gazeuse - was Sie im FT nicht lesen können
Wissenschaftlich tiefenentspannte Bildungskompetenz? Was im FT zu lesen war: Dass in einem Interview der CSU-Kreisvorsitzende Dr. Christian Lange eine wissenschaftliche Studie erwähnt, die angeblich belegt, dass die Bürger*innen der CSU Bamberg die höchste Bildungs- und Wirtschaftskompetenz zusprechen. Soso! Hört, hört! Was nicht im FT zu lesen war: Wer die Studie gemacht hat, in wessen Auftrag, mit welcher wissenschaftlichen Methodik und auf welcher Forschungsbasis – und vor allem, wo und wie die Studie veröffentlicht wurde. Die GAL hat natürlich umgehend nachgefragt und dem Herrn Dr. Lange einen freundlichen Brief geschrieben. Den wollte er dann lieber nicht schriftlich beantworten, sondern sagte mündlich der GAL-Fraktionsvorsitzenden, die CSU Bamberg habe diese Studie in Auftrag gegeben und bezahlt („wir haben es uns was kosten lassen“). Zugänglich wollte er die Studie ebenso wenig machen wie die Ergebnisse, und zur Methodik gab er das Stichwort „Umfrage“. Über so eine generös-flockige Auslegung des Begriffs „wissenschaftlich“ kann man sich auch nur wundern, insbesondere bei dem promovierten … ähem … Wissenschaftler Dr. Lange. Denn in zahlreichen Lehrbüchern zum wissenschaftlichen Arbeiten findet man Kriterien für wissenschaftliche Studien. Häufig folgt man der Wissenschaftstheorie Karl Poppers, der u.a. die Forderung erhob, dass wissenschaftliche Aussagen kritisierbar zu formulieren sind, dass sie der ‚Kritik durch andere‘ auszusetzen sind (Popper 1966, S.47–59)[1]. Zu dieser Kritisierbarkeit gehört auch, klarzumachen, mit welchem Vorgehen und mit welchen empirischen Methoden Forschende zu ihren Aussagen gelangt sind. Es braucht also Informationen darüber, wer befragt wurde und welche anerkannten methodischen Standards angelegt wurden, um zu den Ergebnissen zu gelangen. Dies trägt insbesondere dazu bei, die wissenschaftlichen Ergebnisse einer Studie nachvollziehbar, rekonstruierbar und damit auch kritisierbar zu machen. Das geht nur, wenn nicht nur die Ergebnisse referiert werden, sondern auch der Weg dahin erklärt wird. Wobei es – wenn man länger drüber nachdenkt – schon interessant wäre, was die so genannte Studie (wie auch immer sie entstanden sein mag) ergeben hat. Offenbar doch eher nichts, was die CSU gerne ungefiltert in der Öffentlichkeit sehen möchte. sys [1] Popper, K.R. (1966). Logik der Forschung (2. Auflage). Tübingen: Mohr (Siebeck). (Erste Auflage: 1935)
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