Demokratie auf kommunaler Ebene? Na klar, die findet im Stadtrat statt, denn der wird ja von uns allen gewählt. Aber stimmt das noch? Für viele Aufgaben ist der Stadtrat, und somit auch der Wähler, gar nicht mehr zuständig. Krankenhäuser, Busverkehr, sozialer Wohnungsbau – was früher im Bamberger Stadtrat debattiert und entschieden wurde, spielt dort heute kaum mehr eine Rolle. Denn genau diese Aufgaben wurden ausgelagert und sind heute der Wählerkenntnis und dem Wählereinfluss weitgehend entzogen. Eine solche Ausgliederung bringt vermeintlich diverse Vorteile mit sich, wie verkürzte Entscheidungswege, angeblich höhere Marktflexibilität und eine starke Stellung der Geschäftsführung. Erkauft wird dies jedoch mit einem radikalen Verlust an demokratischer Kontrolle. Der Wähler weiß nicht mehr, welche Positionen der von ihm gewählte Repräsentant in seiner Aufgabe als z. B. Aufsichtsrat einer GmbH vertritt und ob diese seinen Positionen als Stadtrat entsprechen. Wie äußert sich dieses Problem in Bamberg? Zu den bedeutendsten Betrieben zählen die Stadtwerke Bamberg, die Stadthallen GmbH und die Stadtbau GmbH. Ein riesiger – durch den Stadtrat kaum mehr steuerbarer – Tanker ist die Sozialstiftung, die selbst wiederum acht weitere GmbHs betreibt. Der Einfluss der Stadt auf die Sozialstiftung und die damit verbundenen GmbHs ist noch geringer als bei den genannten GmbHs. Während bei diesen die Stadt als (meist) 100 %ige Mutter über die Gesellschafterversammlung die Unternehmensstrategie bestimmen kann (oder könnte), ist dies bei der rechtlich komplett eigenständigen Sozialstiftung nicht möglich. Hier kann nur der auch mit Stadtratsmitgliedern besetzte Stiftungsrat Einfluss nehmen, der aber wiederum nur in ganz geringem Umfang an Weisungen des Stadtrats gebunden ist. Entscheidungen fernab der BürgerInnen Und somit werden de facto wichtige politische Fragen fernab der BürgerInnen, meist hinter verschlossenen Türen, behandelt: Etwa das Busangebot und die Fahrpreise im Bamberger ÖPNV, die tarifgebundene oder eben nicht tarifgebundene Entlohnung von Krankenschwestern im Klinikum, der Bau und Erhalt von Sozialwohnungen durch die Stadtbau GmbH oder die Zustände in den Altenheimen der Sozialstiftung. Der größte Teil der städtischen Infrastruktur unterliegt somit also nur noch einer sehr begrenzten Kontrolle der Stadt. Dies wird auch anhand wirtschaftlicher Zahlen deutlich: Während das Volumen des gesamten Stadthaushalts in der Regel 200 Millionen Euro nicht übersteigt, bewegen die Töchter, die im mehrheitlichen Besitz der Stadt sind, und die Sozialstiftung zusammen Umsätze von über 300 Mio pro Jahr. Doppelrolle Aufsichtsrat-Stadtrat Eine negative Konsequenz aus dieser Handhabung – neben dem Verlust an demokratischer Kontrolle und mangelnder Transparenz – offenbart sich u. a. in folgendem Problem: Politische Zielsetzungen, die mit wirtschaftlichen Zielen der ausgelagerten Unternehmen kollidieren, werden mitunter von Stadträten in den Aufsichtsräten weitaus weniger ernst genommen als noch zuvor im Stadtrat beschlossen. Ein Beispiel dafür stellen die Ziele des Klimabündnisses dar, die trotz Stadtratsbeschluss in den städtischen GmbHs nur stiefmütterlich behandelt werden. Ein internes Problem stellt zudem die mangelnde Information der Stadträte in den Aufsichtsräten selbst dar, so dass Entscheidungen oftmals nicht fundiert getroffen werden können. Alternative: Mehr Öffentlichkeit Die GAL hat hierzu folgenden Vorschlag: Zum einen lassen sich GmbHs leicht in solche, die im Wettbewerb stehen (z. B. Stadtwerke Energie) und solche, die dies nicht tun (z. B. Stadtwerke Bus/Bäder), unterteilen. Nur für erstere mögen nicht-öffentliche Entscheidungsprozesse gerechtfertigt sein. Generell könnte man die Aufsichtsratssitzungen zumindest in einen öffentlichen und einen nicht-öffentlichen Teil gliedern, wie das auch beim Stadtrat gehandhabt wird. Entscheidungsprozesse werden somit transparenter – sowohl für die Aufsichtsräte, als auch für die BürgerInnen. Auf diese Weise könnte dem entstandenen Demokratiedefizit ein wenig entgegen gewirkt werden, besonders wenn dies mit einer konsequenten Information der BürgerInnen einhergeht. Das müsste aber von der politischen Mehrheit in Bamberg so gewollt sein. Die GAL ist mit Vorstößen in diese Richtung bisher zumeist auf taube Ohren gestoßen. read/dsch |