Familienfreundlichkeit mit Lücken
Die Schere zwischen Bedarf an Kinderbetreuung und Angebot von Kita-Plätzen geht immer weiter auseinander – und die Stadt reagiert träge bis gar nicht. Bamberg wächst: Es gibt eine steigende Geburtenrate in Bamberg und es gibt Zuzug von Familien. Die Stadt, die sich selbst immer als familienfreundlich rühmt und sogar eine eigene Homepage mit dem Titel Bamberg-familienfreundlich betreibt, sollte darüber doch freudig gestimmt sein, oder? Aber na ja, irgendwie eben doch nicht, denn nun steht die Stadt „zunehmend vor (dem) Problem“, dass diese Kinder halt auch Kinderbetreuungsplätze brauchen. Und da langt es hinten und vorne nicht, wie ein Bericht des Jugendamts im letzten Jugendhilfeausschuss erneut belegte. Schon die Einleitung des Berichts ist eines Zitats wert: „Allein scheitert ein weiterer Ausbau an der Finanzlage der Stadt Bamberg. Dennoch müssen wir auf die aktuellen Zahlen und die Entwicklung in diesem Bereich hinweisen, was wir im Folgenden tun: (…)“ Und dann kommt die peinliche Wahrheit in Zahlen und Grafiken. Zu wenig Krippenplätze Aktuell gibt es in der Stadt 464 Krippenplätze. Demgegenüber stehen 1.264 Kinder, die über ein Jahr alt sind und einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben. Eine schlechte Quote, die das Jugendamt aber noch ein bisschen runter rechnen kann, weil gut 100 Kinder Krippen im Umland besuchen oder in Kindergärten betreut werden. Man geht also von einem Versorgungsgrad von 48% aus, konstatiert aber gleichzeitig zerknirscht, dass diese Quote vor drei Jahren schon mal bei 52% lag. Das familienfreundliche Bamberg, das so viel für Familien tut, steht also heute noch schlechter da als vor drei Jahren? Beachtlich! Zu wenig Kindergartenplätze Für Kinder über drei Jahre gibt es derzeit 31 Kindertagesstätten mit 1.929 Plätzen. Hört sich viel an und ist dennoch zu wenig – und vor allem: Auch hier spitzt sich die Situation zu. Gab es im Jahr 2014 noch einigermaßen Übereinstimmung zwischen Bedarf und Angebot, prognostiziert man für das Jahr 2018 fehlende 267 Kindergartenplätze. Und bei diesen Prognosen sind noch nicht einmal die Kinder mitgerechnet, die durch Flüchtlinge oder neue Wohngebiete (Glaskontor/Ulanenpark, Konversionsgelände, Megalith, …) zusätzlich zu erwarten sind. Es muss also dringend etwas getan werden, im ach so familienfreundlichen Bamberg. Und so merkt der bereits zitierte Sitzungsbericht aus der Feder des Jugendamts denn auch an: „Bei allen noch so kreativen Überlegungen (…) wird man jedoch nicht daran vorbei kommen, dass die Schaffung neuer Plätze Geld kosten wird.“ Investitionsplanung weit vom Bedarf entfernt Genau! Nur beim Geld hört die Familienfreundlichkeit dann doch immer schnell auf. Eine eigene Kinderbetreuungseinrichtung betreibt die Stadt nicht. Betriebliche Kitas in städtischen Betrieben – auch Fehlanzeige. Die Stadt reagiert lediglich auf die Aktivitäten der Träger und bezuschusst diese nach den gesetzlichen Vorgaben. Grob gesagt, kostet die Neuschaffung eines Kita-Platzes ca. 20.000 bis 30.000 Euro. Der Kostenanteil, den die Kommune zu tragen hat – sofern das Bauvorhaben als „bedarfsnotwendig“ im gesetzlichen Sinne gilt – liegt bei ca. 40 Prozent, also ca. 8.000 Euro. Bis zum Jahr 2022 ist nach aktueller Planung mit insgesamt 113 neuen Plätzen für Kinder in Kinderkrippen (unter drei Jahre) und Kindergärten (über drei Jahre) zu rechnen (siehe Tabelle) – alles Neu- bzw. Ausbauten von Trägern. Was tatsächlich gebraucht wird, ist jedoch ein Mehrfaches. Es gibt also noch viel zu tun und zu finanzieren. Und wenn die Stadt tatsächlich familienfreundlich sein will, sollte sie endlich selbst aktiv werden. sys / tra
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