Ziel 10 – Bedürfnisse von Menschen erkennen, ernst nehmen und in politischen Entscheidungen berücksichtigen Die Menschen in Bamberg befinden sich in ganz vielfältigen Lebenslagen oder Lebensphasen, sie unterscheiden sich in Alter und Herkunft, haben Handicaps usw. All diese unterschiedlichen Bedürfnisse muss die Kommunalpolitik berücksichtigen. Von mangelhaften Schulräumen über fehlende barrierefreie Zugänge zu Stätten des Weltkulturerbes bis hin zur unzureichenden Unterstützung für Jugendkultur – es gibt einiges zu tun. Deshalb: Die Bürger_innen sind selbst am besten dazu in der Lage, ihre Bedürfnisse auszumachen und zu benennen. Die Beiräte (Migranten- und Integrationsbeirat, Seniorenbeirat, Beirat für Menschen mit Behinderung, Familienbeirat, Stadtgestaltungsbeirat) sind nicht als Alibigremien zu verstehen, sondern stärker in den politischen Prozess einzubinden. Und die Menschen müssen vor Ort, also in den Stadtteilen gefragt werden, was sie brauchen oder sich wünschen. In Bamberg: was wir wollen Familien fördern Wir fordern mehr Wertschätzung und Unterstützung von Familien seitens der Stadt Bamberg: Mittels einer Familienverträglichkeitsprüfung sollen alle Entscheidungen der Stadt überprüft werden, insbesondere bei der Stadtentwicklung und beim Bauen, bei Freizeit und Sport und im Sozialbereich. In der Stadtverwaltung ist Familienpolitik als Querschnittsaufgabe zu verstehen. Familien verdienen generell Unterstützung, bei Angeboten in kulturellen Einrichtungen (Theater, Musikschule), beim ÖPNV, bei der Gestaltung öffentlicher Plätze, Zugang zu Sportanlagen usw. Familien in speziellen Lebenslagen müssen darüber hinaus besonders berücksichtigt werden: Alleinerziehende sind verstärkt auf ihnen angemessene Öffnungszeiten von Kindertagesstätten angewiesen und müssen von der Stadt gezielt beraten werden. Die Selbsthilfegruppe der Alleinerziehenden ist von städtischer Seite zu unterstützen. Für bedürftige Familien, für Familien mit mindestens drei Kindern und für Alleinerziehende wollen wir unkomplizierte Vergünstigungen in städtischen Einrichtungen – das wäre mit dem von der GAL beantragten aber von der Stadtverwaltung geblockten Kultursozialticket möglich gewesen. Wir bleiben dran. Jugendliche ernst nehmen und einbinden Die GAL setzt sich für die aktive Beteiligung Jugendlicher an der Kommunalpolitik ein: Wir wollen alle Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft und von ihrem Bildungshintergrund einbeziehen. Die Politik muss daher mit anderen Angeboten auf die Jugendlichen zugehen. Am besten geschieht dies vor Ort, in ihren Stadtteilen. Eine Jugendversammlung oder ein Jugendparlament kann aus solchen Initiativen entwickelt werden. Vor allem Initiativen, die von den Jugendlichen selbst kommen, müssen ernst genommen werden. Sie brauchen Raum, um Jugendkultur zu verwirklichen – konkret: Räume für Veranstaltungen oder für Bandproben, Vernetzung untereinander, Unterstützung bei Organisation von Veranstaltungen. Vor diesem Hintergrund ist klarzustellen, dass es sich bei dem so genannten Jugendförderzentrum in der Gereuth lediglich um eine mit dem Feigenblatt Jugendförderung getarnte Trainingshalle für den Profi-Basketball handelt. Studierende einbinden Neben den Jugendlichen, sind aber auch die Studierenden ein Teil Bambergs, die eben nicht nur Gäste in der Stadt sind, sondern sich oft kulturell, sozial oder auf andere Art und Weise in die Gemeinschaft vor Ort einbringen und die Stadt lebenswerter machen. Viele von ihnen haben ihren Hauptwohnsitz aber oftmals nicht in Bamberg und daher in unserer Stadt kein Stimmrecht bei Kommunalwahlen. Nichtsdestotrotz sind sie von Entscheidungen des Stadtrates und der Verwaltung der Stadt Bamberg betroffen. Deshalb muss auch der Kontakt mit den Studierenden bei Entscheidungen, die sie betreffen, gesucht werden. Daher fordern wir eine aktivere Beteiligung der Studierendenschaft und der Studierendenvertretung bei Beratungen über Entscheidungen, die studentische Interessen tangieren. Dies geschieht in Form eines Dialogs auf Augenhöhe. Gleichstellung als Querschnittsaufgabe Frauen und Männer profitieren in unterschiedlicher Weise von politischen Entscheidungen. Deshalb ist langfristig die Gender-Perspektive für das Verwaltungshandeln einzuführen. Der jährliche Haushalt ist konsequent nach Gender-Gesichtspunkten zu prüfen. Bamberg steht hier noch immer ganz am Anfang, auch in den letzten Jahren hat sich hier kaum etwas getan. Zunächst ist ein grundsätzliches Gespür dafür zu entwickeln und zu fördern, so dass Entscheidungsträger_innen über die jeweiligen Auswirkungen informiert werden können und Gender-Mainstreaming als Querschnittsaufgabe verstanden wird. In der Stadtverwaltung ist auch nach Einrichtung einer Gleichstellungsbeauftragten, einem Frauenförderplan und einer Frauenkommission noch immer die gezielte Förderung von Frauen erforderlich. Es müssen mehr Frauen in die Führungsetagen gelangen, und Elternzeit darf nicht gleichbedeutend mit Karriereknick sein – weder für Männer noch für Frauen. Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf braucht es mehr Teilzeitangebote, flexible Arbeitszeitmodelle Angebote zur Heimarbeit, sowie Möglichkeiten die Arbeit teilweise von zuhause aus zu erledigen. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss selbstverständlich sein. Die Stadt und ihre Tochterunternehmen sollten hier offensiv Pionierarbeit leisten und anderen Arbeitgebern ein Beispiel geben. Bamberger Betriebe mit herausragenden Gender-Mainstreaming-Plänen könnten ausgezeichnet und dadurch der Gedanke wirksam propagiert werden. Inklusion und Teilhabe Die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung betreffen die Zugänglichkeit von Gebäuden, die Stadt- und Bauplanung und Baumaßnahmen. Sie müssen deshalb in all diesen Bereichen mit bedacht werden. Hierzu sind automatisch die Behindertenbeauftragte und der Beirat für Menschen mit Behinderung einzubeziehen. Mehrere öffentliche Gebäude sind derzeit nicht oder nur schlecht barrierefrei zugänglich, etwa die Stadtgalerie Villa Dessauer oder die Rathäuser Geyerswörth und Maxplatz. Langfristig muss hier eine Umrüstung finanziert werden. Das Eingehen auf die Bedürfnisse von gehandicapten Personen darf nicht als großzügiges Zugeständnis an eine Minderheit verstanden werden. Maßnahmen für diesen Personenkreis kommen auch anderen Menschen zugute (von Rampen und Aufzügen profitieren auch Senior_innen oder Eltern mit Kinderwagen) und sind deshalb ein allgemeiner Gewinn. Inklusion – wie sie die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vorschreibt – ist in aller Munde, wird aber kaum umgesetzt. Dabei geht es um mehr als um Eingangsrampen und Aufzüge. Inklusion besagt, dass Teilhabe auf allen Ebenen ermöglicht werden soll – in Schule und Kindergarten, im Beruf, im Gesundheitssystem und in der Möglichkeit, sein Leben selbst zu bestimmen. Dieses Denken muss in allen Teilen von Verwaltung und Politik Fuß fassen, und hat viele Alltagsfacetten, etwa wenn Behörden mit gehörlosen Menschen kommunizieren oder Lehrkräfte blinde Kinder im Unterricht haben. Auch politische Teilhabe ist ein Aktionsfeld der Stadtpolitik, weshalb die GAL die Einrichtung von Induktionsanlagen in den Sitzungssälen beantragt hat. Aktiv und mit Würde alt sein Die Zahl der Senior_innen wird zunehmend größer. Davon sind viele ausgesprochen rüstig, andere stark pflegebedürftig. Beide Lebenslagen müssen in unsere Gesellschaft integriert werden, beiden muss (soweit sinnvoll) im öffentlichen Leben Raum geboten werden. Betreute Wohnformen und ambulante Hilfen sind zu fördern und auszubauen, um alten Menschen so lange wie möglich und so lange sie wollen ein selbständiges Leben zu ermöglichen. Die städtischen Altenheime müssen zuallererst eine menschenwürdige Pflege gewährleisten und dürfen nicht vorrangig nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt werden. Das heißt auch, dass die Arbeitsbedingungen und Bezahlung der Pflegekräfte stimmen müssen. Um einer Vereinsamung im Alter vorzubeugen, sollte es in allen Stadtteilen Freizeitangebote und Besuchsdienste für Senior_innen geben. Private bzw. genossenschaftliche Initiativen für Mehrgenerationenhäuser und andere innovative Angebote (z.B. Senioren- oder sog. Demenz-WGs) sind zu unterstützen. Generationenspielplätze, die auch Geräte zur körperlichen Ertüchtigung von alten Menschen bereithalten, können zur Begegnungsstätte von Alt und Alt sowie Jung und Alt werden. Wohnungslose menschenwürdig unterstützen Es ist die Pflicht der Stadt, für obdachlose Menschen ein würdiges Leben zu schaffen und ihnen Hilfe anzubieten. Ihre Situation hat sich sehr verbessert durch den Verein Menschen in Not e.V. und den Treff in der Siechenstraße. Dieser muss auf jeden Fall erhalten werden. Die Stelle des Sozialarbeiters im Obdachlosenwohnheim für Männer (TH2) muss langfristig gesichert werden; zudem ist eine Ergänzung notwendig, um auch die übrigen Wohnheime, also die für Familien und Frauen, sozialarbeiterisch zu betreuen. Ziel der städtischen Obdachlosenhilfe muss die Vermittlung in eine eigene Wohnung sein, wobei die Stadtbau GmbH als städtisches Wohnungsunternehmen in der Pflicht ist und verstärkt mit der städtischen Präventionsstelle zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit zusammenarbeiten muss. Dazu gehört aber auch ganzheitliche Hilfe (Arbeitsvermittlung, psychosoziale Unterstützung, Vermittlung Suchttherapie, Schuldnerberatung etc.). Den Weg aus dem Wohnheim heraus in die eigene Wohnung sieht die GAL durch ein sozialarbeiterisches Konzept unterstützt, das Eigeninitiative und Selbsthilfe im Wohnheim fördert (z. B. Einrichtung eines Gemeinschaftsraums, Renovierungsarbeiten, gemeinsame Aktivitäten der Bewohner_innen). Auf diese Weise machen sich die Betroffenen selbst stark, um sich dann wieder in die Gesellschaft einzubringen und Verantwortung für sich zu übernehmen. Das Gegenkonzept – ein Wohnheim möglichst unattraktiv zu halten, so dass Bewohner_innen es nicht lange dort aushalten – hält die GAL für menschenunwürdig. Langfristig ist anzustreben, die Obdachlosen nicht in einem zentralen Heim, sondern in Wohngruppen unterzubringen. Stadtteile als kleine soziale Einheiten fördern Stadtteilzentren können ein wertvoller Konzentrationspunkt unterschiedlicher sozialer Maßnahmen sein, die nicht nur dem Einzelnen, sondern dem Klima im gesamten Stadtteil zugutekommen. In einem solchen Zentrum kommen z. B. Familien zueinander, können sich austauschen, Spielzeug und Kleidung leihen oder bei Basaren weiterverkaufen, Spielgefährt_innen für ihre Kinder finden. Senior_innen bekommen Kontakt zu anderen Altersgenoss_innen, aber auch zu Familien mit Kindern, wo sie sich evtl. als Leih-Omas oder Leih-Opas anbieten können. Menschen mit ausländischer Herkunft kommen ins Gespräch mit Einheimischen, die ihnen bei Behördengängen oder der Formulierung von Briefen helfen können. Es kann eine Tauschbörse (ich wasche dein Auto – du flickst mir den Riss im Fahrradmantel), eine Jugend-Disco, Seniorennachmittage, Kochkurse, ein türkischer Abend usw. organisiert werden. |