Jede sechste Familie, die einen Krippenplatz will oder braucht, geht in Bamberg leer aus. Der kleine Emil* ist neun Monate alt. Die Elternzeit seiner Mutter Franziska* endet mit dem März 2014. Bereits zu Beginn der Schwangerschaft hat sie sich bei mehreren Kindertagesstätten für einen Betreuungsplatz beworben. Bisher erhielt sie mehrere Absagen, aber noch keine Zusage. Damit fehlt ihr momentan die Planungssicherheit, die sie für den Wiedereinstieg in den Beruf bräuchte. Emil braucht also dringend einen Betreuungsplatz. Am 2. Dezember 2013 titelte der Fränkische Tag hingegen: „Eltern zufrieden mit Kinderbetreuung“. Mit Franziska und Emil hat die Redaktion dazu offensichtlich nicht gesprochen, stattdessen eine der lobhudelnden Verlautbarungen der städtischen Pressestelle veröffentlicht. Zitiert wird eine Elternbefragung, die der „Arbeitskreis Kindertageseinrichtungen“ der städtischen Jugendhilfeplanung gemeinsam mit der Universität Bamberg durchgeführt hatte. 17 % fanden 2013 nicht rechtzeitig einen Kita-Platz Demnach äußerte sich der große Teil der Eltern positiv über die Betreuungssituation in Bamberg. 83 % der Eltern von Krippenkindern gaben an, zum gewünschten Zeitpunkt einen Krippenplatz erhalten zu haben. Hört sich toll an, aber: Wie haben die übrigen 17 % die Betreuung ihrer Kinder bis zum Erhalt des Krippenplatzes organisiert? Konnten sie das Problem überhaupt lösen? Was wurde aus der Arbeitsstelle? Wie waren die Auswirkungen auf den weiteren Berufsweg? Seit August 2013 sind genau diese Fragen, die immerhin jede sechste Familie in Bamberg – möglicherweise existenziell – betreffen, nicht mehr einfach nur Privatsache. Seither gibt es nämlich einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr. Prinzipiell hätten diese Eltern die Möglichkeit, ihren Rechtsanspruch vor Gericht einzuklagen. Eine Abfrage bei den Betreuungseinrichtungen im Herbst 2013 ergab, dass von 763 Kindern im Alter unter drei Jahren auf Wartelisten bisher nur 138 eine Zusage auf einen Platz erhalten haben. Selbst wenn man davon ausgeht, dass jedes Kind gleichzeitig bei drei Einrichtungen angemeldet wäre, gäbe es immer noch 250 bis 260 Kinder, die im nächsten Sommer einen Betreuungsplatz benötigen. Bei 138 Zusagen blieben dann immer noch über 100 Kinder, die unversorgt wären. Es gibt also genug Gründe dafür, dass der Oberbürgermeister seine eigene Aussage „Wir ruhen uns auf diesen Lorbeeren aber nicht aus, denn die Familienfreundlichkeit der Stadt ist eine permanente Aufgabe“ ernst nimmt und sich weiterhin und zwar verstärkt für die Verbesserung der Betreuungssituation einsetzt. Schäffler- und Megalith-Gelände ohne neue Kita Ein paar Gelegenheiten dazu wurden allerdings bereits verpasst. Sowohl beim Bebauungsplan für das Schäffler-Gelände in Bamberg-Nord als auch für das Megalith-Gelände in Gaustadt beantragte die GAL, neue Kindertagesstätten mit einzuplanen, was von der Stadtratsmehrheit und dem OB jedoch abgelehnt wurde. Hoffentlich gelingt es der GAL, beim Glaskontor-Gelände davon zu überzeugen. Geld für frühkindliche Bildung auszugeben bedeutet, an die Zukunft dieser Stadt zu denken, wie der Ökonomie-Nobelpreisträger James Heckmann betont: „In die Kleinen zu investieren, bringt später den größten wirtschaftlichen Nutzen.“ Die Bertelsmann-Stiftung bekräftigt das mit Zahlen: „Die Verbesserung der Bildungschancen durch die Krippenbetreuung liegt für benachteiligte Kinder höher als für den Durchschnitt. Rund zwei Drittel von ihnen gehen später aufs Gymnasium.“ (beide Zitate aus der ZEIT vom 27.1.2012) * Name geändert. Der richtige Name ist der Redaktion bekannt.
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