Das Elektroauto ist kein Allheilmittel. Es kann nur Teil einer neu gestalteten und vernetzten Mobilität sein. Bamberg ist da erst am Anfang. Foto: Sebastian Kaulitzki / fotolia.de Wir stellen auf Elektromobilität um – und alles wird gut. Nein, eben nicht. So einfach funktioniert Verkehrspolitik (leider) nicht. Das glaubt vielleicht die Bundeskanzlerin, die mit ihrem „Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität“ im August 2009 das Ziel ausgab, bis 2020 die Zahl der Elektroautos in Deutschland auf eine Million zu bringen. Anfang 2015 waren es 18.948 Elektroautos – 1,9% der angestrebten Zahl und 0,04% des gesamten PKW-Bestandes. Das glaubt vielleicht auch der Bamberger CSU-Stadtrat Gerhard Seitz, der vor kurzem beantragte, E-Autos in Bamberg durch zahlreiche Maßnahmen zu fördern. Beispielsweise will er, dass die Stadt beim Kauf eines Elektroautos 1000 Euro zuschießt, E-Auto-Fahrer*innen jeden Parkplatz kostenlos nutzen und auf allen Busspuren fahren dürfen und nachts ihren Strom zum Aufladen des Autos billiger bekommen. Der CSU-Mann zeigt damit zwar, dass er das E-Auto als zusätzliche Mobilitätsform erkannt hat, solche pauschalen Politikansätze lassen dennoch eine dringend nötige differenzierte Sichtweise vermissen. Denn es kann nicht unser Anliegen sein, fossile Mobilität einfach eins zu eins durch Elektromobilität zu ersetzen. E-Mobilität kann nur ein kleiner, zusätzlicher Baustein sein in einer variantenreichen Angebotspalette der Fortbewegung der Zukunft, deren Ziel es sein muss, den motorisierten Individualverkehr (MIV) auf ein notwendiges Mindestmaß zu begrenzen. Mobilität der Zukunft „Verkehrsträgerübergreifende Mobilität“ ist das Schlagwort, das Kommunen oben auf ihrer verkehrspolitischen Agenda haben sollten. Das heißt: Jedem Bürger steht eine breite Auswahl von Möglichkeiten zur Verfügung, wie er von A nach B kommt, dem jeweiligen Bedarf angemessen. Auf diese Auswahl kann er zentral zugreifen, da alle Verkehrsträger miteinander kooperieren: örtlicher ÖPNV, überregionaler Zug-/Busverkehr, Car-Sharing-Anbieter, Leih-Fahrradsys-tem, Lieferdienste usw. In solch ein System können auch E-Fahrzeuge integriert sein (als Car-Sharing-Autos, E-Bikes, E-Busse usw.). Individuell genutzte E-Autos sind dann nur noch ein Zusatz für besondere Wege, die anders im System nicht unterzubringen sind. Informationsplattformen bzw. Apps vernetzen Infos über die jeweiligen Angebote. Abos, Dauerkarten usw. sind für die verschiedenen Mobilitätsarten nutzbar und übertragbar. Es gibt eine individuelle Mobilitätsberatung für tägliche Pendelwege zwischen Zuhause und Arbeitsplatz, Kindergarten, Schule, Pflegeheim usw. In diesem Rahmen kann man natürlich auch E-Autos fördern, allerdings nicht, indem man sie gegenüber dem ÖPNV bevorzugt. Busspuren sollten nicht durch MIV belastet werden, auch nicht, wenn der elektrisch betrieben wird. Und zumindest die Innenstadt sollte man nicht mit Autokarosserien zuparken, auch wenn die statt aus Blech aus Alu bestehen. Was die Stadt also ganz sicher nicht fördern sollte: Dass ein wohl begütertes Ehepaar mit seinem Dritt-Auto in der Stadt auf Busspuren spazieren fährt, kostenlose Parkplätze vorfindet und für diesen Luxus obendrein auch noch bares Geld bekommt. Noch löchriges Ladesäulennetz in Bamberg Was in Bamberg noch auszubauen und für das E-Auto auch existenziell notwendig ist, ist das Ladesäulennetz. Derzeit gibt es mehrere Ladestationen der Stadtwerke, außerdem am Bahnhof, beim Amt für Ländliche Entwicklung (Nähe Schillerplatz) und bei einigen privaten Autohändlern oder Tankstellen. Doch ihre Nutzung ist nicht vernetzt, jeder rechnet anders ab. Und auch bei der Ladestellen-Suche im Internet spuckt jede Website andere Ergebnisse aus. Alles nicht sehr komfortabel und wenig übersichtlich. Sinnvoll wäre also ein In-frastrukturausbau mit einheitlichem Abrechnungssystem, das möglichst in der ganzen Metropolregion Nürnberg gilt und z.B. mit einer Karte genutzt werden kann. Überall gleich hohe Ladekapazitäten, so dass es nur kurze Ladezeiten gibt. Und ein ausreichend dichtes Netz von Ladestationen, in das auch möglichst viele Arbeitgeber einbezogen werden. Bamberg braucht Mobilitätsnetz Was wir in Bamberg brauchen, ist eine gute Vernetzung der verschiedenen öffentlich angebotenen Verkehrsdienstleistungen aus einer Hand – wenn es nach Wunsch der GAL geht, aus der Hand der Stadtwerke. Das bedeutet: Man kann mit einer Monats- oder Jahreskarte alle Busse und Bahnen in der Region benutzen, sich von den Stadtwerken ein Car-Sharing-Elektroauto seiner Wahl ausleihen (in Kooperation mit dem vorhandenen Ökobil-Angebot), oder sich ein Fahrrad oder ein Elektrorad (Pedelec) der Stadtwerke an einer der vielen öffentlichen Fahrradleihstationen ausleihen. Das ganze online gut vernetzt, so dass man leicht erfährt: Welches Verkehrsmittel bietet mir im Moment für meine persönlichen Bedürfnisse die günstigste Fortbewegung? Das ist in Bamberg noch echte Zukunftsmusik, aber bei nötigem Durchsetzungswillen in realisierbarer Nähe. sys |