Errungenschaften verteidigen – für Erfolge kämpfen Europa war für mich einfach immer da. Wir junge Menschen kennen diesen Kontinent schlicht nicht ohne sie: die Europäische Union. Der Großteil von uns ist in einer Zeit aufgewachsen, in der die Anfänge der Union bereits Jahrzehnte zurücklagen. Wir mussten die Vorzüge dieser Einheit nicht hinterfragen und durften es genießen, diese als selbstverständlich zu betrachten. Doch diese Selbstverständlichkeit wird derzeit bedroht. Diejenigen, für die die Nachteile eines geeinten Kontinents überwiegen, verstehen es, sich immer mehr Gehör zu verschaffen. Sie rufen auf, die EU zu stürzen, sich aus der Verantwortung zu ziehen und richten den Fokus auf offensichtliche und angebliche Fehler unserer Vereinbarungen. Wie so oft verstehen wir die Vorteile der EU erst, wenn wir Gefahr laufen, diese zu verlieren. Wenn im Zuge des Brexits die Personenfreiheit bedroht ist, wird uns klar, dass wir als junge Menschen durch die EU unseren Ausbildungsplatz, den Uni-Standort oder den Arbeitsplatz in über zwei Dutzend Ländern Europas frei wählen können. Wenn sich an der deutsch-österreichischen Grenze Polizeiposten aufstellen und lange Staus verursachen, merken wir, wie unbeschwert die EU unseren Urlaub lange Zeit machte. Wenn über Kürzungen für Austauschprogramme debattiert wird, begreifen wir erst das Privileg, im Zuge solcher Projekte Menschen aus anderen Ländern kennen zu lernen. Für all das, was Europa seit langer Zeit ist, lohnt es sich zu kämpfen. Ebenso muss der Blick darauf gerichtet sein, wofür die EU in der Zukunft eingesetzt werden kann und muss: für den Kampf gegen den Klimawandel, gegen das globale Unrecht und gegen die Steuerflucht multinationaler Konzerne. Die drängenden Fragen unserer Zeit lassen sich – auch wenn es abgedroschen klingt – auf jeden Fall nur gemeinsam lösen. Bei der letzten Europawahl lag die Wahlbeteiligung unter den 18- bis 24-Jährigen in Deutschland bei 29,4 Prozent. Diesmal müssen wir verstehen, dass es um so viel mehr geht als nur um fünf weitere Jahre Europa. Es geht um nicht weniger als die Zukunft junger Menschen in Europa und um die Frage, ob sich besonders für sie die Vorteile dieses europäischen Projekts jemals wieder als selbstverständlich erachten lassen. Nick Heubeck | |