Zeit, dass sich was dreht
Vielfältig mobil – der Bahnhof könnte zur Mobilitätsdrehscheibe werden. Stattdessen herrscht gemächlicher Trott vor. Städteplanerisches Handeln und Investitionen sind gefragt. Der Bahnhofsplatz wartet darauf, dass eine neue Stadtratsmehrheit ihn endlich gestaltet. Foto: Erich Weiß
Die durchschnittliche Nutzungsdauer eines PKW liegt bei etwa einer Stunde am Tag. Den Rest des Tages wartet das Auto darauf, bewegt zu werden. Jeder PKW ist bei diesen Fahrten im Mittel mit 1,5 Personen besetzt. Die restlichen Plätze bleiben meist frei. Wirtschaftlich ist das nicht. Eine Verkehrspolitik, die auf Alternativen setzt, braucht die nahtlose Verknüpfung von verschiedenen Mobilitätsangeboten: so genannte Mobilitätsdrehscheiben. Der Bamberger Bahnhof ist prädestiniert dafür. Die Menschen wechseln dort zwischen den unterschiedlichen Verkehrsmitteln. Zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit Stadtbus und PKW kommen sie am Bahnhof an, um anschließend in die Nah- und Fernzüge zu steigen. Ankommende Reisende gehen zu Fuß oder nutzen Fahrrad und Stadtbus, um zu ihrem Ziel in der Stadt zu gelangen. Aber: Lange Wege und manchmal langes Warten beim Umsteigen zwischen Bus und Bahn oder wenig attraktive Abstellmöglichkeiten für Fahrräder sind nur zwei Aspekte, die eine geschickte Kombination von Verkehrsmitteln am Bahnhof schwierig gestalten. Ein gut durchdachtes Konzept aus Mobilitätsinformation und Wegweisersystem wäre Grundlage für die Entwicklung einer Mobilitätsdrehscheibe. Erste Ansätze verwirklicht In den letzten Jahren ist einiges passiert im Bahnhofs-umfeld: Der lange erwartete Durchbruch unter den Schienen für eine fußläufige Verbindung zwischen Bahnhof und der Brennerstraße. Das – zugegeben – noch etwas schleppend angenommene Fahrradparkhaus und der benachbarte Park & Ride-Parkplatz mit den dort stationierten Carsharing-Autos. Schon mal ein Anfang für die Mobilitätsdrehscheibe Bahnhof. Nun gilt es, diese Ansätze weiterzuentwickeln. Auch auf der anderen Seite des Bahnhofs sind sichere und überdachte Fahrradabstellmöglichkeiten nötig. Ein Fahrradverleih für BesucherInnen der Stadt, Stellplätze für E-Bikes und Elektroautos mit Auflademöglichkeit, ein Zugang vom Atrium-Parkhaus zu Gleis 1 könnten schnell realisiert werden. Auch eine bessere Abstimmung des Stadtbusfahrplans auf die Abfahrts- und Ankunftszeiten der Züge wäre ein großer Gewinn. Seit langem geplant, aber immer wieder verschoben wird der Regionale Omnibusbahnhof ROB, der den Busverkehrs zu den Landkreisgemeinden in direkter Nähe zum Bahnhof bündeln soll. Auch die Haltestellen der neuen Fernbuslinien, die in Bamberg Halt machen, können hier eingebunden werden. ROB-Finanzierung – die Zeit drängt Hier besteht Gefahr im Verzug: Die Gesamtkosten für den ROB werden auf 8 Mio Euro beziffert, wobei 4 Mio Euro durch Fördermittel abgedeckt werden können. Doch die Fördergrundlage dafür, das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, wird es nicht mehr lange geben. Nach 2017 ist damit nicht mehr zu rechnen. Es müsste also dringend gehandelt und der entsprechende Förderantrag vorbereitet werden. Im Rathaus hat das jedoch kaum Priorität. Von dort heißt es, der für den ROB geplante jetzige Pkw-Pendler-Stellplatz neben dem Bahnhof stehe noch nicht zur Verfügung, weil die DB den Platz als Baustellenlager für den Bahnausbau brauche. Aber hierfür Alternativen zu finden, dürfte doch nicht allzu schwer sein, zumal von Seiten der DB bereits Verhandlungsbereitschaft signalisiert wurde. Stadt-Entree Bahnhofsvorplatz Auch bei der Neugestaltung und Aufwertung des Bahnhofsvorplatzes tritt die Stadt auf der Stelle. Mit einem gänzlich neu kreierten Bahnhofsvorplatz mit Sitzgelegenheiten, Spielpunkten und einer Kombination aus Grüninseln und modernen Kunstobjekten kann das Entree unserer Stadt freundlicher und einladender gestaltet werden, als es heute der Fall ist. Doch noch nicht einmal Planungskosten für dieses konkrete Vorhaben stellte der Stadtrat bisher bereit – die Anträge der GAL in den Haushaltsberatungen der letzten Jahre wurden abgelehnt. Zwar gibt es einen Rahmenplan für das gesamte Gebiet zwischen Bahnhof und Königstraße, aufgrund dessen Städtebaufördermittel beantragt werden könnten. Doch über Absichtsbekundungen ist man bislang nicht hinaus gekommen. Es ist also wahrhaftig Zeit, dass sich was dreht, im Verkehr und in der Politik. tra |
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