Junge Geschichte, aber viel zu erzählen

Ein Rundgang zu historische Stationen im Stadtteil Bamberg-Ost unter der Leitung von Helmut Kormann war Programmpunkt im GAL-Ferienprogramm SOMMERGRÜN

Lächelnd begrüßt das Bübchen am Haupteingang der Rupprechtschule die Schüler*innen beim Betreten des Schulgebäudes. Links und rechts neben dem Haupteingang in Stein gemeißelt, über ihm summen Bienchen. Die hölzerne Eingangstür wird von zwei streng nach unten blickenden Eulen überwacht, über ihr in der Mitte ein Portrait des bayrischen Kronprinzen Rupprecht. „Die Architektur der Gebäude spiegelt das aktuelle Zeitdenken wieder“, erklärt Rundgangsleiter Helmut Kormann. Ein Satz, den die Teilnehmer*innen des Stadtrundgangs durch Bamberg-Ost an diesem Freitagnachmittag öfter hören werden. Die Steinfiguren symbolisieren das pädagogische Leitbild der Schule, die 1910 erbaut wurde: „Sei so brav wie ein Engel und so fleißig wie eine Biene – dann wirst du so klug wie die Eule“. An der Einweihung nahm sogar der Namensgeber Kronprinz Rupprecht von Bayern persönlich teil.

„Ein Grund, warum die Rupprechtschule im Osten von Bamberg gelegen ist, geht auf die Säkularisation im napoleonischen Zeitalter zurück“, so Kormann. „Durch die Erweiterung der Bahnlinie Nürnberg-Fürth nach Bamberg wurde bis dato das östlichste unbesiedelte Gebiet erschlossen. Stationierte Soldaten, Bahnangestellte und deren Familien, die östlich der Bahn lebten, waren damals der Pfarrkirche St. Gangolf und der dazugehörigen Schule zugeteilt. Ein weiter Weg für die Kinder und so forderten sie eine eigene Schule – die Rupprechtschule“, ergänzt Kormann. Die Teilnehmer*innen des Rundgangs bekommen noch weitere Einblicke in die Besonderheiten der Rupprechtschule, wie die heutige Nutzung der damaligen Abszisse, die mittlerweile Bestandteil der Turnhalle ist und als Geräteraum genutzt wird oder von Trinkbrunnen innerhalb des Schulgebäudes.

Die Gruppe macht sich auf den Weg zur zweiten Station. Ein paar Meter weiter, auf der anderen Straßenseite liegt die Erlöserschule. Ihr auffälliges Sgraffito ist schon von weitem zu sehen. Und wer hätte es gedacht, auch hier wird der damalige Zeitgeist kunstvoll symbolisiert. Das in Nordbayern einzige Sgrafitto zeigt verschiedene Tiere, in der Mitte ein herausgeputztes Pferd, unter ihm wacht ein treuer Hund. Eine Eule und zwei Schwalben stellen die Freiheit dar, der Hahn steht für Wachsamkeit, und der Fuchs ist in Fabeln und Märchen oft ein schlaues Tier. Kormann fasst die Szenerie treffend zusammen: „Als Schüler darf ich auch mal stolz auf meine erbrachten Leistungen sein und sie zeigen“. Die heutige Mittelschule wurde 1955 als erste evangelische Bekenntnissschule in Bamberg erbaut.

Der nächste Stopp liegt vor dem ehemaligen Kino Capitol. Das Gebäude ist von außen unscheinbar und die Schriftzeichen des „Capitol“ verstecken sich hinter hoch gewachsenen Bäumen. Nach mehreren Wechseln beherbergt es seit 2008 das Mehrgenerationenhaus Mütterzentrum Känguruh e.V., ein Familientreffpunkt für Bamberger*innen.

Auf dem Weg zur vorletzten Station am Troppauplatz, erfahren die Teilnehmer*innen mehr über die Folgen des Zweiten Weltkriegs, die Bombeneinschläge und der Flüchtlingsaufnahme nach 1945 in Bamberg-Ost. An der Kreuzung der Straßen Am Heidelsteig und Hegelstraße sind an einer Hauswand fünf Wappen angebracht – vermutlich gehörten sie zu Flüchtlingen aus Pommern und Ostpreußen und befanden sich damals über den Eingangstüren ihrer Häuser.

Der Rundgang endet an der katholischen Pfarrkirche St. Heinrich, die von 1927 bis 1929 erbaut wurde. Unter ihr fanden bei Bombenangriffen während des Zweiten Weltkriegs knapp 1000 Menschen Schutz, eine andere Schutzstätte bot der Keller der Brauerei „Hofbräu Bamberg“ an, die damals die größte Brauerei in Bamberg war. Gegründet wurde die Brauerei von Simon Lessing, der ein Wohltäter der Stadt war und auch Mitglied eines Vereins, der den Bau der kaiserlichen Flotte förderte. Nach dessen Tod übernahm Willy Lessing mit seiner Mutter Clara Lessing die Leitung der Hofbräu Bamberg. Die Brauerei war ein bedeutsamer Arbeitsgeber für Bamberg-Ost. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde auch das Brauerei-Unternehmen Opfer der Arisierung von Betrieben und im Zuge dessen verstaatlicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Unternehmen weitergeführt, bis in den 1970er Jahren die Gebäude an die Schickedanz-Gruppe verkauft und in die „Patrizierbräu“ überführt wurde. 1981 folgte der endgültige Abriss der Brauereigebäude, da wegen des rückläufigen Bierkonsums die Produktion eingestellt wurde. Heute befinden sich auf dem Areal die AOK Bayern und weitere Wohngebäude.

Text: Hannah Witzenrath
Fotos: sys

   

Rupprechtschule
Tür-Portal mit Bronze-Medaillon des Namensgebers, Prinzregent Rupprecht
Engel am Portal
Eule am Portal
Sgraffito an der Erlöserschule
Wappen von Herkunftsorten der Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg, an einer Hauswand zur Hegelstraße
Troppauplatz ...
... mit Obelisk zur Erinnerung an die Geschichte der Stadt Troppau und die Heimatvertriebenen
Heinrichskirche
Helmut Kormann