Ein Kommentar von David Klanke Angela Merkels Politik in der europäischen Wirtschaftskrise wird immer als alternativlos angenommen. Das ist sie allerdings nicht. Im Gegenteil: Sie macht eigentlich alles falsch. Geht diese Politik so weiter, steht der Euro vor dem Ende. Das erste Problem bei der Einführung des Euro war der Glaube, man könne einen gemeinsamen Wirtschaftsraum schaffen ohne gemeinsame Wirtschaftspolitik. Inzwischen ist klar, dass die einseitige Exportfixierung und die damit verbundenen niedrigen Löhne in Deutschland zu einem relevanten Ungleichgewicht geführt haben. Merkel spricht von einer starken Performance der deutschen Wirtschaft und der hohen Bedeutung der Exportmacht, ignoriert dabei aber, dass der Exportmacht des einen auch die vielen Importe eines anderen gegenüberstehen. Zu einer verantwortungsvollen Europapolitik würde gehören, auch die Binnenkonjunktur in Deutschland zu fördern und damit ausgewogene Wirtschaftsbeziehungen unter den EU-Ländern. Mittlerweile sind, was leider in den deutschen Nachrichtensendungen häufig vernachlässigt wird, nur noch zwei Länder in der EU übrig geblieben, die diese Einsicht nicht haben: Deutschland und Großbritannien. Somit ist Deutschland unter Merkel zu einem der größten Europa-Kritiker geworden. Der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt sieht seit September 2010 die Möglichkeit vor, gegen die Länder vorzugehen, die einen zu großen Handelsbilanzüberschuss vorweisen. Prompt hat Deutschland in den letzten Jahren seitdem jedes Jahr gegen diesen Passus verstoßen. Doch in der Medien-Berichterstattung ist davon kaum etwas zu lesen. Der Diskurs wird hierzulande einseitig geführt und dreht sich vor allem um deutschen Wohlstandserhalt. Merkel spricht immer davon, dass nur der Schuldenabbau zu mehr Wachstum führen könne. Inzwischen haben nur noch zwei europäische Ländern ein minimales Wachstum: Deutschland und Luxemburg. Der Grund hierfür: Die fatale Annahme, dass Sparen und Wachstum gemeinsam funktionieren. Merkel ignoriert zudem die Widerlegung der wichtigsten volkswirtschaftlichen Theorie nach Reinhart und Rogoff, die den wissenschaftlichen Unterbau zu der merkwürdigen Kombination Sparen/Wachstum lieferte. Schlimmer noch: Reinhart/Rogoff bauten ihr ganzes Datengerüst auf einem einfachen Fehler auf. Sie hatten sich in der Bearbeitung einer Excel-Tabelle versehen. Umso schlimmer, dass jetzt die Menschen in Griechenland und Spanien, und Italien usw. aufgrund der mathematischen Fehlleistung zweier Volkswirte weiter völlig unsinnigerweise geschröpft werden. Es sei daran erinnert, dass in dem ach so humanen Europa Menschen wieder an Hunger leiden. Auch darüber wird in deutschen Medien meist geschwiegen. Währenddessen halten die beiden deutschen Regierungsparteien CDU/CSU und FDP an ihrem Sparpopulimus fest und verdonnern die gebeutelten EU-Länder zu Maßnahmen, die ganz offensichtlich nicht zur Sanierung ihrer Volkswirtschaften führen. Sie ziehen sich damit auf den altbekannten BWL-Grundsatz „Sparen und Wachstum gehören zusammen“ zurück, einfach weil das dem ohnehin überforderten Wähler so gut zu verkaufen ist. Auf diese Weise wird ein mögliches komplexes EU-Krisenmanagement platten deutschen Wahlstrategie-Überlegungen geopfert. Wenn sich der Kurs der Kanzlerin nicht ändert, glauben auch in Europa selbst nur noch Wenige an einen Fortbestand des Euro. Bspw. Nobelpreisträger Joseph Stiglitz sieht das Ende des Euro aufgrund der deutschen Politik längst besiegelt. Viele glauben hierzulande, dass Merkel den Satz „Scheitert der Euro, scheitert Europa“ wirklich ernst meint. Das kann bei ihrer Politik nicht wirklich wahr sein. Außerdem: Ist die Leitidee Europa von einer gemeinsamen Währung abhängig? Natürlich nicht. Wenn der Euro jetzt auseinander bricht, benötigt Europa eine vernünftige Strategie losgelöst vom europafeindlichen Sparpopulismus unserer Kanzlerin. Das kann bedeuten, nach Ende des Euros die Wechselkurse der einzelnen Länder gezielt wieder aneinander anzupassen. Dann stimmt auch wieder die gemeinsame Bilanz. Sicher ist wohl: Diese Regierung fährt den Euro vor die Wand. Einzige Lösung bleibt ein Regierungswechsel im Herbst und ein deutliches Umsteuern in der Wirtschaftspolitik, um die Binnennachfrage endlich anzukurbeln und die Exportabhängigkeit zu verringern.
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