100 % – mehr geht doch nicht, oder?

„100 Prozent Ökostrom – 100 Prozent pure Wasserkraft“ – So preisen die Stadtwerke auf Großplakaten die Umsetzung der Energiewende an.

Neuerdings kommt der Strom, den die Stadtwerke an der Strombörse einkaufen und dann an ihre Kund*innen weiterverkaufen, ausschließlich aus Wasserkraftwerken, vorher war beim Strommix auch Kohle dabei. Doch dies als Energiewende zu präsentieren, ist Etikettenschwindel, denn der nun eingekaufte Ökostrom stammt aus bereits bestehenden Wasserkraftwerken in ganz Europa und nicht etwa aus zusätzlichen regenerativen Kraftwerken. Den sauberen Strom gab es also schon vorher.

Trotzdem behaupten die Stadtwerke, dass durch die Umstellung jährlich über 170.000 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid eingespart würden. Zum Beweis wird das Bild eines großen Stromsees bemüht, in dem nun angeblich mehr grüner Strom eingespeist würde als vorher, damit auch die Stadtwerke ihren Kunden 100 Prozent Ökostrom anbieten können. Doch das ist marketing-technische Augenwischerei, denn es wird kein Gramm CO2 eingespart. Die Wasserkraftwerke haben bisher schon Strom produziert und ersetzen nicht, wie mit dem Bild vom Stromsee suggeriert wird, fossilen Strom oder Atomstrom.

Uwe Leprich, Professor an der Universität für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken, wird in der Zeitschrift „Ökotest“ mit der Aussage zitiert: „In wissenschaftlich strengem Sinne wird ökologisch korrekter Strom in Anlagen erzeugt, die wegen der Öko-Stromnachfrage zusätzlich errichtet werden.“ Nur dadurch sei zu erreichen, dass aus der Nachfrage auch ein „ökologischer Zusatznutzen“ resultiere.
Zur Verdeutlichung wählen wir ein anderes Bild: Wir haben drei Kugeln grünes Pistazieneis, drei Kugeln braunes Schokoladeneis und drei Kunden. Jeder Kunde bekommt eine Kugel Pistazieneis und eine Kugel Schokoeis, also insgesamt zwei Kugeln. Jetzt möchte einer aber lieber zwei Kugeln Pistazie, so bleibt nur noch eine Kugel Pistazie übrig. Die beiden anderen Eisliebhaber erhalten nun also jeweils nur noch eine halbe Kugel Pistazie, dafür aber anderthalb Kugeln Schoko. In der Summe bleibt es bei drei Kugeln Pistazie und drei Kugeln Schoko.

Öko-Strom für die grünen Verbraucher, konventionellen für den großen Rest, dem egal ist, wie der Strom erzeugt wurde. Bei diesem Rest wird der Anteil des ohnehin im Mix vorhandenen grünen Stroms halt ein wenig geringer. Wollten die Stadtwerke wirklich Kohlendioxid einsparen, so müssten sie die Menge des neu produzierten „Pistazieneises“ erhöhen. Mit dem Kauf von Strom aus Wasserkraft wird zwar die Nachfrage gesteigert und das kann den Markt natürlich in die richtige Richtung beeinflussen, aber für eine Energiewende müssten die Stadtwerke selbst aktiv und produktiv werden. Beim Stadtwerke-Tarif BestNatur ist dies zumindest im Ansatz der Fall, da darin 0,5 Cent des Strompreises für den Bau neuer Anlagen verwendet werden, die grünen Strom herstellen. Beim am meisten verbreiteten Tarif BestPrivat jedoch ist kein extra Betrag für die Neuanlagenförderung enthalten.

Den großen Worten der Stadtwerke folgen bisher nur kleine Taten, so dass sie das selbst gesteckte und eher bescheidene Ziel von einem Zubau oder Zukauf von 1 Megawatt Leistung pro Jahr erneuerbarer Kraftwerkskapazität mit jährlich (seit 2011) unter 0,5 Megawatt noch deutlich verfehlen.

Von daher sagt die GAL: Ein Marketing-Gag macht noch keine Energiewende. Und letztendlich gilt immer noch die Erkenntnis: Der beste Öko-Strom ist der Strom, der gar nicht verbraucht wird.

Har