Gegen Kirchturm-Denken und für mehr demokratische Kontrolle
Interview mit Andreas Lösche, der für die Grünen im Bezirkstag einiges zu tun sieht.
Immer wenn Landtagswahlen sind, wird auch der Bezirkstag gewählt. Sieben Bezirkstage gibt es in Bayern, für jeden Regierungsbezirk einen. Der oberfränkische hat seinen Sitz in Bayreuth, umfasst in der Regel 16 Mitglieder, wählt sich einen Bezirkstagspräsidenten und bildet derzeit drei Ausschüsse: Rechnungsprüfungsausschuss, Ausschuss für Soziales und Bezirksausschuss. Aha. Aber was genau macht dieser Bezirkstag, von dem man so selten überhaupt etwas hört, genau? Das fragte die gaz Andreas Lösche, der für die Grünen genau dort hinein gewählt werden und mitmischen will.
: Andreas, erklär mal, was genau macht der Bezirkstag? Lösche: Der Bezirkstag ist über den Gemeinderäten bzw. Stadträten und den Kreistagen die dritte kommunale Ebene. Er nimmt Aufgaben wahr, die eine Gemeinde, eine Stadt oder ein Landkreis nicht alleine schultern kann. Dies sind im Wesentlichen Fragen der Gesundheitsvorsorge, der Sozial- und Jugendhilfe und kulturelle Aspekte. : Und ist es denn wichtig, dort Politik zu machen? Lösche: Absolut, die Arbeit des Bezirks kommt, wenn sie denn richtig gemacht wird, direkt bei den Menschen an, sei es bei der Betreuung psychisch Kranker, in der Altenpflege oder bei Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderung. Dazu braucht es Geld – Geld, das gut angelegt ist. : Wie finanziert sich der Bezirk? Lösche: Da der Bezirk keine eigenen Steuern erhebt und kaum eigene Einnahmen hat, finanziert er sich zum einen Teil durch Zuwendungen vom Freistaat Bayern, zum anderen, größeren Teil durch die so genannte Bezirksumlage. Das bedeutet: Die Landkreise und Städte in Oberfranken müssen etwas von ihrem Geld an den Bezirk abgeben, die Höhe legt der demokratisch gewählte Bezirkstag fest. Leider sitzen aber in diesem Bezirkstag sehr viele Bürgermeister und Landräte, die nur auf ihren eigenen Haushalt schauen und nichts hergeben wollen, obwohl das Geld ja den Menschen in Oberfranken direkt zugute kommt. Da gibt es leider ein Kirchturm-Denken, das dringend beendet werden muss. Oberfranken rühmt sich seit Jahren, bayernweit die geringste Bezirksumlage zu erheben. Ich weiß nicht, worauf man da stolz sein könnte … : Mit dem Fall Mollath ist der Bezirk in die Schlagzeilen gekommen. Gustl Mollath war über sieben Jahre in geschlossenem psychiatrischem Gewahrsam – wie jetzt gerichtlich bestätigt wurde, zu Unrecht. Was genau hatte das mit dem Bezirk zu tun? Lösche: Gustl Mollath war in der geschlossenen Forensik des Bezirksklinikums Bayreuth untergebracht. Wie der Name schon sagt, befindet sich diese Klinik in der Trägerschaft des Bezirks. Obwohl sich die Anzeichen mehrten, dass Mollath zu Unrecht in Gewahrsam war, hat man von Seiten des Bezirks nichts unternommen. : Der Bezirk ist also auch ein großer Arbeitgeber? Lösche: Oh ja, in seinen Kliniken, Schulen, Lehranstalten, Museen und anderen Einrichtungen beschäftigt der Bezirk Oberfranken über 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wenn man jetzt weiß, wie schwierig es geworden ist, Personal in der Kranken- und Altenpflege zu finden, dann muss sich der Bezirk schon kräftig auf die Hinterbeine stellen und seine Arbeitsstellen attraktiv gestalten. Bezahlung nach Tariflohn ist da natürlich eine Selbstverständlichkeit. : Was konkret nimmst du dir vor, wenn du in den Bezirkstag gewählt wirst? Lösche: Mein Ziel ist eine deutlich solidere finanzielle Ausstattung des Bezirks, damit wir in Zukunft unseren Aufgaben besser gerecht werden können. Dazu müssen die Bürgermeister und Landräte natürlich von ihrem Kirchturmdenken abrücken. Die Aufgaben des Bezirks werden in Zeiten einer älter werdenden Gesellschaft sicher nicht weniger, hier ist Weitblick gefragt. Außerdem möchte ich gerne in den Stiftungsrat der Oberfrankenstiftung, damit künftig nur gefördert wird, was auch förderwürdig ist. Interview: sys | |