gazeuse - was Sie im FT nicht lesen können
Vor zwanzig Jahren: Gewalt im Rathaus Der FT-Lokalteil vom 25. März 2010 ehrte den ehemaligen SPD-Stadtrat und Rechtsanwalt Herbert Güthlein zu seinem 75ten Geburtstag. Darin bedachte Güthlein GAL-Stadträtin Ursula Sowa mit folgender Erinnerung: Schmunzelnd erinnert er (Güthlein) sich auch an eine „Auseinandersetzung“ mit seiner damaligen Stadtratskollegin Ursula Sowa. „Ich werde nie den Ausspruch meines Stadtratskollegen Andreas Starke vergessen, der in den Sitzungssaal rief, als ich im Gerangel meine geklauten Prozessakten zurückholte: ‚Kommt mal raus, der Güthlein geht der Sowa an die Wäsche‘.“ Nach fast zwanzig Jahren mögen Erinnerungen etwas verblassen, deshalb sei hier dem Jubilar und interessierten LeserInnen auf die Sprünge geholfen. Ursula Sowa war tatsächlich so dreist gewesen, dem einstigen Kollegen Unterlagen von seinem Tisch im Sitzungssaal zu entwenden. Allerdings waren dies keine Prozessakten, sondern Unterlagen zum Bau des Residenzschloss-Hotels bei der Konzerthalle. Darin war Güthlein damals auf eine Weise involviert, die nach Ansicht der GAL den Verdacht nahe legte, dass seine privaten geschäftlichen Interessen mit der Ausübung des Stadtratsmandats verquickt waren. Im Gang vor dem Sitzungssaal holte sich Güthlein dann unter Einsatz körperlicher Gewalt, die Sowa sehr schmerzhaft zu spüren bekam, die für ihn offensichtlich sehr wichtigen Papiere zurück. Es gab einen kurzen Tumult, an die zitierte schlüpfrige Wortwahl des heutigen Oberbürgermeisters Starke kann sich die -Redaktion jedoch im einzelnen nicht erinnern. Samthandschuhe oder Abrissbirne – Sie haben die Wahl! Ein ziemliches Gerangel gab es in den letzten beiden Jahren um die Schleusenwärterhäuschen auf dem ERBA-Gelände. Ohne dass es groß bemerkt wurde, hatten die Planer für die Landesgartenschau die unter Denkmalschutz stehenden Häuser einfach überplant und gedanklich schon entsorgt. Bis 2008 die Heimatpflege dies entdeckte und ein kleiner Aufschrei durch Bambergs Bürgerschaft ging. Per Eilantrag der GAL in den Stadtrat geholt, war dort immerhin eine knappe Mehrheit dafür, nicht beide Häuser abzureißen, sondern wenigstens eines davon zu erhalten. Das zweite hingegen fiel trotz Protest der Abrissbirne zum Opfer. Inzwischen hat sich auf die Ausschreibung des verbliebenen Schleusenwärterhauses 2009 eine ganze Reihe von Kaufinteressenten gemeldet. Und dabei kamen auch Ansinnen von Investoren zur Sprache, die einen Anbau an das Haus planten. Doch dies wird aus Denkmalschutzgründen nicht zugelassen. Die will hier nicht einer möglichen Verschandelung eines Denkmals das Wort reden, aber kurios ist das schon: Ein Denkmal darf dem Erdboden gleich gemacht werden, aber ein Anbau wird nicht erlaubt. Allerwerteste im Rathaus besetzen nur das Beste Wie teuer dürfen StadträtInnen sitzen? Welchen Qualitätsanspruch darf ein kommunalpolitischer Po an seine Unterlage haben? Welches Design ist den Allerwertesten unserer MandatsträgerInnen zumutbar? Solche Fragen stellen sich angesichts der Neuausstattung des Sitzungssaals im Rathaus. Als nämlich herauskam, dass für die Möblierung 93.000 Euro ausgegeben wurden und jeder der 23 Stühle (oder müsste man formulieren Throne?) sage und schreibe mehr als 1500 Euro kostete. Doch das ist eigentlich gar nicht der ganze „Stuhl-Skandal“. Begonnen hatte alles damit, dass die Verwaltung im Juli 2008 eine Neugestaltung des Sitzungssaals für die Tagung der Senate vorschlug, mit Ausgaben in Höhe von 170.000 Euro. Der GAL waren schon diese Kosten viel zu hoch – alle anderen Fraktionen stimmten jedoch dafür. Der Saal bekam also sein neues schickes Outfit. Doch im Herbst 2009 kam durch eine Nachfrage des Bamberger Bürgerblocks heraus, dass sich die Ausgaben verteuert hatten: auf 286.000 Euro, wie man jetzt weiß. Beantwortet wurde diese Anfrage allerdings in der nichtöffentlichen Sitzung des Personalsenats – ein Schuft, wer Böses dabei denkt. Der Skandal schimmert inzwischen in mehreren Varianten. Zum einen, weil mit dieser Kostenmehrung von immerhin fast 70 % der Stadtrat nie befasst wurde. Zum zweiten wurde dem Stadtrat die 170.000-Euro-Maßnahme im Juli 2008 als Generalsanierung inklusive Möbel vorgestellt, während aber jetzt die 93.000 Euro Mehrkosten mit Ausgaben für Möbel begründet werden. Zum dritten sind Kosten in dieser Höhe nur für Möblierung eine unglaublich hohe Summe, die in Zeiten knapper Kassen nicht vertretbar ist. Inzwischen hat auf Antrag der GAL und der CSU auch das Rechnungsprüfungsamt die Kosten geprüft. Und dort hat man zu den bekannten Unglaublichkeiten auch noch aufgedeckt, dass bei der Auswahl der Stühle aus verschiedenen Angeboten die Beteiligten (Oberbürgermeister, Bürgermeisteramtschef usw.) nur nach Gefallen und Sitzkomfort gingen, obwohl auch der Preis eine Rolle hätte spielen müssen. Das sehen jedenfalls die Vergabevorschriften vor. sys |