GAL-Kommunalwahlrprogramm

Ziel 9 –  Unsere Stadt - sozial gerecht und aktiv am Arbeitsmarkt

 

Nicht nur in Bamberg, aber eben auch hier ist die Schere zwischen einem sozialen Oben und Unten vergrößert: zwischen Arm und Reich, zwischen Menschen in eleganten und luxuriösen Eigenheimen und solchen, die verzweifelt bezahlbare Mietwohnungen suchen, zwischen Menschen mit gut bezahlten Jobs und solchen auf Arbeitssuche mit dem Jobcenter im Genick, zwischen Kindern mit teuren Hobbys und solchen, die sich nicht einmal den Schulausflug leisten können.

 

Deshalb:

Städtische Sozialpolitik muss Bürger_innen darin unterstützen, ihr Leben bewältigen und gut selbst gestalten zu können. Sie muss die Bürger_innen als Kooperationspartner_innen begreifen, ihre individuellen Lebenslagen berücksichtigen, sie in ihren Stärken wahrnehmen und unterstützen. Die Stadtverwaltung muss gute Information und Beratung im Interesse der Klient_innen leisten, sie muss den Bürger_innen zu ihrem Recht verhelfen. Die Menschen sind ernst zu nehmen und nicht in die Rolle von Bittsteller_innen zu drängen.

 

In Bamberg: was wir wollen

 

Sozial gerecht heißt: Am Menschen orientiert

Was Bamberg braucht, ist das Prinzip Hilfe aus einer Hand in der Sozialpolitik. Anzustreben ist die eine Anlaufstelle, wo Menschen finanzielle Hilfen zum Lebensunterhalt beziehen, Arbeitsvermittlung erhalten, Wohngeld, Erziehungshilfe usw. Nur auf diese Weise ist es möglich, zusammenhängende Problemlagen zu erkennen und zu bearbeiten. Beispiel: Eine Frau kann von Wohnungsverlust bedroht sein, weil sie ihre Arbeitsstelle verloren hat; eine neue Arbeitsstelle findet sie aber deshalb nicht, weil sie aufgrund ihres Kleinkindes nicht so flexibel ist und nur mäßige Deutschkenntnisse hat. Sie braucht mehrere Hilfeleistungen, die aufeinander abgestimmt sind. Das aber geht schlecht, wenn Sozialamt, Wohnungsamt, Jugendamt, Jobcenter usw. alle voneinander getrennt arbeiten.

Die GAL fordert eine Sozialpolitik, die sich außerdem am konkreten Lebensraum der Menschen orientiert – in ihrem Stadtteil, wo sie sich selbst mit ihren persönlichen vorhandenen Fähigkeiten einbringen können. Die Verwaltung darf deshalb nicht mehr entlang fachlicher Zuständigkeiten – Wohnungshilfe, Jugendamt, Ausländeramt usw. – strukturiert sein, sondern muss sich an Sozialräumlichkeit, also am Wohn- und Lebensumfeld der einzelnen Menschen, orientieren. Eine solche Sozialarbeit kooperiert mit sozialen Trägern im Bereich der Suchtberatung, Schuldnerberatung, Jugendhilfe, Migrationsdienste, aber auch mit Sportvereinen im Stadtteil, Schulen, Pfarreien und der Jugendszene im jeweiligen Viertel.

Dazu gehört auch, die Menschen so einzubinden, dass diese sich mit ihren vorhandenen persönlichen Fähigkeiten einbringen und Kontakte knüpfen, die für die Bewältigung von Problemlagen nützlich sind. Dafür sind zentrale Stadtteiltreffs geeignet mit zielgruppenorientierten Angeboten: Jugendliche bieten Hiphop-Kurse an, Eltern organisieren Flohmärkte, Senior_innen treffen sich zum Kaffee, Stadtteilbewohner_innen gestalten gemeinsam einen Bürger_innenplatz mit Grillecke, es gibt eine Sitting-Börse für Leih-Omas und Leih-Opas, eine Dienstleistungsbörse etc. Soziale Hilfe für die oben erwähnte allein erziehende Mutter ist auf diese Weise nicht nur die Auszahlung von Geld, sondern auch, Betreuungsmöglichkeiten für Kinder zu vermitteln, sie mit anderen Eltern in ähnlicher Lebenslage in Kontakt zu bringen (z. B. in Selbsthilfegruppen), sie in ihrem Wohnumfeld mit Menschen zu vernetzen, die sich gegenseitig unterstützen.

Die Stadt muss endlich aufhören, bevorzugt bei den sozial Schwächsten zu sparen, die sich oft nicht wehren (können). Die Kosten der Unterkunft ist für diese Politik das beste Beispiel. Trotz der in den letzten Jahren rasant angestiegenen Mieten hat die Stadt von 2008 bis 2012 die Mietobergrenzen nicht erhöht. Also den Betrag an Miete, der bedürftigen Menschen von der Stadt Bamberg gezahlt wird. In der Folge mussten viele Betroffene die Differenz aus ihren Regelleistungen abzwacken, sich also regelrecht vom Mund absparen. Doch diese Praxis ist illegal. Die GAL musste mit ihrem Antrag auf Anpassung der Mietobergrenzen bis nach Bayreuth zur Regierung von Oberfranken ziehen, bis die Stadt endlich in die Gänge kam und 2012 geringfügige erhöhte. Zuvor hatte sich die Stadt auf diese Weise vermutlich mehr als 400.000 Euro im Jahr (genaue Zahlen werden nicht bekannt gegeben) gespart – auf Kosten sozial schwacher Menschen. Diese Praxis ist illegal – und die GAL wird weiterhin dafür kämpfen, dass auch bedürftige Leute zu ihrem Recht kommen.

 

Den Arbeitsmarkt menschlich gestalten

Das Jobcenter wird häufig als menschenverachtende Institution wahrgenommen, die ihre Klient_innen drangsaliert und schikaniert. Das muss und darf nicht so sein. Das Jobcenter muss auf Augenhöhe mit den Menschen arbeiten, die ja nicht zu ihrem Vergnügen auf staatliche Hilfe angewiesen sind. Sanktionen müssen die Ausnahme bleiben, gegenseitiges Verständnis muss aufgebaut werden. Konflikte werden dennoch nicht ausbleiben. Die GAL schlägt deshalb eine unabhängige Ombudsstelle vor, die bei Streit vermittelt und ein Gehör für die Probleme der Jobcenter-Kund_innen hat.

Für das Erarbeiten, Verfassen und Ausdrucken von Bewerbungen muss das Jobcenter grundsätzliche Hilfestellung leisten, denn nicht jeder Arbeitssuchende ist in der Lage, dies selbst zu tun. Ein solches Bewerber-Büro, wie es seit dem Ende der Bamberger Dienste nicht mehr besteht, muss jederzeit und für jeden zugänglich sein. Entweder bieten Jobcenter und/oder Stadt selbst so eine Anlaufstelle an oder sie vergeben diese Aufgabe per Zuschuss an einen Träger.

Statt sinnloser Bewerbungstrainings muss das Bamberger Jobcenter individuell
fördern und ohne Herablassung auf die Stärken und Schwächen der einzelnen Menschen eingehen, indem zusammen mit ihnen ein Hilfeplan erstellt wird. Beispiele: Wer ein Alkoholproblem hat, dem nutzt kein hartnäckiges Einüben von Vorstellungsgesprächen, sondern er braucht in erster Linie eine Suchttherapie und vielleicht Beratung für die Familie.

Ein-Euro-Jobs sollen da angewendet werden, wo ARGE-Klient_innen dies auch als Chance und Weiterentwicklung begreifen; sie sollen keinesfalls Droh- und Strafmaßnahmen sein. Die Stadt Bamberg hat innerhalb ihrer Verwaltung darauf zu achten, dass Ein-Euro-Jobs nicht zum Abbau regulärer Arbeitsplätze führen.

Arbeitsmarktpolitik muss zielgruppenspezifisch sein: Spezielle Angebote für Menschen über 50 mit Gruppenarbeit, besonderer Bewerbungshilfe, Eingliederungszuschüssen und auch nach der Arbeitsvermittlung noch Betreuung und Kontakten zum neuen Arbeitgeber. Spezielle Angebote für junge Menschen unter 25 mit einem höheren Betreuungsschlüssel, mit z. B. einem von den Betroffenen selbst organisierten Aktiv-Café, wo Betroffene Betroffenen helfen und mit Rat und Tat zur Seite stehen, mit besonderem Augenmerk auf junge Alleinerziehende, junge Straffällige oder junge Leute ohne Schulabschluss. Spezielle kenntnisreiche Hilfestellung braucht es auch für Migrant_innen, die oft einen hohen Bildungsabschluss und viel Berufserfahrung mitbringen, hier aber um Anerkennung kämpfen müssen.

Die GAL setzt sich dafür ein, dass die Stadt und ihre Betriebe und Unternehmen eigene Verantwortung übernehmen: flexible Arbeitszeitmodelle (u.a. Arbeitszeitkonten, Job-Sharing, Familien-Teilzeit) müssen auf allen Hierarchieebenen mehr gefördert werden, ein städtisches Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramm, das es seit Jahren nicht mehr gibt, ist neu aufzulegen.

Dass Stadt und Tochterunternehmen eine Selbstverpflichtung zur Zahlung von angemessenen Mindestlöhnen unterzeichnen, hatte die GAL bereits beantragt und fand damit nicht die Zustimmung der Stadtratsmehrheit. Die GAL wird diese Problematik aber weiterhin in allen Teilen des Konzerns Stadt im Auge behalten und ist jederzeit offen für Meldungen von Bürgerinnen und Bürgern. Gerade bei der Sozialstiftung ist in Sachen Gleicher Lohn für gleiche Arbeit und angesichts des drohenden Pflegenotstands einiges zu tun.

Die Stadt hat Verantwortung als Ausbildungsträger: Die Hebammen- und Krankenpflegeschule sowie die Berufsausbildung in städtischen Betrieben müssen erhalten bleiben. Für den Weg aus der Jugendarbeitslosigkeit kann die Stadt außerdem mit bezahlten Praktikumsplätzen junge Menschen weiterqualifizieren und ins Berufsleben einüben, so dass ihre Chancen auf einen festen Arbeitsplatz steigen.