Shared Space ist ein neues Verkehrskonzept, das immer öfter erfolgreich ausprobiert wird. Nicht Verkehrszeichen regeln den Verkehr, sondern die VerkehrsteilnehmerInnen selbst. Verkehrspolitik in Bamberg – das ist bekannt – dreht sich seit Jahren um die immer selben Fragen: mehr oder weniger Parkplätze, mehr Straßen oder weniger Autos. Die Argumente – auch das ist bekannt – gleichen sich, wirklich voran geht kaum etwas. Könnte in einer solchen verfahrenen Situation ein neues „Konzept“ helfen? Ein Konzept, das in anderen deutschen Städten bereits ausprobiert und vor allem im Ausland durchaus mit Erfolg praktiziert wird? Die Rede ist von „Shared Space“. „Shared Space“ könnte man vielleicht am besten mit „Verkehrsraum für alle“ übersetzen. Und das bedeutet: Der öffentliche Raum ist für alle da, er wird geteilt, alle Verkehrsteilnehmer sind gleichberechtigt. Der Shared Space geht dabei aber noch weiter als der so genannte „verkehrsberuhigte Bereich“: Verkehrszeichen oder Ampeln fehlen, Bordsteine sind nicht vorhanden, Fahrbahnmarkierungen auf ein Minimum reduziert. Dafür sind rücksichtsvolles Verhalten aller Verkehrsteilnehmer und Kommunikation umso mehr gefragt. Unfallstatistiken bestätigen Konzept In Holland, wo dieses Konzept „erfunden“ wurde, gibt es mittlerweile über 100 Städte mit solchen gemeinsamen Verkehrsbereichen. Mit enormem Erfolg: In keiner dieser Städte gab es im Shared Space einen schweren Unfall. Die Lärmbelastung ging zurück – dank sinkender Geschwindigkeiten und der Verstetigung des Verkehrs. Das Attraktive an diesem Konzept: Es setzt auf das Miteinander und nicht auf Vorrechte einzelner Verkehrsarten. Es fördert die Achtsamkeit und damit die gegenseitige Achtung, gerade weil es Regeln abbaut. Es grenzt niemanden aus und verbessert gleichzeitig die Qualität des öffentlichen Raums für alle. Shared Space ist deshalb mehr als ein neuer verkehrspolitischer Ansatz. Es ist ein Konzept, das städtebauliche, architektonische und gesellschaftliche Aspekte mit einbezieht. Ist Shared Space deshalb so etwas wie das verkehrspolitische „Ei des Kolumbus“? Das sicher nicht, denn es gibt auch hier noch zu klärende Fragen: Wie etwa können die Belange von sehbehinderten Menschen gewahrt bleiben, wenn Shared Space so stark auf Kommunikation und Sichtbeziehungen setzt? Kompromisslösung für Streitpunkte in Bamberg? In der verkehrspolitischen Diskussion in Bamberg, die von Konfrontation und gegenseitigen Vorwürfen geprägt ist, könnte das Shared-Space-Konzept dennoch nützlich sein: Den notorischen Autofetischisten, die mit jedem verlorenen Parkplatz den Untergang des Abendlands näher rücken sehen, nimmt es den argumentativen Wind aus den Segeln. Den Freunden der Verkehrsberuhigung kommt es entgegen, weil es zu einer deutlich besseren Qualität des öffentlichen Raums und zu mehr Sicherheit für Radfahrer und Fußgänger führt. Und nicht zuletzt ist es ein sehr flexibles Konzept, das an die jeweilige Situation optimal angepasst werden kann. Es könnte deshalb gerade für jene Straßen und Plätze Bambergs ein geeignetes Konzept sein, die für eine Fußgängerzone oder eine Sperrung für den Kfz-Verkehr nicht in Frage kommen, weil sie für die innerörtlichen Verkehrsbeziehungen unverzichtbar sind. Das gilt z. B. für die Lange Straße. Probephase in Stadtteilzentren Shared Space könnte aber auch für Stadtteilzentren ein Lösungsansatz sein, die kleinstädtischen oder gar dörflichen Charakter haben. Denn dies sind genau jene Verkehrssituationen, für die das Konzept ursprünglich entwickelt wurde. In der Wunderburg oder am Gartenstädter Markt könnte man erste Erfahrungen mit einem solchen Konzept sammeln, ehe man sich an sensible und umstrittene Straßenzüge in der Innenstadt heranwagt. G.R.
|