Der Bus nach Weipelsdorf

… oder ein Konjunkturprogramm für Bamberger Läden und Hotels?

Was taugt der ÖPNV in der Region? Das wollte die Kreistagsfraktion mal am konkreten Beispiel herausfinden und stellte den Grünen-Mitgliedern im Bamberger Landkreis eine Aufgabe: Sie sollten mit öffentlichen Verkehrsmitteln ins Bamberger Landratsamt zu einer Sitzung des Kreistags kommen. Kein allzu schwieriges Unterfangen, sollte man meinen, für jeden Bürger und jede Bürgerin eigentlich machbar. Immerhin befindet sich das Landratsamt in zentraler Lage in Bamberg, direkt gegenüber vom Bahnhof, und die Sitzungen finden nur werktags statt, Beginn 14 Uhr, Ende ca. 17 Uhr.

Die Rückmeldungen aus dem grünen Lager gaben ein zwar nicht repräsentatives, doch aber viel sagendes Bild des öffentlichen Verkehrs im Landkreis ab.

Für Grüne aus Bischberg (mit Stadtbusanbindung) oder Baunach (Bahnanbindung) stellt die Angelegenheit erwartungsgemäß keinerlei Problem dar.

Obwohl auch Schammelsdorf als Gemeindeteil von Litzendorf vom Stadtbus bedient wird, müssten politisch Interessierte von dort schon um 9 Uhr losfahren, wenn sie pünktlich zu Sitzungsbeginn anwesend sein wollen. Sie wären dann zwar ausgesprochen frühzeitig in Bamberg und müssten vier Stunden bis 14 Uhr warten, hätten aber beispielsweise viel Zeit, die innerstädtische Geschäftswelt durch ausgeprägten Konsum zu stärken.

Ähnlich erginge es ParteifreundInnen aus Röbersdorf, von wo aus man schon um 7.18 Uhr losfahren müsste, um gegen 8.41 Uhr in Bamberg einzutreffen.

Auch die Grünen aus Burgellern, Huppendorf oder Tiefenellern könnten sich einen ausschweifenden Vormittag im Weltkulturerbe gönnen.
Wobei etwa der Huppendorfer Kollege mit der „Heimreise“ in Schwierigkeiten geraten könnte, jedenfalls dann, wenn er die Sitzung bis zum Ende verfolgen will. Selbst wenn er in Kauf nimmt, eine Linie zu nutzen, die ihn irgendwo auf der Landstraße ausspuckt, muss er vor 17 Uhr in Bamberg in den Bus steigen, um überhaupt noch in die Nähe von Zuhause zu kommen.

Ersatzweise böte sich ihm die Gelegenheit, sich mit seinem Kollegen aus Weipelsdorf zusammen zu tun und ins glitzernde Bamberger Nachtleben zu stürzen – inklusive Übernachtung, versteht sich. Wie fit für die Piste dieser Grüne aus der Nähe von Bischberg allerdings am Abend noch ist, kann man schon fragen, denn er musste ja schon in aller Früh um 6.41 Uhr an seiner Weipelsdorfer Bushaltestelle stehen, um überhaupt pünktlich um 14 Uhr im Landratsamt zu sein. Dafür hat er definitiv keine Gelegenheit mehr, am selben Tag nach Hause zu kommen: Mittags fährt der letzte Bus zurück.

Vielleicht steckt hinter dem mangelhaften ÖPNV-Angebot im Landkreis (und dort nicht nur in den genannten Orten!) also gar kein Versagen von Verkehrspolitik, sondern ein passgenaues Konjunkturprogramm für Einzelhandel und Hottellerie? Oder aber eine effiziente Abwehr von Bürgerbeteiligung bei Kreistagssitzungen …

sys