Je akuter die Notlage, desto länger die Wartezeit

Wolfgang Ceming ist seit 1991 in der Schuldner- und seit 1999 in der Verbraucherinsolvenzberatung der Caritas tätig. Er hilft kostenlos und unter Verschwiegenheit. In einem -Gespräch erzählt er von den Entwicklungen der letzten Jahre und warum man auf Termine oft lange warten muss.

Wer Wolfgang Ceming in seinem Büro besucht, hat entweder ein finanzielles Problem oder sieht es bereits kommen. Als Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberater gibt er Hilfe zur Selbsthilfe, gewährt Unterstützung zur Sicherung der Existenz und berät, wie sich Schulden reduzieren lassen. Vorbeugend dann, wenn die Verschuldung noch zu managen ist (Schuldnerberatung) – akut, wenn bereits eine Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist und ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden muss (Insolvenzberatung).

Die Nachfrage ist seit dem Start des Angebots vor 25 Jahren kontinuierlich auf hohem Niveau. Reichen die Kapazitäten der Berater hierfür überhaupt aus? „In den meisten Fällen schon“, meint Ceming und verweist auf die relativ kurzen Wartezeiten für Termine in der Schuldnerberatung von maximal zwei bis drei Wochen. Dieser Bereich wird von den Kommunen bezuschusst. Anders sieht es hingegen bei der Verbraucherinsolvenzberatung aus, die Mittel vom Freistaat Bayern erhält. Hier wartet man circa sieben Monate auf einen Platz, im Raum Forchheim muss man sich gar ein ganzes Jahr gedulden. Das Problem: Die Fallpauschalen, die man als Beratungsstelle erhält, sind seit Jahren unverändert und zu gering. So können nicht genügend Berater*innen eingestellt werden. Es fehlt also am Geld, ausgerechnet bei der Insolvenzberatung.

Insolvenzberatung hat zu wenig Geld

„Es gab ernsthafte Überlegungen, die Förderung der Schuldner- und Insolvenzberatung komplett in die Hände der Kommunen zu legen“, so Ceming. Städte und Landkreise waren durchaus dazu bereit, wollten mit dem Freistaat aber einen finanziellen Ausgleich aushandeln. Das ist nicht gelungen, und so blieb es bei der aktuellen mangelhaften Stellenausstattung.

Ärgerlich ist das vor allem, da sich Schuldner- und Insolvenzberatung ohnehin nur schwer trennen lassen, der Übergang bei den Beratungen ist häufig fließend. „Nicht selten melden sich Personen für eine Insolvenzberatung an, benötigen und erhalten aber eigentlich eine Schuldnerberatung“, führt der Berater aus.

Working poor – auf lange Sicht arm dran

Eine solche Schuldnerberatung brauchen in den letzten Jahren immer mehr Menschen mit langfristig niedrigem Einkommen. Die Fachwelt bezeichnet dies als „working poor“, also arm trotz Erwerbsarbeit. Gerade in Haushalten mit Kindern kann das zum Problem werden. Mittlerweile führt Ceming bereits zehn Prozent der Beratungen aufgrund eines langfristig niedrigen Einkommens durch – Tendenz steigend.

„Und für die Zukunft schon absehbar ist, dass immer mehr ältere Menschen, die in Rente gegangen sind, oder demnächst gehen, in eine Schuldensituation kommen“, ergänzt Ceming. „Ein angemessenes Grundeinkommen wäre aus dieser Sicht auch für das Rentenalter wünschenswert.“

Schuldenfalle: Überteuerter Wohnraum

Wichtig ist Ceming die Prävention, gerade angesichts der zahlreichen Kaufanreize und Vertragsmöglichkeiten auf den verschiedenen Konsumentenmärkten. „Schon im Kindergarten und im Schulalter sollten Themen wie finanzielle Allgemeinbildung und Konsumverhalten mit aufgenommen werden. Darüber hinaus wären politische Maßnahmen nötig, damit niedrige Löhne auch langfristig zum Leben, vor allem dem existenziell Notwendigen und der Rücklagenbildung, genügen.“

Dass die Schuldnerberatung in der letzten Zeit ausgebaut wurde, lobt Ceming. Dasselbe erhofft er sich für die Insolvenzberatung, und dass beide irgendwann auch in dieser Hinsicht „Hand in Hand“ gehen und von der Stadt Bamberg gefördert werden.

Ein weiter gehendes Anliegen an die Stadt hat Ceming aber dennoch. Gerade bei Trennung bzw. Scheidung oder plötzlicher Arbeitslosigkeit werden oft auch die Mietkosten zum Problem. Wer deshalb kurzfristig eine kleinere Wohnung sucht, hat es zum Teil schwer, auf offene Türen zu stoßen. Für solche Situationen wäre „bezahlbarer, angemessener Wohnraum“ nötig – also dringender Handlungsbedarf bei Stadt Bamberg.

aei   

Wolfgang Ceming (Foto: aei)