Kultur in der Warteschleife
Junge Kultur in Bamberg lebt Kulturell tritt die Stadt Bamberg auf der Stelle. Halt, nein, ungenau formuliert. Die Stadt in Form von Stadtverwaltung und Kommunalpolitik – ja, sie treten auf der Stelle, seit Jahren. Die Stadt in Form der Menschen, die hier leben, überhaupt nicht. Denn neben den altbekannten etablierten Institutionen wie Symphoniker, Theater, Musik- oder Kunstverein gibt es eine junge Kulturszene, die immer agiler, kreativer und lebendiger wird. Eine Szene, zu der etwa die Poetry-Slams (bisher im mittlerweile geschlossenen Morph-Club) gehören, oder die KONTAKT-Festivals an wechselnden Orten vom alten Hallenbad bis zur ehemaligen Maisel-Brauerei, oder die Transition-Town-Bewegung mit ihren Aktionen und Workshops. Auch die sommerlichen Mauer-Sit-ins auf der Unteren Brücke, häufig zu Unrecht auf ihr Belästigungspotential reduziert, sind Teil dieser Szene. So frei, ungebunden, nicht festgelegt und uneindeutig diese Szene ist und sein will – soll man sie Subkultur nennen oder Soziokultur oder alternative Kulturszene? – so sehr sind sich die aktiven Kulturschaffenden jedoch in dem Wunsch nach einem Ort einig, den sie mit ihrer Kulturaktivität bespielen können. Ein soziokulturelles Zentrum – einigen wir uns mal auf diesen Namen. 13.000 Studierende immerhin gibt es in Bamberg – sie gehören schon mal zu der Zielgruppe ebenso wie die Tausenden junger Menschen, die nicht studieren. Eine kulturpolitische Größe, die bislang so gut wie gar nicht auf dem Schirm der Kommunalpolitik war, und schon gar nicht im Plan des städtischen Haushalts. Jugendkultur hakt man in den städtischen Etat-Beratungen unter dem Stichwort JuZ ab, gemeint ist das Jugendzentrum am Margaretendamm, das seit einigen Jahren gar nicht mehr direkt von der Stadt betrieben wird, sondern vom Verein ISO e.V. Die junge Kulturszene aber spielt sich noch nicht dort ab, sondern mäandert auf der Suche nach Räumlichkeiten von einem Provisorium zum nächsten. Das wäre für viele Kulturschaffende erst mal nicht so schlimm – wenn sich das vorübergehende Bespielen von geeigneten Räumen unbürokratisch ermöglichen ließe. Der Wunsch nach einem festen soziokulturellen Zentrum ist freilich da, vor allem wenn man mal den Blick in andere Städte wagt. Wo es in Erlangen das E-Werk gibt, in Ulm das Roxy, in Nürnberg das KunstKulturQuartier K-4, hat die Uni-Stadt Bamberg nichts zu bieten als Schulterzucken am Runden Tisch, neuerdings garniert mit den unbestimmten Zukunftshinweis auf das Konversionsgelände, das ja inzwischen als Vertröstungsleckerli für alles und jeden dient. Die Einsicht, dass Soziokultur in Bamberg auch langfristig Raum braucht und dass es eine kulturpolitische Aufgabe der Stadt sein muss, diesen Raum mit ausfindig zu machen, scheint in den verschiedenen Etagen des Rathauses jedoch ausgesprochen unterschiedlich ausgeprägt zu sein. So wurde den MacherInnen des jährlichen KONTAKT-Festivals vom Kulturreferat (neu an der Spitze Zweiter Bürgermeister Christian Lange, CSU) ein Besichtigungstermin für die ehemalige Schlachthof-Gaststätte in der Lichtenhaidestraße zugesagt, vom Immobilienmanagement dann aber wieder abgesagt. Kulturpolitik im Kompetenzgerangel? Es wird Zeit, die Szene junger Soziokultur tatsächlich ernst zu nehmen, sie nicht länger als Lärm- und Krachmacher abzutun, ihr fruchtbares Potential für eine lebendige Stadtkultur zu erkennen – und all dem Raum zu geben. Vorübergehend und unbürokratisch genauso wie dauerhaft – Vorschläge für die kreative Nutzung von geeigneten städtischen Gebäuden gibt es genug. Eine Weiterentwicklung des JuZ zum soziokulturellen Stadtteilzentrum ist nur einer davon. Vielleicht ist der von Lange auf den Weg gebrachte und nun zu erstellende Kulturentwicklungsplan ja ein Schritt in die richtige Richtung. Auch wenn das Unterfangen noch arg bürokratisch klingt, und bei der Beschlussfassung unter dem Beschlusspunkt Kosten verdächtigerweise „keine“ angegeben war. (Siehe grüner Kasten) sys / tra |
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Aus der Sitzungsvorlage Kultursenat, 24.7.2014:
„Ein Kulturentwicklungsplan ist eine strategische Kulturentwicklungskonzeption als Grundlage für die kulturpolitische Rahmensetzung der nächsten Jahre durch die Politik. (…) Insbesondere im Zusammenhang mit den jeweiligen Haushaltsplanungen dient sie der Planung, Abstimmung und Entscheidung von einzelnen Maßnahmen u. a. in der Form von allgemeinem Leitbild, fokussierenden Leitlinien und einer Kulturkonzeption, bestehend aus Teilplänen und Maßnahmekatalogen. Der Prozess zur Erarbeitung eines Kulturkonzepts wird durch partizipative Modelle getragen. Das heißt: Kulturakteure, Bürger und Politik werden über Fragebögen, Experteninterviews, Workshops und offene Veranstaltungen strukturell gezielt einbezogen und tragen zur Evidenz des Konzeptpapiers wesentlich bei.“ | |