am Ende der Tour rief noch das alte Hallenbad aus den 60er Jahren bei allen Begeisterung hervor. Ursula Sowa bezeichnete sich als Fan dieses Gebäudes, „Bambergs bestes aus dieser Zeit, bautechnisch sehr interessant und im Detail so liebevoll gestaltet“. Dies und die bemerkenswerte Verglasung von zwei Fassadenseiten hätten das Gebäude zum Einzeldenkmal gemacht, was von allen Mitradelnden gutgeheißen wurde. Die Frage nach der Zukunft des Hallenbads verursachte jedoch bei allen Sorgenfalten auf der Stirn.

Text und Fotos: sys



"Grün unterwegs" mit GAL-Stadträtin Ursula Sowa


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