Zwangszuweisung statt Willkommenskultur
Ein Jahr lang sträubte sich die Stadt mit Händen und Füßen gegen die Aufnahme neuer Flüchtlinge. Ende Oktober konnte sie sich nicht mehr drücken: Zwangszuweisung Eingangstür zur Bamberger Asylunterkunft (Foto: sys)
Ende Oktober platzte das Erstaufnahmelager in Zirndorf aus allen Nähten. Mehr als 1000 Menschen warteten in den nur für 500 Personen ausgelegten Unterkünften auf ihre Verteilung in fränkische Kommunen. 20 davon kamen Anfang November in Bamberg unter und wurden bei ihrer Ankunft auch noch medienwirksam und mit Fotoapparat von Oberbürgermeister und Sozialreferent höchstpersönlich empfangen. Eine Verlogenheit, zu der man sich erst mal erdreisten muss, denn bis dato war in der Stadtspitze von Willkommenskultur nichts zu spüren. Bereits im Sommer 2011 trat die Regierung von Oberfranken an die Stadt heran mit dem Ansinnen, eine neue Gemeinschaftsunterkunft (GU) an der Memmelsdorfer Straße (ehemalige HWKW) einzurichten. Damals lebten nur ca. 60 Asylsuchende in Bamberg, eigentlich hätte Bamberg für ca. 200 Wohnraum zur Verfügung stellen müssen, setzt man eine gerechte Verteilung in ganz Oberfranken als Maßstab. Bürgerverein Gartenstadt machte mobil gegen Flüchtlinge Sofort trat der CSU-geführte Bürgerverein Gartenstadt auf den Plan und sammelte Unterschriften gegen ein Asylheim in unmittelbarer Nachbarschaft seines Stadtteils. Auch der Stadtrat wehrte sich gegen eine Unterkunft für 150 Asylsuchende am Stadtrand und forderte stattdessen eine dezentrale Unterbringung, also für Gruppen von maximal 50 Personen an verschiedenen Orten im Stadtgebiet. Während die GAL dabei hoffte, tatsächlich bald bessere Alternativen zu finden – Ideen waren vorhanden –, waren insbesondere Stadtratsmehrheit und Oberbürgermeister eher darauf aus, die Sache im Sande verlaufen zu lassen bzw. möglichst hinauszuschieben. Im OB-Wahlkampf wollte sich keiner so recht mit diesem brenzligen Thema beschäftigen. Mehrere Vorschläge, die von der GAL sowie von der Flüchtlingsinitiative „Freund statt fremd“ eingebracht wurden, wischten die Verantwortlichen im Rathaus vom Tisch oder verfolgten sie einfach nicht weiter. Eigeninitiative im Rathaus, um die Regierung von Oberfranken bei der Suche nach einer GU in Bamberg zu unterstützen – Fehlanzeige. Es war zu spüren: Wir wollen hier keine zusätzlichen Flüchtlinge, wir stecken lieber den Kopf in den Sand, man möge uns doch bitte verschonen. Privater Investor baut Heim Erst der Inhaber des jetzigen Heims an der Breitenau, wo ca. 50 Flüchtlinge leben, brachte (ohne Zutun der Stadt) Bewegung in die Sache, als er im Sommer 2012 den Bauantrag für einen Ergänzungsbau unmittelbar neben dem bestehenden Heim einreichte. Auch dieses Angebot hatte er der Stadt schon im Herbst zuvor gemacht. Doch damals wurde er mit dem Argument abgewimmelt, das ein Neubau zu lange dauere. Nun, ein Jahr später, begann er doch damit, die Regierung von Oberfranken akzeptiert das Vorhaben. Aufgrund der bedrückenden Zustände in Zirndorf sah sich die Regierung von Oberfranken im Oktober jedoch gezwungen, eine so genannte Zuweisung an die Stadt Bamberg vorzunehmen. Das heißt, der Stadt wurde angekündigt, dass sie innerhalb eines kurzen Zeitraums (wenige Wochen) zwanzig Flüchtlinge unterzubringen habe. Eine Unterkunft musste nun also zwangsläufig gefunden werden, und zwar von der Stadtverwaltung. Und siehe da, ganz plötzlich und überraschend prüfte die Stadtverwaltung 20 Objekte, die prinzipiell in Frage kamen. Warum nicht schon früher? Denn es ist keineswegs so, dass die Stadt drauf zahlt. In einer leer stehenden stadteigenen 180-Quadratmeter-Wohnung in unmittelbarer Nähe der Bahngleise sind die Flüchtlinge nun untergebracht. Die Wohnung ist möbliert und mit Waschmaschinen, Kühlschränken usw. ausgestattet. Dafür stellt die Stadt der Regierung von Oberfranken aber auch 3000 Euro Miete pro Monat inklusive Nebenkosten in Rechnung. Macht mehr als 16 Euro Warmmiete pro Quadratmeter – für eine Wohnung in nicht gerade hochwertigem Zustand und in schlechter Lage ist das zumindest kein Verlustgeschäft. Hausaufgabe der Stadt: Mehr Flüchtlinge aufnehmen In der Vollsitzung Ende Oktober stimmte der Stadtrat der Unterbringung deshalb zu. Und zusätzlich trug er auf Anregung der GAL der Stadtverwaltung auf, die anderen geprüften 20 Objekte der Regierung von Oberfranken vorzulegen, mit dem Ziel, schnell mehr Flüchtlinge aus den unhaltbaren Zuständen in Zirndorf zu retten. Aber solche Ziele sind schnell formuliert und oft langsam oder gar nicht umgesetzt. Die GAL bleibt dran. sys |
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