Sozialklausel mit Haken, Ösen und Hintertürchen


Bezahlbare Wohnungen sind in Bamberg Mangelware. Die Stadt will nun tätig werden und brütet gerade ein kompliziertes Regelwerk aus, das hoch bürokratisch ist, zu kurz greift und den Investoren üppige Schlupflöcher lässt.

Bamberg erlebte in den letzten Jahren eine Entwicklung des Wohnungsmarkts mit gnadenlos marktwirtschaftlicher Logik: Aufgrund der Diskrepanz zwischen hoher Nachfrage und vergleichsweise geringem Angebot stiegen die Preise für Eigentum und Miete enorm an. Von der Politik wurde dies kaum gebremst oder gesteuert.

Gerade das wäre aber bei den Mieten für Menschen mit geringem Einkommen dringend nötig – und auch machbar. Andere Kommunen wie etwa München greifen hier längst ein. Und die GAL fordert seit Jahren gebetsmühlenartig bei jedem neuen Bebauungsplan eine soziale Wohnraumquote mit festgelegten bezahlbaren Mieten, meist ohne Erfolg.

Nun endlich sind auch andere Fraktionen aufgewacht, und die Stadtverwaltung legte eine Richtlinie für eine so genannte „Sozialklausel“ vor, die für alle künftigen bzw. noch im Verfahren befindlichen Bebauungspläne gelten soll. Nach dem Entwurf müssen alle Bauvorhaben über 1000 qm Wohnfläche mit einem 20 % igen Anteil der Wohnungen die Sozialklausel erfüllen. Dafür gibt es vier Varianten – siehe Kasten.

Das hoch komplexe System ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, lässt den Investoren aber weiterhin viel Spielraum. So soll die Sozialklausel erst ab 1000 qm zu bauender Wohnfläche greifen. Wer beispielsweise zwei Mehrfamilienhäuser baut, vierstöckig mit jeweils 8 Dreizimmer-Wohnungen von 60 qm, bleibt schon mal außen vor. Bauträgern dürfte es nicht schwer fallen, Bauvorhaben so zu splitten, dass die Richtlinie für sie schlichtweg nicht zutrifft. Die Größenvorgabe müsste deutlich geringer sein bzw. für alle Bauvorhaben gelten, die aus mehr als 5 Wohneinheiten bestehen.

Die Personen, die derzeit am meisten unter hohen Mieten und mangelnden Alternativen leiden, sind Menschen, die auf Hartz IV bzw. ALG II angewiesen sind, deren Wohnung also über KdU vom Jobcenter gezahlt wird. Ihnen ist mit den Richtlinien überhaupt nicht geholfen, weil für sie auch die Mieten in der Sozialklausel-Bindung immer noch zu hoch sind. Für diesen Personenkreis müsste zusätzlich eine erweiterte Sozialklausel eingeführt werden. Die Sozialquote müsste deshalb insgesamt eher 40% von Neubauvorhaben umfassen als die geplanten 20%.
Im Herbst soll die Sozialklausel vom Stadtrat beschlossen werden.

sys

   

Bamberger Sozialklausel

 

Bei der geplanten Sozialklausel hat der Bauträger die Auswahl aus vier Varianten.

1. „Einkommensorientierte Förderung EOF“ nach dem Bayerischen Wohnbaufördergesetz: Hier werden die Mieter*innen in zwei Einkommensstufen aufgeteilt und müssen je nach ihrer Finanzkraft nur einen bestimmten „zumutbaren“ Mietanteil selbst zahlen, den Rest bis zu einer maximalen Höhe übernimmt der Staat. Der Vermieter erhält zusätzlich eine Darlehensförderung für den Bau. Die Mietbindung läuft über 25 Jahre. Zuständig für die Belegung ist die Regierung von Oberfranken.

2. Städtische Mietobergrenze: Diese wird von der Stadt selbst berechnet und ist lageabhängig, also in der Gereuth niedriger als im Berggebiet. Basis für die Berechnung sind zwar die für Bamberg geltenden KdU (= Kosten der Unterkunft, also die maximale Miete, die z.B. für Hartz-IV-Empfänger*innen vom Staat gezahlt wird), die städtische Mietobergrenze liegt aber deutlich höher. Dauer ebenfalls 25 Jahre.

3. Mittelbare Belegung: Der Bauträger überträgt die Sozialklausel auf bereits vorhandene und frei verfügbare Wohnungen in seinem Bestand, die entsprechend dem Mietspiegel der Stadt Bamberg mit einer Bindung auf 25 Jahre vermietet werden müssen. Dafür gibt es eine Wertgegenüberstellung von Neubau und Bestand, die dazu führen kann, dass (aufgrund des geringeren Wertes) im Bestand mehr Quadratmeter mit Sozialklausel-Bindung nachzuweisen sind als dies beim Neubau der Fall gewesen wäre. Dafür kann der Bauträger das Neubauvorhaben völlig frei verwerten. Dort gibt es dann keinerlei soziale Durchmischung.

4. Ablösung: Der Bauträger baut und verwertet ungehindert auf dem freien Markt und zahlt dafür eine Ablösesumme an die Stadt Bamberg. Diese berechnet sich aus der Differenz zwischen dem erwarteten Mietpreis am freien Markt und dem von der Stadt berechneten Sozialmietpreis (Punkt 2). Die Summe ist von der Stadt ausschließlich für den sozialen Mietwohnungsbau zu verwenden. Im Neubaugebiet gibt es auch hier keine soziale Mischung.