Eitel Sonnenschein nicht garantiert

Bürgerbeteiligung führen alle PolitikerInnen flott im Munde. Aber wenn es darum geht, die in einem solchen Verfahren erarbeiteten Vorschläge umzusetzen, kneifen sie meistens. Denn nach der Bürgerbeteiligung herrscht nicht nur Harmonie.

Das Hainbad wurde auf Druck einer Initiative der Hainbad-NutzerInnen gerettet, beim Weinberg am Michelsberg wäre es fast zu einem Bürgerentscheid gekommen, AnwohnerInnen vom Weidendamm erzwangen, dass der Busterminal für die Landesgartenschau nur auf Zeit gebaut wird – und die Pläne für eine Neubebauung der Unteren Mühlen wurden durch Bürgerprotest gestoppt.
In Bamberg ist das Spektrum politischer Partizipationsversuche enorm, zahlreiche Vereine und Gruppierungen, aber auch einzelne BürgerInnen fordern ihr Mitspracherecht ein.

Verkehr als Sollbruchstelle

Mit zwei Mediationsverfahren wagte sich die Stadt in den letzten Jahren auf neues Terrain vor: Politische Entscheidungen sollten in Bürgerbeteiligungsverfahren erarbeitet werden. (Zum Mediationsverfahren „Masterplan Zukunft Innenstadt“ siehe Interview mit Ulla Marx auf dieser Seite.)
Ein Erfolg waren beide nicht – die rückblickenden Urteile liegen zwischen „grandios gescheitert“ und „man muss dranbleiben“. Beide Male lag die Crux im Verkehr, das sicher heikelste und aggressionsgeladenste politische Thema überhaupt in Bamberg. Beide Male gab es nach dem Verfahren erneuten Streit über die konkreten Maßnahmen – einmal von Seiten der Bürgerschaft selbst, einmal von Seiten einer starken Lobby-Gruppe (Stadtmarketing). Andere unstrittige Ergebnisse gerieten dadurch in der Öffentlichkeit in den Hintergrund.
So gesehen war es eher ungeschickt, sich bei ersten Versuchen von Bürgerbeteiligungsverfahren ausgerechnet auch die Verkehrsproblematik auszusuchen. Verkehr war eine voraussehbare Sollbruchstelle. Denn gerade bei diesem Thema hätte die Politik Mut beweisen müssen.

Mangel an Entscheidungskraft der politisch Verantwortlichen

Sowohl beim Mediationsverfahren für die Innenstadt wie auch bei dem für das Berggebiet reagierte der Stadtrat stattdessen betreten, zeigte sich mutlos und handlungsarm. Er schiebt bis heute die erarbeiteten Vorschläge vor sich her, setzt sie nur sehr zögerlich und auch nur teilweise um. Mühsam gebastelte Gesamtkonzepte werden so zerfetzt und ineffektiv gemacht.

Eigentlich wollte der Stadtrat beim heiklen Thema Verkehr seinen Kopf aus der Schlinge ziehen, indem er die Verantwortung an die BürgerInnen outsourcte. Nun aber kam eben diese Verantwortung wie ein Bumerang zurück. Und dem war die politische Mehrheit nicht gewachsen.

Es hätte einer klaren Entscheidung bedurft, gerade wenn man BürgerInnen ernst nehmen will. Auch bei einer Bürgerbeteiligung gibt es Unterlegene, auch mit Bürgerbeteiligung erarbeitete Kompromisse fordern Zugeständnisse ein und Kritik heraus. Dies müssen alle Seiten begreifen, auch die Stadtratsmehrheit, die sich vielleicht erhofft hatte, lästige Verkehrsdebatten so endlich vom Tisch zu bekommen und eitel Sonnenschein zu ernten.

sys